Extended
Chuck Norris Reloaded
von Nico Bohny
08.09.2010



Endlich mal wieder ein Thema, bei dem ich aus dem Vollen schöpfen kann: Vergangenes Wochenende ist ja die Pro Tour in Amsterdam über die Bühne gegangen. Mit einem brandneuen Extendedformat, das ich fröhlich in den letzten Wochen zu Hause auf Magic Online getestet habe. Fleißiger denn je, denn ich hatte ein perfektes Verbrechen geplant.

Meine Grundidee war ziemlich simpel. Ich wollte ein Deck mit Runed Halo und Story Circle – so wie das frühere Chuck-Norris-Control – spielen, welches zwar wahrscheinlich mal wieder gegen Feen eingehen würde, dafür aber gegen den Rest des Feldes ein gutes Matchup haben sollte. Mein erster Versuch, ohne das Metagame zu kennen (und ohne dass es zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon eines gegeben hätte), sah etwa folgendermaßen aus:

Dazu x-beliebige 1-ofs an Countern, Carddraw, Disruption und so weiter.

Als Win-Option spielte ich am Anfang, neben Punishing Fire, versteht sich, einzig und allein Mistveil Plains, mit dem ich den Decktod verhinderte. Und zwar nicht aus tiefster Überzeugung, sondern um zu sehen, ob man überhaupt beliebig überleben und den Gegner komplett aus dem Spiel ausschließen könne. Meine Erfahrungen damit:

Mystical Teachings sind zwar gut und recht, aber schlicht und ergreifend zu langsam. Für vier Mana will man einen Spell mit direktem Einfluss aufs Spiel.

Man braucht unbedingt Carddraw, um an die verschiedenen Teile heranzukommen. Selbst Draws mit Story Circle können überladen werden, wenn der Gegner einfach zu viele Tiere legt.

Faeries ist ein 5-Prozent-Matchup. Bestenfalls.

Das Deck wandelte sich langsam, aber sicher, immer Schritt für Schritt. Die Manabasis erhöhte sich zuerst von 26 auf 30, dann sogar 31 Länder und ging schließlich zugunsten von Prismatic Lens – die als Acceleration einfach unendlich wichtig war – wieder auf 26 „herunter“. Das farbige Mana wurde von Anfang an aus Vivid Lands und Reflecting Pool bezogen, und um dem Runed Halo und Story Circle gerecht zu werden, mit weißen Filterländern aufgefüllt. (Einerseits Mystic Gate und andererseits Rugged Prairie, welche Grove-Mana filterte oder erlaubte, mehrmals mit Punishing Fire zu schießen.) Tolaria West und Grove of the Burnwillows schwankten in den Anzahlen ziemlich hin und her – Grove etwa parallel zu den Fires, Tolaria parallel zu den Suchoptionen, welche sich zwischenzeitlich über Urza's Factory, Tectonic Edge, Mistveil Plains und etliche weitere erstreckten. Andere Karten, die es vorübergehend ins Deck schafften:

Emrakul, the Aeons Torn: Ein sehr solider Kill, konnte auch mal gebraucht werden, um mit Careful Consideration den Graveyard mit den Teachingstargets zurück ins Deck zu mischen, und war der Wahnsinn gegen Kontrolle. Eye of Ugin aus dem Sideboard unterstützte ihn tatkräftig in diesen Matchups.


Banefire: Ebenfalls eine hübsche Killoption, vor allem gegen Feen, wo man ohnehin auf die Unterstützung von Volcanic Fallout und Great Sable Stag hoffen musste. Mit Banefire – und einem zweiten aus dem Board – konnte man das Ruder gegen die Feen schon ab und zu noch herumreißen.

Deft Duelist: Ein prächtiger Junge – einerseits eine Clock gegen Kontrolle und Kombo, andererseits der Typ, der die Angriffe in den Story Circle etwas bremst, sodass sie dann oft ganz ausfielen und man End of Turn noch teachen konnen. Besonders gut natürlich gegen Monorot und Bloodbraid Elf/Kitchen Finks-Decks.


Realms Uncharted: Zusammen mit vier Charge-Ländern konnte man zwei Probleme gleichzeitig lösen: Kartenvorteil, und im Early Game genügend Landdrops zu haben. Außerdem beschleunigten zwei Chargeländer den Kill via Emrakul oder Banefire schon ganz nett.

Lightning Bolt: Anfänglich ein gutes Removal für Jace, the Mind Sculptor und Tiere musste er bald Condem Platz machen, das so schön mit Punishing Fire harmonierte.


