Limited
Avacyn Restored Limited Review: Weiß
von Florian Koch
23.05.2012

Bisher in dieser Reihe …
Weiß, die Farbe mittelmäßiger Decks, ist in Avacyn Restored einfach zu draften, solange man nur ein solides Deck herausbekommen will und kein richtiges 3:0-Deck.

Das liegt daran, dass Weiß einerseits keine klare Ausrichtung bei den Commons hat, Aggrokarten und Kontrollkarten existieren gleichermaßen. Andererseits sind viele, weiße Karten zwar ordentlich, weisen aber keine großen Synergien auf. Kruin Striker plus Riot Ringleader setzt zum Beispiel einen Schneeball in Bewegung, der für den Gegner immer schwerer zu bremsen wird. Karten wie Moorland Inquisitor, Farbog Explorer und Seraph of Dawn hingegen sind für sich genommen jeweils solide bis sehr gut, stellen den Gegner darüber hinaus aber vor keine zusätzlichen Probleme.

Je nach Partnerfarbe variiert, was Weiß in die Verbindung mit einbringen kann. Im letzten Artikel sollte klar geworden sein, dass Rot zum Beispiel in erster Linie an weißen Aggrokarten interessiert ist. In Verbindung mit Schwarz erhält man jedoch eher ein Kontrolldeck, Grün führt häufig zu Midrange, eventuell sogar als Human-Tribal und bei Blau-Weiß ist von Tempodeck bis Millcontrol alles drin. Eine allgemeine Pickreihenfolge der Commons anzugeben, ist deshalb nicht besonders sinnvoll. Seraph of Dawn ist im Vakuum die mit Abstand beste weiße Common und dahinter kommt dann auch erst mal lange nichts, aber selbst das ist nicht für jeden Decktyp in Stein gemeißelt. Wenn man die zweite weiße Karte einsammelt, ahnt man vielleicht schon, wohin die Reise mal gehen könnte, sodass man für die weiteren Picks einigermaßen sinnvoll eine Pickreihenfolge in Abhängigkeit von der anderen Farbe betrachten kann.


Sollte man doch einmal länger im Trüben fischen, kann man sich an der folgenden Reihenfolge für die ersten Picks orientieren.

Seraph of Dawn steht vom Powerlevel her völlig außer Frage. Vergleichbare Karten sind normalerweise nur im Uncommonbereich zu finden. Righteous Blow gebe ich den Vorzug vor Defang, da es deutlich effizienter und flexibler ist. Gegen +X/+X-Soulbonder wird man die Karte zwar hin und wieder verfluchen, aber da wäre Defang dann auch nicht so stark gewesen. Defang sehe ich dann wieder knapp vor Moorland Inquisitor, weil zuverlässiges Removal in Avacyn Restored die Ausnahme ist. Das Set soll diesbezüglich übrigens nicht die Ausnahme bleiben, sondern eher einen anhaltenden Trend begründen. Zac Hill hat in seinem letzten Artikel geschrieben, dass die Developer weg wollen, vom Common Autopiloten-First-Pick-Removal.

Eine Richtschnur für die ersten Picks haben wir jetzt, aber was fängt man damit an? Ich denke, dass es nicht besonders sinnvoll ist, die einzelnen Karten kontextfrei durchzurattern. Das hat bei Rot einigermaßen gut geklappt, da Rot zu draften, nur im Kontext „Aggro“ funktioniert. Weiß hat aber solide Aggro- und solide Kontrollkarten, weshalb das hier kaum so gut gelingen wird. Dementsprechend werde ich die weißen Karten nur im Kontext der Farbkombination betrachten. Dabei werde ich zunächst eine Pickreihenfolge für Commons und Uncommons in einem rot-weißen Deck aufstellen. Rares und Mythics kommen zum Schluss, dann doch wieder unabhängig von der Farbe, weil sie zu selten sind, um viel zu einer Pickreihenfolge beizutragen. Weiß in Kombination mit den anderen Farben wird dann in den anderen Artikeln folgen, sodass dieser etwas kürzer und die anderen dann immer länger werden.


