Eternal
Die Burg
von Carsten Linden
03.06.2013

Hallo, liebe Leser und Leserinnen!

Diejenigen unter euch, die mich kennen, wissen, dass ich schon seit ewiger Zeit Canadian Threshold im Legacy spiele. Heute möchte ich euch aber gerne etwas über das Deck erzählen, was ich für den Grand Prix in Straßburg gebaut hatte und welches dort relativ erfolgreich von meiner Wenigkeit und einigen Freunden wie Florian Koch, Mike Hofmann, Timo Schünemann und Jonathan Kurz ins Feld geführt wurde: die „Burg“.

Erst einmal, was ist denn eigentlich die Burg?


Nachdem ich bei einem Grand Prix Trial in Aachen gefühlt den 100. Deathrite Shaman hingelegt bekommen hatte, habe ich mich gefragt, warum das nicht auch im Canadian geht und es einfach mal gebaut. Sieht mit seinen vier Farben ziemlich gierig aus, spielt sich aber in allen Matchups sehr gut und macht einen Riesenspaß! Der Schamane hilft dem Deck, weiter Tempo aufzubauen und stellt nachher einen Sulfuric Vortex auf den Gegner dar.

Tempodecks im Legacy versuchen, sich durch extrem günstige Kreaturen, Manadenial in Form von Stifle und Wasteland einen Tempovorteil, auf den Gegner zu verschaffen und mit Countern wie Daze und Force of Will das Board freizuhalten. Der reine Powerlever der Karten im Deck sieht geringer aus als der von vielen anderen Decks, wird aber dadurch kompensiert, dass man schon vor dem Spiel quasi Kartenvorteil aufbaut, indem man massiv weniger Länder als der Gegner spielt.


Critter

Wenn man sich das Legacyformat einmal anschaut, wird man feststellen, dass es sehr viel, sehr günstiges Removal gibt – Lightning Bolt, Swords to Plowshares, Abrupt Decay –, was uns sofort zu einer der besten Kreaturen des Formats kommen lässt.


Nimble Mongoose: Der kleine Mann erfüllt alles, was das Deck will. Er ist nicht von Spotremoval aufzuhalten, eine sehr schnelle Clock, sobald man Grenzwert hat, und größer als die meisten Kreaturen, die blocken können. Er profitiert sehr davon, dass der eigene Plan daraus besteht, alles Relevante zu countern oder sofort zu zerschießen.

Delver of Secrets: 3/2, Flying für ? Ist gekauft. Die beste Kreatur, um den ersten Schaden auszuteilen, kaum zu blocken, und Spontanzauber und Hexereien will man eh so viele wie möglich haben. Der Gute ist leider sehr verwundbar, aber trotzdem genau das, was das Deck will, um Druck aufzubauen. Unbehandelt gewinnt er Spiele sehr schnell im Alleingang und stellt gegen Kombodecks den besten 1-Drop dar.


Deathrite Shaman: Manatier, Graveyardhate, „unblockbarer“ Pinger. Das sind alles Eigenschaften, die man sich von einer Kreatur im Legacy wünscht, verpackt in einen 1-Drop. Der Schamane schafft es, vor dem Boarden eher schwierige Matchups in Gute zu verwandeln, und gibt einem viel Flexibilität. Man kann allerdings nur zwei schwarze Quellen im Deck unterbringen, weshalb im späteren Spielverlauf mehrere Exemplare unpraktisch sind. Daher ist drei wohl die richtige Anzahl fürs Deck. On the play gleicht er auch den Temponachteil von Daze aus.

Die zwölfte Kreatur: Um ehrlich zu sein, gibt es genau einen flexiblen Slot in dem Deck und das ist dieser hier. Zur Auswahl stehen folgende böse Jungs:

Tarmogoyf: Er ist groß, schlägt feste zu und einer verklobt das Deck nicht. Außerdem hilft er gegen gegnerische Goyfs. Ansonsten wurde über die Vanillakreatur die letzten Jahre schon genug geschrieben.
P
Scavenging Ooze: Sehr gute Kreatur, die sofortigen Impact auf die Friedhöfe haben kann und damit unangenehme Sachen wie Punishing Fire eher loswird als der Schamane. Der Schleim kann auch die Goyfs und Mongooses der Gegner ganz gut unter Kontrolle halten. Das Problem an ihm ist, dass man nur drei grüne Quellen zuzüglich der Schamanen im Deck hat, was ihn um einiges uneffektiver macht.

