Extended
WW-Win?
von Florian Koch
25.02.2011

Eigentlich müsste hier ein Mirrodin Besieged-Artikel stehen … Das Format allerdings habe ich bisher zwar recht erfolgreich, aber dafür auch fast völlig unreflektiert gespielt. Da man auf dieser Grundlage besser keine Artikel schreibt, heute also Extended. In dem Format wiederum habe ich zwar seit Amsterdam kein sanktioniertes Match mehr gemacht, dafür aber habe ich getestet. Im Folgenden schreibe ich über White Weenie und ich möchte es gleich vorwegnehmen: Das Deck ist durchaus spielbar, jedoch fern davon, die Antwort auf alles darzustellen.


White Weenie wollte ich ausprobieren, weil es im Block schon einigermaßen erfolgreich die Feen in Schach hielt und die letzte Extended-Pro-Tour gezeigt hat, dass das Deck nicht zwingend eine schlechte Wahl sein muss. Aktuelle Listen gibt es fast gar nicht, also musste selbst etwas gestrickt werden. Da ich leider ziemlich schlecht darin bin, Decks zu designen – und damit meine ich nicht, wild irgendwelche Ideen auszustoßen, sondern tatsächlich vom Reißbrett aus 60 decktaugliche Karten zusammenzustellen –, habe ich als Ausgangspunkt eine erfolgreiche Liste gesucht, die ich zu meinen Zwecken anpassen könnte. Netterweise hat der Herr Nassif im letzten Jahr ein Deck zusammengestellt, das für die Herren Budde und Rietzl gut genug war, um zusammen auf der Pro Tour ungefähr 21:2:2 oder so etwas in der Art zu spielen. Der Ausgangspunkt war also Paul Rietzls Deck. Die Rahmenbedingungen mögen sich verändert haben, aber sicher ist, dass die Liste von Gabriel gut getunt ist, was die Kurve und das Verhältnis von Kreaturen, Ländern und Spells betrifft. Wenn man daran nicht allzu viel verändert, sollte am Ende zumindest ein funktionierendes Deck herumkommen. Die Frage bleibt dann in erster Linie die Positionierung im Metagame. Zur Erinnerung:


4 Arid Mesa
4 Marsh Flats
4 Flagstones of Trokair
1 Horizon Canopy
10 Plains

4 Figure of Destiny
4 Steppe Lynx
4 Student of Warfare
4 Ethersworn Canonist
4 Knight of the White Orchid
2 Ranger of Eos

4 Brave the Elements
4 Honor of the Pure
2 Mana Tithe
1 Path to Exile
4 Spectral Procession


Sideboard:

1 Angel's Grace
3 Burrenton Forge-Tender
1 Celestial Purge
1 Lapse of Certainty
3 Path to Exile
4 Relic of Progenitus
2 Rule of Law


Das Deck hat die letzte Rotation fast unbeschädigt überstanden. Das Maindeck ist intakt bis auf zwei Mana Tithe und die fünf schwächeren Nichtstandardländer im Deck. Außerdem sind drei Sideboardkarten verloren gegangen, die Decks bekämpfen sollten, die es nicht mehr gibt. Schließlich ist Ethersworn Canonist im aktuellen Extended nicht gefragt, aber es wäre ein komisches Format, wenn man keinen adäquaten Ersatz an 2-Drops finden kann.

Na ja, und das ist es! Gute 2-Drops sind im Extended gerade nicht vorrätig. Stattdessen gibt es ein paar Roleplayer zur Auswahl, zum Beispiel Kor Firewalker, der im Moment aber eher nicht gebraucht wird. In einem Format mit einigen mächtigen Enchantments ist die Alternative meiner Wahl War Priest of Thune, allerdings nur zweifach und nicht vierfach. Je nach erwartetem Metagame könnte man auch Leonin Relic-Warder ausprobieren. Statt weiteren 2-Drops probiere ich zwei Mirran Crusader; die sehen mächtig aus, weil sie dem üblichen Spotremoval ausweichen und an Bitterblossom-Tokens vorbeilaufen.


Schutz vor Grün ist nebenbei auch nicht verkehrt, damit kann man Knight of the Reliquary auf Augenhöhe begegnen. Die beiden Mana Tithe am Ende der Kurve ersetze ich testweise zunächst einmal durch eine Lapse of Certainty und einen Path to Exile. Damit ist das Deck dem von Paul Rietzl sehr ähnlich. Die Kurve ist mit sechs 2-Drops und sechs 3-Drops ein wenig ausgeglichener geworden, wobei man in einem Weeniedeck an der Stelle eigentlich sagen muss: kopflastiger.