Weiß-Rot-Aggro


Als Zielvorgabe für ein weiß-rotes Aggrodeck kann man sich ungefähr an den folgenden Komponenten orientieren:

ein bis zwei 1-Drops
sechs bis sieben 2-Drops
fünf bis sechs 3-Drops
ein bis vier 4-Drops
null bis zwei teurere Kreaturen
ein bis drei (Combat-)Tricks, Ausrüstungen, Auren
Rest Removal
16–17 Länder

Wenn man die Zielvorgabe maximal eindampfen möchte, landet man vermutlich bei einem 2-6-6-2, was die gewünschte Manakurve der Kreaturen eingängig darstellt.


1-Drops:

Die Reihenfolge der 1-Drops is in meinen Augen offensichtlich. Stonewright ist der einzige, der massiven Einfluss auf den Spielverlauft nehmen kann. Der Unterschied zwischen den anderen drei Kreaturen ist gering. Die rote Kreatur zieht man vor, weil man in diesem Decktyp meist mehr Mountain als Plains unterbringt. Aber auch unabhängig davon spiegelt die Reihenfolge der Kreaturen ihre relative Stärke gut wieder.


2-Drops:

Die 2-Drops teilen sich in drei Gruppen. Kruin Striker und Nearheath Pilgrim machen das Deck richtig gut. Dabei ist Kruin Striker die Kreatur, die man am liebsten im zweiten Zug ausspielt, weil der Striker der aggressivste 2-Drop ist. Nearheath Pilgrim hingegen spielt man häufig auch erst in Zug 3 oder noch später aus, weil sein Effekt besser maximiert wird, wenn eine andere Kreatur sofort Lifelink bekommt und er dann selbst noch mal mit Lifelink angreifen kann. Wenn man den Pilger im zweiten Zug ausspielt, dann bekommt man seinen Effekt meist nur einmal, da er dann sofort abgetauscht wird.


Moorland Inquisitor und Lightning Mauler sind die grundsoliden Arbeitstiere. Der Inquisitor ist hier allerdings recht weit vorn, weil der zweite Punkt Widerstand ihn vor einigem günstigem Removal schützt und die Drohung von First Strike den Gegner häufig vom Blocken abhält. Der Haste-Effekt des Maulers ist zwar nett, aber meist weniger spielentscheidend. Thraben Valiant und Scalding Devil möchte man nicht unbedingt im Deck haben, aber normalerweise hat man den Luxus nicht, sie auf der Bank lassen zu können. Wenn ich von beiden beliebig viele im Sideboard hätte, würde ich zuerst einen Scalding Devil ins Deck stecken und dann mit Thraben Valiant auffüllen, weil Scalding Devil mit Power 1 keine gute Arbeit als 2-Drop leistet. Dafür ist er hin und wieder ein guter Finisher, aber zusätzliche Exemplare bringen hier kaum weitere Vorteile. Thraben Valiant hingegen ist zwar völlig unbeeindruckend, erfüllt mit Power 2 aber eben die Mindestanforderungen.


3-Drops:

Bei den 3-Drops haben wir im Prinzip vier Kategorien. Riot Ringleader hat in diesem Deck eine Kategorie für sich. Mit einer guten Kurve nutzt er fast immer auch einer anderen Kreatur, da die 2-Drops bis auf den Devil alle Menschen sind. Schon in diesem Fall hat man zwei zusätzliche Stärkepunkt im Angriff, was in etwa einer geschenkten Kreatur entspricht. Wenn dann im vierten Zug noch eine eilige Kreatur hinterherkommt, wird es für den Gegner ganz bitter.


Die nächsten drei Kandidaten haben alle keine besondere Synergie mit diesem Deck, bringen dafür aber einen gehobenen Powerlevel mit. Falls man nur wenige weiße Karten und entsprechend nur sieben Plains einplant, fällt Emancipation Angel in der Pickreihenfolge hinter Hanweir Lancer zurück. Angel's Tomb ist mächtig, mir aber schon ein wenig zu unzuverlässig und unflexibel.

Kessig Malcontents und Fervent Cathar passen dann wiederum sehr gut ins Deck, sind aber nicht so mächtig wie die vorangegangenen drei Karten, vor allem auch weil sie nur eine Toughness von eins haben. Moonlight Geist und Farbog Explorer füllen schließlich bloß noch auf, falls man mal nicht genügend andere 3-Drops bekommen haben sollte.