Wer von beiden hier das Rennen gewinnt, ist eine Metafrage.


Manadenial & Counter

Hiermit kommen wir zum Herzstück des Decks. Damit unsere Kreaturen den Gegner überfahren können, müssen wir ein bisschen Vorarbeit leisten und verhindern, dass der Gegner seinen eigenen Gameplan durchziehen kann.


Die Manabasis im Legacy besteht fast nur aus Fetchlands und Duals, was wir durch Wasteland und Stifle bestrafen wollen. Obwohl Wasteland eigentlich ein temponeutrales Play ist (ein Landdrop von uns wird gegen einen gegnerischen getauscht), schafft man es öfters, den Gegner davon abzuhalten seine gefährlichen Spells (Show and Tell, Exhume, Knight of the Reliquary, Liliana of the Veil und so weiter) zu wirken, auch durch das Abschneiden von einer Farbe. Wasteland bezahlt außer unserem 1-off keinen einzigen Spell im Deck, was uns den Vorteil bringt, dass wir Wasteland nie als Manaquelle behalten müssen.

Stifle hingegen macht aktiv Tempovorteil, da man den Spell gegen ein Fetchland oder Wasteland vom Gegner tauschen kann und es damit schafft, seine Softcounter bis zum Ende des Spiels aktiv zu halten. Die Flexibilität der Karte ist auch nicht zu vernachlässigen. Hier einmal eine kurze Aufzählung, was sie sonst noch alles countert:

… und noch Unzähliges mehr.

Nachdem wir angefangen haben, den Gegner von seinem Mana abzuschneiden, müssen wir jetzt bloß noch die wenigen Spells, die er versucht, uns entgegenzuwerfen, verhindern …


(Free) Counter

Frei nach dem Motto „unsonst ist immer besser“ haben sich Daze und Force of Will im Deck eingefunden. Diese beiden erlauben es einem, mit dem Gegner zu interagieren, auch wenn man ausgetappt scheinbar nichts mehr machen kann. Daze ist dabei der beste Schutz für einen eigenen Delver, wenn man damit on the play beginnt und kann wegen unseres Manadenialplans auch noch im späteren Spielverlauf die meisten relevanten Spells treffen. Der Drawback vom Landzurücknehmen interessiert uns kaum, da wir besser auf wenig Mana agieren als die meisten Gegner.


Daze überhaupt im Deck zu haben, bringt zudem den Vorteil, dass der Gegner sich entscheiden muss, ob er darum nun herumspielt oder nicht. Ihr spielt beispielsweise gegen Jund und habt eine Insectile Aberration im Spiel und sechs Handkarten. Euer Gegner hat eine Liliana auf der Hand und muss sich auf drei Mana jetzt entscheiden, ob er es sich leisten kann, seinen Planeswalker in ein Daze zu werfen, was ihm eventuell das Spiel verliert. Wenn er die Liliana allerdings nicht spielt, können wir „umsonst“ noch einmal drei Schaden anbringen, Wasteland oder Stifle ziehen, um die Liliana weiter hinauszuzögern, oder mehr Counter topdecken. Man zwingt den Gegner dazu, sich zu entscheiden in einem Szenario, wo man selber nur weiß, was die richtige Entscheidung ist. Somit ist Daze, wenn die Gegner anfangen, darum herumzuspielen, ein eingebauter Time Walk.

Force of Will macht zwar Kartennachteil, was aber durch den Tempovorteil und die Flexibilität kompensiert wird. Man sollte die Karte allerdings mit Bedacht einsetzen und nicht sofort aufs Erste werfen, was sich bewegt. Sie glänzt vor allem gegen die Kombodecks, beziehungsweise die Decks, die versuchen, mit einem einzigen Spell das Spiel zu beenden.