Bei der Wahl der Sideboardkarten habe ich mich sinnvollerweise eher an den aktuellen, wenn auch mäßig erfolgreichen White-Weenie-Listen orientiert. Das Grundgerüst eines fünf Monate alten Decks zu übernehmen, kann noch gehen, aber das Sideboard kann kaum eine sinnvolle Referenz sein. Nichts ist so alt wie das Metagame von gestern … Die Sideboardkarten in meiner Liste sind eigentlich alle so stumpf ausgewählt, dass sie keiner größeren Erklärung bedürfen, und in erster Linie nur ausgewählt wurden, um zumindest ein Basissideboard zum Testen zu haben. Das Deck:


4 Arid Mesa
4 Marsh Flats
15 Plains

4 Figure of Destiny
4 Steppe Lynx
4 Student of Warfare
2 War Priest of Thune
4 Knight of the White Orchid
2 Mirran Crusader
4 Spectral Procession
2 Ranger of Eos

4 Brave the Elements
4 Honor of the Pure
1 Lapse of Certainty
2 Path to Exile


Sideboard:

2 Burrenton Forge-Tender
3 Kor Firewalker
2 Lapse of Certainty
1 Leyline of Sanctity
2 Linvala, Keeper of Silence
2 Path to Exile
1 Unmake
2 War Priest of Thune


Die ersten Testergebnisse mit dem Deck waren mehr als ordentlich. Im Matchup gegen Feen gelang es dem Feenspieler (Marc Hollmann mit der Liste vom Sieger des PTQs in Paris) in neun Duellen, vier davon nach dem Boarden, nicht ein einziges Mal auch nur Combat-Damage zu machen. In einem Spiel musste ich sogar on the draw Mulligan auf fünf nehmen, aber es war egal, für den Feenspieler war in diesem Matchup rein gar nichts zu holen. Wie kann das sein? Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass irgendein Deck Feen so an die Wand gespielt hätte.

Zunächst einmal sind effiziente Threats eine gute Vorraussetzung, um gegen Feen Licht zu sehen. Klobos bestehen gegen die Dreifaltigkeit aus Cryptic Command, Mistbind Clique und Bitterblossom einfach nicht. Dazu kommt zusätzliches effizientes Removal in Form von Mana Leak und Go for the Throat, die Fatties das Leben nicht leichter machen. Die Stärke von White Weenie liegt in seinen 1-Mana-Kreaturen. Fast immer kann man damit diktieren, was der Feenspieler zu tun hat, weil die Kreaturen nicht nur günstig sind, sondern auch viel Druck machen und gleichzeitig eine flexible Mananutzung ermöglichen. Brave the Elements trägt ebenfalls dazu bei, Feen zu dominieren, da es wie die Kreaturen günstig ist, die Flexibilität hochhält und gleichzeitig auch noch fiese Alphastrikes ermöglicht.


Beim nächsten Testen gegen einen anderen Feenspieler, Julian Plagge, relativierte sich die Quote zwar ein wenig, blieb jedoch beeindruckend. Dabei spielte Julian allerdings eine Liste mit Scion of Oona, was das Matchup zu verbessern schien, weil es Feen überhaupt erst die Möglichkeit gab, in ein Race zu gehen. Ganz abgesehen davon, dass es War Priest of Thune verschlechterte. Trotzdem: Selbst als ich ein wenig mit schlechten Starthänden herumexperimentierte, um zu sehen, wie robust man wirklich ist, hielt White Weenie, was es anfangs versprochen hatte. In der Summe glaube ich nicht, dass ein guter White-Weenie-Spieler auf einem PTQ mehr als 20% seiner Matches gegen Feen verliert. 80% gegen das beste und meistgespielte Deck im Format ist natürlich schon eine unrealistisch anmutende Quote und ungefähr der beste Ausgangspunkt, den man sich denken kann. Da Julian es dennoch vorgezogen hat, auf dem PTQ in Düsseldorf lieber ein ungetestetes Rogue-Deck als dieses White Weenie ins Felde zu führen, scheint unterwegs noch etwas schiefgegangen zu sein, und das waren die anderen Matchups.