4-Drops:

Hier haben wir eine Reihe außerordentlich mächtiger Kreaturen, vorzüglich illustriert durch den vorletzten Platz der durchaus anständigen Heirs of Stromkirk. 4-Drops sind allerdings nicht die Grundlage unseres Decks, sondern eher die Würze, die dosiert und richtig eingesetzt aus einem guten Deck ein sehr gutes macht. Dementsprechend sollte man auch nur wenige Picks auf sie verwenden.

Goldnight Commander ist das Paradebeispiel für einen 4-Drop, der RW voranbringt. Spielt man im fünften Zug auch nur eine Kreatur aus, sieht der Gegner sich meist schon einer Horde von Kreaturen gegenüber, die seine eigenen dominieren. Da wir eine sehr straffe Kurve haben, ist es aber durchaus nicht ungewöhnlich, dass man im fünften Zug zwei Kreaturen nachlegen kann. Was dann los ist, könnt ihr euch ja selbst ausmalen. Einmal mehr macht sich hier bemerkbar, wie viel besser Toughness 2 gegenüber Toughness 1 ist. Thraben Valiant wird an dieser Stelle meist gegen gegnerische Dorks abgetauscht, Moorland Inquisitor hingegegen wird chumpgeblockt oder tauscht gegen wertvolle Kreaturen.


Havengul Vampire ist ebenfalls eine Kampfmaschine, aber etwas behäbiger als Goldnight Commander. Während der Commander den Gegner in Zug 5 häufig in eine ausweglose Situation bringt, ist der Vampir „nur“ die Bedrohung, die jeden Zug gechumpt werden muss. Langfristig sollte das natürlich auch gewinnen, zumal lästige Regenerierer und Tapper in Avacyn Restored nahezu inexistent sind.

Seraph of Dawn ist vom Powerlevel im Vakuum zwar vermutlich die beste Common in Avacyn Restored, für vier Mana wollen wir aber eigentlich keine Power-2-Kreaturen ohne Haste. Mad Prophet passt da deutlich besser ins Deck, hat aber auch ein signifikant niedrigeren Powerlevel. Heirs of Stromkirk und Midvast Protector schließlich sind Füller der guten Sorte; unbeeindruckend, aber man muss sich nie schämen, sie zu auszuspielen.


Removal:

Die Vorzüge der meisten dieser Karten habe ich im letzten Artikel schon ausgeführt. Righteous Blow ist zwar kein richtig proaktives Removal, aber mit Kruin Striker hat man zumindest eine Kreatur, die sich nicht daran stört, dass die gegnerische Kreatur vor ihrem Ableben noch blocken durfte. Für Riot Ringleader gilt diese Beobachtung zumindest eingeschränkt. Defang schließlich ist zur Not spielbar, gehört aber eigentlich nicht in dieses Deck.


Rest:

Zealous Strike ist ein richtig guter Kampftrick, von dem ich gern bis zu zwei im Deck habe. Die anderen Karten passen bis auf Call to Serve alle nur so mäßig ins Deck, würde ich aber dennoch höher picken, weil sie zumindest in gewissen Situationen glänzen und Call to Serve auch im dreizehnten Pick eingesammelt werden kann. So kann man einem hauptsächlich grünen Deck mit Angelic Armaments gut die letzten Schläge versetzen und Cloudshift ist stark gegen Decks mit viel Removal. Bladed Bracers schließlich haben eigentlich zu wenig Effekt, um spielbar zu sein, sind jedoch als Füller wenigstens vertretbar.


Die Liste


Die Synthese all dieser Betrachtungen sieht dann so oder so ähnlich aus. Die Reihenfolge ist logischerweise kein Dogma, sondern grobe Richtschnur, von der man je nach den Bedürfnissen insebesondere später im Draft immer weiter abweichen muss!

Die verbleibenden Karten halte ich für grob spielbar, aber nur bei argem Mangel an Playables oder extremen Decks.


