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Esper in Bochum
von Steve Hatto
04.12.2012

Hallo ihr da draußen,

für alle die mich noch nicht kennen sollten, mein Name ist Steve Hatto, und in letzter Zeit bin ich nicht mehr der einzige Luxemburger, den man auf einem Grand Prix oder PTQ antreffen kann. Großartige Erfolge habe ich bis dato noch nicht zu verbuchen. Dreimal konnte ich mich in die Top 8 eines PTQs einschleichen und viermal durfte ich Day-2-Luft auf einem Grand Prix atmen (Mailand und Amsterdam 2011 sowie Gent und Bochum 2012). Des Weiteren durfte ich letzten August die Luxemburger Truppe in Indianapolis auf dem World Magic Cup ins Feld führen – ohne Erfolg.


Mit Grand Prix Bochum ist mein erster ehrlich verdienter Pro Punkt in der Datenbank. Da ich meinen 61. Platz mehr meinem Deck als meinen spielerischen Fähigkeiten verdanke, möchte ich mich im Folgenden hauptsächlich darauf konzentrieren:


3 Syncopate
1 Ultimate Price
4 Azorius Charm
3 Sphinx's Revelation
2 Terminus
2 Supreme Verdict
4 Lingering Souls
1 Sever the Bloodline
4 Detention Sphere

2 Nephalia Drownyard
1 Ghost Quarter
1 Swamp
3 Plains
4 Island
4 Hallowed Fountain
4 Glacial Fortress
4 Drowned Catacomb
4 Isolated Chapel


2 Tamiyo, the Moon Sage
3 Sorin, Lord of Innistrad
4 Jace, Architect of Thought

Sideboard:

3 Rhox Faithmender
1 Elixir of Immortality
2 Dissipate
1 Terminus
1 Supreme Verdict
2 Geist of Saint Traft
2 Sundering Growth
1 Negate
2 Rest in Peace


Inspiriert hat mich das Esperdeck, welches Joe Bass bei den StarCityGames-Open in Dallas eine Top-16-Platzierung eingebracht hatte.


Der Game-Plan

In einem Format, wo ein 5-Drop König des Dschungels ist (war?), versuchen viele, einfach ein dickeres Tier auf den Tisch zu legen, sei es auf faire Art und Weise (Bant) oder über den Friedhof (Reanimator). Genau hier setzt das Esperdeck an. Ein aktiver Planeswalker ist jeden Zug, den er überlebt, mindestens eine halbe Karte wert, und das so lange, bis er dank seinem Ultimate das Spiel quasi im Alleingang entscheidet. Man zwingt viele Gegner dazu, in die Rolle des Aggressors zu schlüpfen, obwohl sie dazu nicht ausgerüstet sind. Dadurch spielen sie in die wenigen Counter oder Sweeper hinein und werden nach und nach überrumpelt.

Das Deck hat neben den Planeswalkern noch zwei weitere legitime Möglichkeiten das Spiel zu eigenen Gunsten zu entscheiden: Beatdown mit Lingering Souls und der gegnerische Decktod. Wie gefährlich die Tokens sein können, weiß jeder, der schon mal von einem solchen als Pikenträger zerstochen wurde. Lingering Souls zusammen mit einem Sorin-Emblem stellen eine sehr beunruhigende Fliegerstaffel dar, falls sie nicht gerade damit beschäftigt sind, für den Spieler oder die Walker den untoten Kopf hinzuhalten. Wenn diese Angriffspläne scheitern, beziehungsweise während der Gegner sich durch Tokens und Walker durchprügelt, kann Nephalia Drownyard die Bibliothek des Gegners in den Abgrund reißen.

Zusätzlich wollte ich, dass viele der populären Maindeckkarten nutzlos gegen mich sind. Allem voran Kreaturenremoval und Essence Scatter. Essence Scatter ist, da sich die Leute daran erinnert haben, dass es Cavern of Souls gibt, sowieso kein Allheilmittel mehr und gegen Esper Walkers wohl die letzte Karte, die man ziehen möchte. Spotremoval nutzt gegen die Tokens recht wenig, Brandsprüche können zwar auch auf die Walker oder an den Kopf gehen, allerdings braucht es pro Walker meist mehr als einen Spruch.