Zur Abrundung gibt's Spell Snare und Spell Pierce. Spell Snare ist eine weitere Karte, die uns Tempovorteil bringt und ein „harter Counter“ ist. Wir geben ein Mana aus, um den 2-Mana-Spell des Gegners zu besiegen, klingt erst mal fair, klingt aber noch fairer, wenn man sich anschaut, was denn im Legacy so alles im 2-Mana-Slot liegt:

Jedes relevante Deck bietet normalerweise lohnenswerte Ziele, was die Karte wieder so gut macht, wie seit Zeiten von Survival of the Fittest nicht mehr. Spell Pierce wird als zusätzlicher, flexibler Counter gespielt, der einem hilft, nervige Artefakte, Planeswalker und böse Spells zu besiegen.

Aber was tut man, wenn doch mal was vom Gegner das Feld berühren sollte? Ist nicht schlimm, dafür haben wir ja das …


Removal

Und da haben wir uns gleich mal das Beste vom Besten herausgesucht, was Legacy so zu bieten hat. Lightning Bolt hilft nicht nur, dem Deck Reach zu verleihen, sondern erledigt auch lästige Manatiere und sonst noch alles, was nicht bei drei Schadenspunkten auf'm Baum ist.


In Tempodecks ist die Karte viel besser als die vergleichbaren Swords to Plowshares oder Path to Exile, weil man dem Gegner weder Leben noch Länder schenken muss. Die reine Präsenz von Lightning Bolt im Deck zwingt den Gegner bereits zu Chumpblocks oder schlechteren Plays, weil er schon früher tot sein könnte, als er einrechnet. Wenn der Gegner es schaffen sollte, sich zu stabilisieren kann Lightning Bolt noch Spiele klauen, die ansonsten über Kreaturen nicht mehr zu gewinnen gewesen wären.

Abgerundet wird das Ganze vom neuen „Schweizer Taschenmesser“ Abrupt Decay, der alle Probleme löst, die man noch so haben könnte. Der Spruch tötet Goyfs, Chalice 1, Trinisphere, Liliana of the Veil, fast alle relevanten Kreaturen, Artefakte und Echantments, die man sich so vorstellen kann, und kann obendrein nicht einmal neutralisiert werden.


Cantrips

Da man die ganzen guten Karten ja auch finden muss, braucht man ein bisschen Hilfe in Form von Brainstorm und Ponder.


Erster ist der beste Spell im Legacy, er sorgt mithilfe von eigenen Fetchlands für eine Art Ancestral Recall und verhindert damit, dass situativ schlechte Karten auf der Hand vergammeln oder man im späteren Spiel floodet. Ohne ihn wären Tempodecks im Legacy wohl unspielbar. Der häufigste Brainstorm-Modus ist übrigens, ihn in der Hauptphase zu benutzen, bevor man einen Landdrop gemacht hat, um die Möglichkeiten im jeweiligen Zug zu maximieren.

Ponder ist der zweite Cantrip der Wahl für dieses Deck. Er bewirkt einen Informationsvorsprung gegenüber dem Gegner und sucht nach den richtigen Puzzleteilen. Nicht nur, dass die Cantrips dabei helfen, Delver of Secrets zu flippen, sie machen auch viele Starthände überhaupt erst haltbar und erlauben es einem, mit 14 Länder auszukommen. Ponder plus ein Land plus vier Spells ist beispielsweise eine sehr gute Hand, wobei dasselbe mit Brainstorm statt Ponder schon mal nach hinten losgehen kann, aber trotzdem gehalten werden sollte, wenn man keine weiteren Informationen hat.

Damit sind die Spellslots des Decks alle belegt und es wird langsam auch mal Zeit für die …


Manabase

Durch die geringe Anzahl an Ländern baut man schon vor dem Spiel einen Kartenvorteil gegenüber dem Gegner auf, der aber zuerst einmal nur ein imaginärer ist. Wir werden im Mid-/Lategame wesentlich öfter einen Spell von oben ziehen als unsere Gegner, weil wir ja praktisch keine Länder mehr im Deck haben.

14 Länder sind natürlich nicht gerade viel, aber das funktioniert seit längerer Zeit schon gut im Canadian Threshold und einen Mulligan verkraftet das Deck auch ganz gut.