Julian wollte sein GW-Trap-Deck noch ein wenig zocken und da war auf einmal kein Licht mehr für White Weenie. Man kann natürlich Games gewinnen, wenn er vollständig fizzelt, aber dass man gewinnt, wenn beide auch nur ansatzweise ihren Game-Plan durchziehen, ist nahezu ausgeschlossen. In seltenen Fällen kann man mal ein Spiel mit Brave the Elements-Alphastrike gewinnen, aber selbst das ist selten, weil häufig der beste Angreifer in einem Eldrazi Spawn hängen bleibt. Was man aus dem Matchup lernen kann, ist, dass Midrangedecks per se kein gutes Matchup für White Weenie sind. Große Weisheiten aus meinem Munde, ich gebe es zu. Jedenfalls kann man gegen Midrangedecks vielleicht gewinnen, aber wenn sie wie GW-Trap fast nie „out of gas“ sind und die ganze Zeit defensiv spielen können, nur um dann aus dem Nichts heraus zu killen, dann wird das Matchup von unangenehm zu beinahe ungewinnbar. Mehr als ein Viertel der Matches wird White Weenie hier nicht gewinnen.


Dann wurde Cruel Control ausgepackt und leider war das Bild ähnlich. White Weenie wird ziemlich hoffnungslos zerstört. Das Matchup ist zwar strukturell nicht so schlecht wie das gegen Trap, weil die Wahrscheinlichkeit bei Cruel größer ist, dass der Gegner die falschen Karten aus seinem Deck zieht, und man selbst gleichzeitig mehr Zeit hat, ihm den Garaus zu machen, aber am Ende verliert man häufig gegen eine Wurmcoil Engine an der kein Brave the Elements vorbeiführt. Wir haben das Matchup nicht mehr postboard gespielt, aber ich sehe nicht, wie das besser werden soll, wenn man von mehr Blitzen, Volcanic Fallout und Day of Judgment eingedeckt wird.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich von dem Gedanken verabschiedet, White Weenie zu spielen. Dazu trug auch noch der Gedanke bei, dass Valakut zusätzliches Mass-Removal boarden kann, was einem das Leben auch nicht leichter macht, und ich – ohne es getestet zu haben – auch nicht unbedingt gegen Elfen spielen möchte. Das Matchup ist zwar sicher nicht hoffnungslos, aber das Matchup war im Standard für Boros schon schlecht und da hatte man Sword of Body and Mind und mehr Möglichkeiten zu interagieren. Die Elfen auf der anderen Seite machen seit Green Sun's Zenith konstanter die unfaireren Dinge a.k.a. Ezuri-Overrun.

Die verbleibenden derzeit einigermaßen populären Matchups sind Monorot, Jund und UW-Control. Gegen Monorot kann man nicht viel falsch machen und spätestens nach dem Boarden ist es kein Spaß für den Feuerzauberer. Jund fällt weitestgehend unter Midrange ohne Combokill und sollte insofern unangenehm, aber nicht unbesiegbar sein. Ein wenig hängt das sicher davon ab, wie viel Spotremoval sie zocken. Eine Liste mit Bolts plus Terminate und ohne Blightning ist vermutlich unangenehmer als die Standardjundlisten. In letzter Zeit sehr an Popularität hat außerdem UW-Control gewonnen. Die Listen dieses Decks variieren noch einigermaßen stark, aber ein gutes Matchup wird es auch kaum sein, zumindest wenn die Liste zum Beispiel so aussieht wie die von Fabian Dickmann beim PTQ Düsseldorf, also mit Day of Judgment und Baneslayer Angel. Mit Stoneforge Mystic-Packages hingegen tun sie sich, glaube ich, keinen Gefallen, weil sie für solche Späße doch arg unter Druck stehen. Nur mal am Rande: Im White Weenie hat man zwar einen recht problematischen 2-Mana-Slot, aber auch da würde ich keine Mystics zocken, weil man dadurch zu sehr an Explosivität verliert.

Es drängt sich die Frage auf, wie man das Gute, also den Autowin gegen Faeries, einigermaßen konserverieren kann und gleichzeitig die anderen Matchups verbessert. Naheliegend wäre Elspeth, Knight-Errant. Die Dame erhöht gegen Controldecks die eigene Durchhaltekraft und erlaubt es einem zudem, das Auslegen einer Wurmcoil Engine mit einem tödlichen Sprungangriff zu bestrafen. Gegen Combodecks hat man zumindest die Hoffnung, dass man Elspeth und Mirran Crusader zieht, denn das bedeutet häufig einen Turn-4-Kill.