Die einzelnen Karten


Eine Karte, der eine besondere Rolle zukommt, ist Syncopate. Sie ist nicht besonders gut darin, die Walker durch einen Counterwar zu bringen, stellt jedoch zu Beginn des Spiels eine gute Möglichkeit dar, den Plan des Gegners zu verlangsamen. Und sollte man mit einem Walker im Spiel enttappen, kann man den Vorsprung mit Syncopate gut verteidigen. Auch die Exile-Klausel ist in Zeiten von Snapcaster Mage und Unburial Rites nicht irrelevant. Der oft am einfachsten damit zu neutralisierende Spruch ist zugleich übrigens einer der stärksten im Format …


Sphinx's Revelation! Die Karte kann das Esperdeck mit seinen 27 Ländern natürlich besonders gut verwerten. Weniger als drei würde ich nicht spielen. Neben dem Kartenziehen eignet sich die Revelation außerdem prima, einen Gegenzauber am Ende des gegnerischen Zugs zu erzwingen, um dann im eigenen Zug einen Walker durchzubringen.


Lingering Souls ist eine der Schlüsselkarten des Decks. Die Tokens halten einen selbst und die Walker am Leben, sodass man Letztere sinnvoll einsetzen kann. Gegen Kontrolldecks stellen die Geister zugleich eine gute Angriffsflotte dar, die oft eine Detention Sphere erfordert – wiederum eine Gefahr weniger für die Walker.


Die Sphere ist auf eigener Seite ebenfalls grundsolide, ob sie nun Runechanter's Pike, andere Walker oder Kreaturen entfernt. Es gibt jedoch Möglichkeiten für den Gegner, sie zu umgehen; gegen Kreaturen des Gegners eingesetzt erlaubt sie es ihm besipielsweise, ein ansonsten eher nutzloses Unsummon zu verwerten.


Supreme Verdict und Terminus stellen sicher, dass man den Ansturm an Kreaturen überlebt, den manche Decks heraufbeschwören. Da ich mich nicht entscheiden konnte, welcher der beiden Sweeper besser ist, habe ich mich für einen 2:2-Splitt entschieden. Wenn nicht gerade im Miracle-Modus gespielt wirkte Terminus oft schwerfällig und war zudem anfällig für Counterspells. Gegen Reanimator zum Beispiel ist die Karte jedoch dem Verdict vorzuziehen.


Azorius Charm ist eine der besten Karten. Der dritte Effekt stellt zusammen mit Nephalia Drownyard sogar eine Lösung für uncounterbare Kreaturen dar. Ich habe alle Modi im Verlaufe des Turnieres genutzt und würde sechs spielen, wenn ich dürfte.


Die einsamen Exemplare von Sever the Bloodline und Ultimate Price waren mittelmäßig. Sever hat zumindest manchmal einen Gegner überraschen können, aber Ultimate Price hat den ganzen Grand Prix über nicht viel geleistet. Fairerweise muss ich aber darauf hinweisen, dass ich nur gegen ein einziges Aggrodeck gespielt habe. Entsprechend oft wurde Ultimate Price ausgeboardet.


Die Walker: Sorin, Lord of Innistrad war wohl der mächtigste im Bunde. Ob er nun Angreifer oder Blocker ausspuckte, meine Männer aufrüstete oder andere Walker und/oder Kreaturen bedrohte, Sorin gab 110%. Jace, Architect of Thought leistet ebenfalls ganze Arbeit. Wenn man nicht gerade davon ausgeht, dass er den nächsten Zug nicht überleben wird, oder dringend Antworten braucht, ist es fast immer richtig, die +1-Fähigkeit zu benutzen.


Tamiyo, the Moon Sage war wohl die schwächste der drei, oftmals jedoch der zweite Walker, den ich legen konnte. Sie zwingt den Gegner dazu, mehr Kreaturen zu spielen, als ihm lieb ist, und nach einem Supreme Verdict oder Terminus schaltet sie den lästigen Beasttoken aus. Die Manabasis des Gegners anzugreifen, brachte mir auch den einen oder anderen Sieg ein.


Bei den Ländern ist Nephalia Drownyard hervorzuheben – eine nicht neutralisierbare Möglichkeit, das Spiel zu gewinnen. Ghost Quarter sollte Kessig Wolf Run sprengen und Underworld Connections lösen, hauptsächlich Jundkram. Aber es rettet dieses schlechte Matchup nicht. Ich wünschte mir fast durchgehend, es wäre eine dritter Drownyard. In einem einzigen Spiel war Ghost Quarter relevant, als ich damit einen gegnerischen Drownyard zerstören konnte. Allerdings hätte die Karte das Match auch entschieden, wenn es einfach selbst ein Drownyard gewesen wäre. Durfte mein Gegner in Spiel 2 oder 3 anfangen, habe ich Ghost Quarter regelmäßig ausgeboardet.