Aufgeteilt werden die 14 Landslots in sieben Fetchlands und sieben Duals:

Das Deck ist sehr hungrig nach blauem Mana (Delver, Cantrips, Daze), aber man will nicht den Luxus verlieren, mit zwei Ländern all seine Spells casten zu können, was meistens das Ziel sein sollte. Das ist auch der Grund, warum es die Taiga ins Deck geschafft hat, die alle nicht-blauen Spells bezahlen kann und damit eher die Rolle übernimmt, Kreaturen zu legen.

Jetzt kommen wir schlussendlich zum Großartigsten am Deck, dem …


Sideboard

Fire Covenant ist die Karte, die dem Deck etwas gibt, was sonst kein anderes Tempodeck hat. Man hat nun plötzlich einen Reset-Button, falls im Early Game etwas schiefgegangen ist. Wrath of God auf das Board des Gegners als Instant klingt nicht fair und ist es auch nicht. Die Leben sind bei der ganzen Sache egal, weil man in allen Matchups der Agressor sein will. In Straßburg habe ich gegen BUG-Tempo beispielsweise zum Preis von sieben Leben drei Deathrite Shamans und einen Dark Confidant zerschossen. Klingt gut, findet ihr nicht?


Submerge ist eine weitere Karte, um lästige Kreaten vom Gegner loszuwerden oder ihn einfach zu timewalken, wenn er seine Müllkreatur noch mal ziehen muss. Es ist umsonst, macht Tempovorteil, hilft gegen dicke Kreaturen und im Jund-Matchup und ist damit genau das, was wir noch haben wollen. In Reaktion auf Shuffleeffekte des Gegners kann man eine Kreatur damit sogar langfristig verschwinden lassen.

Gegen die unfairen Decks wie Show and Tell, Reanimator und Storm braucht man mehr Counter im Board, die aber auch gegen andere Decks sehr gut sind. Entsprechend gesellen sich noch sechs Kopien von Pyroblast, Spell Pierce und Flusterstorm ins Sideboard, um zu verhindern, dass man stirbt, bevor sie es tun.

Life from the Loam hilft uns, unsere Manabasis gegen Decks mit Wasteland zu stabilisieren, oder nimmt unsere Gegner in den Wasteland-Lock. Zusätzliche Länder können auch über Brainstorm wieder in echte Karten verwandelt werden.

Die anderen Slots im Sideboard sind variabel, zur Auswahl stehen zum Beispiel noch Karten wie:


Wieso sollte man das Deck spielen?

Die Burg ist einfach eine neue (bessere) Version von Canadian Threshold, was wohl seit langer Zeit eins der besten, wenn nicht sogar das beste, Legacydeck ist. Es ist in so gut wie allen Matchups das bessere Deck, ist unheimlich flexibel und zwingt einen an vielen Stellen, oftmals komplexe Entscheidungen zu treffen und sein Timing zu verbessern. Das ist ohnehin ein Grund, warum man beim Spielen von Tempodecks einiges über Magic lernen kann.

Ich würde mich freuen, wenn ich vielleicht einige von euch das Deck mal spielen sehe.

Zum Abschluss hier nun endlich meine aktuelle Deckliste:


4 Nimble Mongoose
4 Delver of Secrets
(Insectile Aberration)
3 Deathrite Shaman
1 Tarmogoyf

4 Brainstorm
4 Ponder
4 Lightning Bolt
2 Abrupt Decay
4 Stifle
4 Daze
4 Force of Will
3 Spell Snare
1 Spell Pierce


4 Wasteland
4 Scalding Tarn
3 Misty Rainforest
2 Tropical Island
2 Underground Sea
2 Volcanic Island
1 Taiga

Sideboard:

1 Life from the Loam
1 Ancient Grudge
1 Nihil Spellbomb
2 Flusterstorm
2 Spell Pierce
2 Fire Covenant
3 Submerge
1 Compost
2 Pyroblast


Ich bedanke mich schon mal für euer Interesse und hoffe, ihr hattet viel Spaß beim Lesen!

Carsten
-------gggggggggggggggg--------------