Um dieser Hoffnung mehr Nahrung zu verleihen, kann man zusätzliche Mirran Crusader integrieren. Spectral Procession fand ich eh ausschließlich gegen Feen richtig gut und das Matchup gewinnt man nicht, weil man Spectral Procession spielt, sondern weil man die besten 1-Mana-Kreaturen hat. Mirran Crusader macht häufig genauso viel oder mehr Druck, erkauft das allerdings mit einer höheren Anfälligkeit gegenüber Lightning Bolt, die der Gegner aber normalerweise für die billigeren Kreaturen wird verwenden müssen. Mirran Crusader ist außerdem gut gegen die meisten Midrangedecks, weil die meisten Fatties eben grün sind. Insbesondere Jund steht hilflos da, wenn kein Lightning Bolt zur Hand ist.

Sonst sehe ich nicht viel, was man an dem Deck machen kann und die schlechten Matchups verbessert. Potenzial hat vielleicht noch Kor Aeronaut. Der bleibt im Gegensatz zu Knight of the White Orchid kaum in den Kreaturen der Midrange- und Controldecks hängen und kann später nachgezogen vielleicht sogar mal einen Mirran Crusader über die Fronten heben. Dafür verliert man eine Kreatur mit First Strike, was gegen Monorot und Feen schlecht ist, und ein wenig Explosivität on the draw. Eine Liste mit etwas ausgeglicheneren Matchups könnte ungefähr so aussehen:


4 Arid Mesa
4 Marsh Flats
16 Plains

4 Figure of Destiny
4 Steppe Lynx
4 Student of Warfare
2 War Priest of Thune
3 Kor Aeronaut
4 Mirran Crusader
3 Spectral Procession
1 Ranger of Eos

4 Brave the Elements
4 Honor of the Pure
3 Path to Exile


Sideboard:

2 Burrenton Forge-Tender
2 Kor Firewalker
3 Lapse of Certainty
1 Leyline of Sanctity
1 Path to Exile
2 Journey to Nowhere
2 War Priest of Thune
2 …?



Halten wir fest: White Weenie ist sicher nichts für Spieler, die jedes Matchup gewinnen können wollen, aber gutes Spiel wird auch bei diesem Deck belohnt, man muss sich nur damit abfinden, dass man in manchen Matchups schlecht dasteht. Die Matchups dürften in etwa so aussehen: Traummatchups gegen Feen und Monorot, gegen Kombo, also Valakut, sollte man zumindest mit einem Sideboardplan eine einigermaßen faire Ausgangssituation herstellen können. Controlmatchups sind unangenehm, aber nicht ungewinnbar. Katastrophal ist allerdings das Matchup gegen die aktuell einigermaßen populären Midrange-Combodecks.

Midrange-Combo? Unter diesem Namen kann man drei funktional relativ ähnliche Decks zusammenfassen: GW-Trap, Conscription-Bant und Finest Hour-Bant. Letzteres hat kürzlich auf einem Online-PTQ den dritten Platz belegt:


2 Celestial Colonnade
4 Forest
1 Island
4 Misty Rainforest
1 Murmuring Bosk
1 Mystic Gate
4 Razorverge Thicket
2 Seachrome Coast
1 Tectonic Edge
3 Verdant Catacombs
1 Wooded Bastion

1 Baneslayer Angel
4 Birds of Paradise
3 Hero of Bladehold
4 Knight of the Reliquary
4 Mirran Crusader
4 Noble Hierarch
4 Qasali Pridemage


4 Bant Charm
2 Elspeth, Knight-Errant
2 Finest Hour
3 Mana Leak
1 Path to Exile

Sideboard:

4 Burrenton Forge-Tender
1 Glen Elendra Archmage
4 Great Sable Stag
3 Path to Exile
3 Unified Will


Das erinnert sogar ein wenig an das White-Weenie-Deck. Im Prinzip wird hier der Elspeth-Mirran Crusader-Plan konsequent zu Ende gedacht. Noble Hierarch macht dem Crusader sowieso Spaß und ermöglicht zusätzlich auch noch, Hero of Bladehold zu spielen. Denn 4-Mana-Kreaturen sind für ein Aggrodeck eigentlich zu langsam, aber beschleunigt geht es dann doch. Bei dem Deck handelt es sich jedenfalls auch um ein Midrangedeck mit Komboelement. Die Kombo spielt sich dabei ab zwischen Mirran Crusader einerseits und Finest Hour oder Elspeth, Knight-Errant andererseits oder zwischen Hero of Bladehold und Finest Hour. Bei aller Ähnlichkeit wird dieses Deck jedoch deutlich andere Stärken und Schwächen als White Weenie haben. Insbesondere dürfte man damit gegen Feen längst nicht so selbstverständlich gewinnen, weil einem die mächtigen 1-Mana-Kreaturen fehlen.
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