Das Turnier

Ich erspare euch den detaillierten Turnierverlauf und gebe euch lieber die nüchternen Zahlen und meine Auffassung der einzelnen Matchups. Insgesamt begegneten mir (nach zwei Byes) …

1 × Junk-Tokens: Das Esperdeck ist in jeder Hinsicht perfekt ausgerüstet, Tokens zu schlagen. Sweeper, Sphere und Jace sind die halbe Miete. Eines der wenigen Matchups, in denen das Ghost Quarter gut gewesen wäre. Die lästigsten Karten, die mein Gegner mir entgegenwarf, waren seine eigenen Walker. Sorin stellt kein so großes Problem dar, da man selber welche hat, aber Garruk muss schnell ausgeschaltet werden.

1 × Selesnya-Aggro: Es ist kaum vermeidbar, hier erst einmal einzustecken. Azorius Charm leistet ganze Arbeit, um Rancor-getriebene Doppelschläger im Zaum zu halten. Nach dem Sideborden will man alle Sweeper im Deck haben.

5 × Bant-Kontrolle: 3:1:1 war mein Resultat gegen Bantdecks. Das Unentschieden in Runde 5 ist meiner Meinung nach der Grund, warum ich so weit gekommen bin. Danach konnte ich eher langsamere Decks erwarten, gegen die Esper gut aufgestellt ist. Verloren habe ich am zweiten Tag gegen die Bantversion mit Splash Nephalia Drownyard.

3 × Reanimator: Zwei Siege gelangen mir gegen die traditionellen Reanimatordecks. Rest in Peace war hier natürlich MVP. Verloren habe ich gegen die Variante mit Angel of Glory's Rise.

2 × UW-Flash: 1:1. Das Matchup machte mir im Vorfeld große Sorge. So einfach ich das erste Match gewonnen hatte (mein Gegner saß im ersten Spiel wohl mit mehr als einem nutzlosen Essence Scatter da), so vernichtend war mein Match an Tag 2 gegen das gleiche Deck. Rest in Peace und Lingering Souls helfen (und ja, ich weiß, die beiden Karten im gleichen Satz wirken suboptimal).

1 × Jund: Bereits eine Woche vor dem Grand Prix gelang es mir im Finale eines kleinen Turniers nicht, meinen eher schwach spielenden Jundgegner zu besiegen. In Runde 9 in Bochum kamen dazu noch träge Starts nach Mulligan und generell schlechtes Spielen meinerseits. Mein Gegner hingegen wusste, was er tat, und kannte kein Pardon. Mit Recht sollte er am Sonntag in der Top 8 landen.

1 × Esper-Pseudo-Mirror: Pseudo, denn das Deck meines Gegners beinhaltete mehr Spotremoval und weniger Land insgesamt. Des Weiteren standen mir mehr Walker zur Verfügung, während mein Gegner auf Think Twice und Forbidden Alchemy setzte. Am Ende entschied meine 2:1-Überlegenheit bei Nephalia Drownyard das Spiel zu meinen Gunsten.

Die fehlenden Matchups: Gegen Monorot oder Rakdos musste ich nicht antreten. Die wenigen Spiele, die ich getestet hatte, liefen allerdings alle recht brutal ab. Fängt der Gegner an und hat einen schnellen Start, bekommt man oft keinen Fuß auf den Boden. Die momentane Version des Esperdecks scheint mir hier klar im Nachteil, obwohl da sicherlich noch einiges machbar ist.


Wie geht es weiter?

Das Metagame scheint sich wieder in Richtung auf Aggro zu bewegen; sowohl Rakdos- als auch Selesnyadecks laufen gut. Ich würde vorschlagen Ultimate Price und Sever the Bloodline durch einen Terminus und ein Supreme Verdict zu ersetzen.


Des Weiteren sollte Ghost Quarter einem dritten Drownyard weichen. Im Sideboard würde ich gerne Platz für mindestens ein Dispel finden. Ich bin mir nicht sicher, ob man bereits ein Rest in Peace herausnehmen kann. Wahrscheinlich sollte Sundering Growth Platz machen. Eine neue Tech, die mir bei Gerry Thompson aufgefallen ist, wäre Curse of Echoes gegen Kontrolldecks. Elixir of Immortality würde ich nur beibehalten, wenn ich damit rechne, viele Drownyard-Schlachten schlagen zu müssen.

Was meint ihr? Über konstruktive Kritik an Deck/Einschätzungen/Artikel würde ich mich freuen.

Grüße aus Luxemburg und viel Spaß mit Esper!
Steve Hatto
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