Weiße Rares und Mythics

Der Vollständigkeit halber gibt's zum Abschluss noch eine kurze Einschätzung, welche Rares absurd und welche Fallen sind.


Weiß hat – Überraschung! – viele Menschen. Wer mit seinem weißen Deck die Kontrollrichtung einschlagen möchte, findet hier genau die Karte, um seinen Draft zu eröffnen. Wenn man mit so viel Extraruhm noch das Spiel verliert, muss man seinem Gegner qualitativ schon extrem hinterherhinken, so weit, dass es ganz sicher nicht an dem Engel lag, dass man den Draft 0:3 beenden wird.


Im RW-Aggro wäre dieser Engel super, aber da wird man das Mana nie rechtzeitig aufbringen, für ein Kontrolldeck auf der anderen Seite sind die Stats nicht beeindruckend genug, um diese Manaanforderungen zu rechtfertigen. Am ehesten findet man hierfür wohl ein gutes Heim in einem weiß-grünen Midrangehaufen mit Borderland Ranger und vielleicht sogar Abundant Growth. Wie fast alle Engel ist auch dieser hier auf jeden Fall mächtig, aber ein Deck, das richtig von ihm profitiert, findet man nicht so leicht.


Wie Angel of Glory's Rise ist das eine Karte, die ich im ersten Booster gern firstpicken würde, aber ein paar Picks später für marginale Karten liegenlasse, falls ich mich Richtung Aggro orientiere. Wenn ich ein Kontrolldeck drafte, möchte ich einfach eine Karte haben, die mir irgendwann sicher das Spiel gewinnt, mir also die klassische Inevitability verschafft. Diese Rolle kann Avacyn extrem gut übernehmen, in vielen Decks ist sie aber eben auch völlig unbrauchbar.


Das ist ein halbe Falle. Der Effekt ist zweifellos mächtig und ich kann jeden verstehen, der so etwas gern im Deck hat. Tatsächlich tut die Karte in vielen fokussierten Decks aber nicht so viel, wie man sich erhofft. In RW ist ein effizientes Paket, wie Goldnight Commander es bietet, viel attraktiver und in UW möchte ich mein Tempo nutzen, um Druck auf den Gegner auszuüben. Tempo zu machen, um es dann wegzuwerfen für eine Karte, die dann irgendwann später vielleicht gewinnt, ist nicht der Pfad des Tempodecks. Sucht man allerdings für sein kontrolligeres Deck eine Karte, die die Avacyn-Rolle übernimmt, dann ist Cathars' Crusade sicher eine gute Wahl. Das lange Spiel gewinnt man gegen diesen Kreuzzug nämlich nicht.


In einem aggressiven Deck ist Divine Deflection ein Spoiler, im Kontrolldeck hingegen nur ein kompliziert zu spielender Death Wind.


Hier stellt sich die nach so kurzer Zeit schon fast klassische Miracle-Frage: Wie gut ist eine Karte, die das Spiel gewinnt, wenn ich sie von oben ziehe, aber auf der Starthand ein Mulligan ist? Im Aggrodeck ist das vielleicht gar nicht so toll, für ein Kontrolldeck hingegen der beste weiße First Pick. So gesehen haben wir hier das Gegenstück zu Divine Deflection.


Und wieder in die andere Richtung: Für ein Kontrolldeck ist der Körper dieses Engels trotz Flügeln kaum gut genug, für ein Aggrodeck hingegen ist das ein sehr guter Finisher am oberen Ende der Manakurve.


Den Blinktrick hätte es wohl nicht gebraucht, damit diese Karte völlig unzweifelhaft ein sehr solider First Pick ist, doch wer sagt schon nein zu Gratis-T-Shirts …?


Zu dem Kollegen gibt es ähnlich wenig zu sagen wie zu Restoration Angel. Ziemlich schnörkelloser First Pick, der normalerweise nicht alleine gewinnt, einen aber ziemlich weit nach vorn bringt.


Aus diesem Stoff sind die feuchten Träume der Anstürmerin aus Kruin


Und zum Abschluss haben wir noch so eine Control-only-Karte, die man guten Gewissens als ersten Stich im Draft nehmen kann, die man später im Draft aber auch genauso gut für jede marginale Karte links liegen lässt.
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