Angel's Grace: Der absolute Hohn gegen Ad Nauseam und Hive Mind, die sich suizidal darauf konzentrieren, im eigenen Zug (beziehungsweise der gegnerischen Upkeep) zu gewinnen, dies mit Pact of Negation auch bewerkstelligen können, aber ab einem Grace sofort tot sind.

Ancestral Vision: Ein billiger Weg, an Extrakarten zu kommen, der sogar noch via Tolaria West aus dem Ärmel gezaubert werden kann. Konnte man zwar nie im ersten Zug suspenden – war ja aber auch egal, das Spiel ging eh meistens bis Zug X.


Careful Consideration: Zuerst als 1-of zum Suchen, dann in mehrfacher Auführung. Zusammen mit Punishing Fire, dass man immer abwerfen konnte, ein simples Draw 4, das zur Not sogar als Instant gespielt werden konnte. Überzeugend!

Leyline of Sanctity: Von Anfang an im Sideboard, um sich gegen Ad Nauseam und Burn noch fieser einzuigeln. Letztlich kam ich zum Schluss, dass man die Karte sogar im Maindeck haben will: Gegen rote Decks stellt sie direkt allen Burn inklusive Punishing Fire ab, den man eh früher oder später mit Runed Halo benennen muss. Gegen Schwarz strandet sie sämtlichen Discard. Und Tarmorack, Burn und Ad Nauseam tötet sie quasi direkt.


Thought Hemorrhage: Zuerst ebenfalls im Sideboard, dann ins Maindeck gewandert. Gegen alle blauen Decks will man unbedingt Cryptic Command rausschnappen, gegen rote Decks oft Punishing Fire, gegen Kombodecks offensichtlicherweise die Kombo, und so weiter. Außerdem ist es fürs Spielen extrem wichtig, dass man die Deckliste des Gegners kennt, was man nach der Hemorrhage eben einfach tut. Extirpate und Hemmorhage ersetzten ab einem gewissen Punkt die klar schwächere Declaration of Naught.

Mystical Teachings: Musste sich seinen Platz im Deck schwer erkämpfen – Glittering Wish, Wargate und Idyllic Tutor waren ganz nah dran, dem Instant den Rang abzulaufen.

Um das Deck auf Hochglanz zu polieren, mussten wir schließlich das Metagame einschätzen. Wir rechneten mit extrem viel Grove of the Burnwillows-Decks – besonders Scapeshift war auf Magic Online sehr beliebt –, einigem Ad Nauseam, einigen Feen, einigen UGR-Junks und dann vereinzelnt noch Decks wie Reveillark, White Weenie, Burn, Doran, Elfen, GR-Aggro und Living End.

Und so sah die Liste dann aus:

Chuck Norris Reloaded

4 Punishing Fire
4 Careful Consideration
2 Thought Hemorrhage
1 Extirpate
2 Mystical Teachings
1 Slaughter Pact
1 Pact of Negation
1 Deprive
1 Cryptic Command
1 Doom Blade
1 Volcanic Fallout
2 Condemn

4 Grove of the Burnwillows
1 Vivid Crag
4 Vivid Creek
4 Vivid Meadow
4 Mystic Gate
1 Cascade Bluffs
1 Rugged Prairie
4 Reflecting Pool
2 Tolaria West
1 Calciform Pools


4 Prismatic Lens
4 Runed Halo
3 Leyline of Sanctity
2 Story Circle

Sideboard:

1 Extirpate
1 Thought Hemorrhage
2 Linvala, Keeper of Silence
2 Baneslayer Angel
1 Gaea's Revenge
1 Leyline of Sanctity
2 Volcanic Fallout
2 Maelstrom Pulse
1 Krosan Grip
1 Celestial Purge
1 Consume the Meek


Sieht auf den ersten Blick sehr random aus, ist in Wahrheit aber ziemlich durchgetecht. Das zweite Extirpate wollte man gegen Kombo und Dredge, auf welches wir in den letzten Tagen noch hingewiesen wurden, die Hemorrhage ebenfalls, die Kreaturen waren für die Kreaturenmatchups, in denen die Gegner wahrscheinlich die Leyline in Game 1 sehen und allen Burn und natürlich auch Creature-Removal rausnehmen würden. Linvala, Keeper of Silence war vor allem gegen Bant und Elfen super, außerdem gegen White Weenie. Baneslayer Angel war stark gegen Doran, RG, RGU, Fisch und Weenies. Gaea's Revenge musste es gegen Kontrolle richten oder allgemein in dritten Spielen, bei denen die Uhr rasch nach unten tickte. Die vierte Leyline half gegen Burn, Valakut, the Molten Pinnacle, Kontrolle und Kombo, Volcanic Fallout gegen Feen, Reveillark und jegliches Weenie-Deck. Maelstrom Pulse spielte Mädchen für alles – vor allem für Planeswalker, aber auch für Spectral Procession und Enchantments. Krosan Grip kümmerte sich um Pyromancer Ascension, Celestial Purge um Rot – primär Leyline of Punishment – und Consume the Meek verbesserte quasi alle Tierchenmatchups – klar am besten gegen White Weenie, Doran und Elfen.

Weitere Optionen waren vor allem Kreaturen wie zum Beispiel Great Sable Stag, Meddling Mage, Master of the Wild Hunt, Fortune Thief, Calcite Snapper und Ähnliches, was einfach nicht stark genug war. Auch mit mehr Enchantments wie Teferi's Moat, Terra Eternal, Greater Auramancy und so weiter habe ich experimentiert, aber das Deck war bereits genug bestückt mit guten Verzauberungen.

Das Deck performte sehr überzeugend – von meinen letzten 15 Partien auf Magic Online (und dazu zähle ich nur die gegen ernstzunehmende Decks) verlor ich bloß fünf, von welchen ich zwei auf übelste Weise verspielt habe und die anderen gegen Feen waren. Um eine kleine Übersicht zu haben, dokumentierte ich jedes Testspiel kurz. Zwar änderte sich die Liste zwischendurch immer mal wieder, aber aufschlussreich war sie trotzdem.

Faeries 0-2 (Die Feuertaufe gegen das üble Matchup. Zweimal gegen die frühe Bitterblossom krepiert.)

Mono-Rot 2-0 (Danke Story Circle, danke Leyline!)

Bant 1-2 (Im dritten Spiel schaffe ich es nicht, in 30 Karten Mystical Teachings oder Punishing Fire zu finden. Ugh.)

Jund 2-1 (Die Mischung aus Punishing Fire auf die kleineren und Runed Halo auf die größeren Threats nimmt ihn vollkommen her. Pulse werden gecountert oder extrahiert.)

Faeries 2-0 (Und siehe da, ohne frühe Bitterblossom kann David sich sogar gegen Goliath behaupten. Ausschlaggebend dafür das Punishing Fire.)

Reveillark 1-2 (Meddling Mage und Counter machen mir schwer zu schaffen. Die Liste, die ich spielte, war noch miserabel in diesem Matchup.)

Pestermite-Splinter Twin-Kombo 1-2 (Ich verliere gegen Negate, Teferi, Mage of Zhalfir und schließlich sogar gegen Sphinx of Jwar Isle – wo sind meine Halos?!)

Ad Nauseam 1-2 (Ich verliere ein Spiel gegen Teferi mit genügend Counterbackup, ein anderes gegen den Simian Spirit Guide-Beatdown – wir beide auf einem Leben, ich habe Emrakul auf dem Tisch, kann wegen seinem Spirit Guide im Spiel und Angel's Grace in der Hand nicht angreifen, und er zieht den zweiten Guide nach.)

TarmoRack 0-2 (Im ersten Spiel bin ich chancenlos, im zweiten wird mir die Leyline of Sanctity weggepulst.)

Faeries 0-2 (Bitterblossom in Turn 2 …)

Faeries 1-2 (Dito.)

UGR-Junk 1-2 (In Game 1 kontrolliere ich ihn locker aus, Game 2 verliere ich gegen Jace, the Mind Sculptor und Game 3 gegen die Uhr.)

UGR-Junk 2-0 (Zwei Spiele, die das Punishing Fire ganz alleine macht.)

Scapeshift 2-1 (Runed Halo auf Valakut, the Molten Pinnacle und Thought Hemorrhage auf Krosan Grip.)

Pyromancer Ascension 2-0 (Mit all dem Hate, den ich ziehe, und weil ich für seinen Kreaturenplan einiges Removal im Deck lasse.)

Ad Nauseam 2-0 (Erstes Spiel gewinnt das Halo, Spiel 2 (mit Mulligan auf 4!) die Hemorrhage.)

Living End 2-1 (Thought Hemorrhage 2 – Fulminator Mage into Avalanche Riders into Living End 1)

Reveillark 1-2 (Spiel 2 verzocke ich auf übelste Art und Weise – anstatt dass ich eine Pithing Needle auf Knight of the Reliquary setze, lass ich mir einfach mit Sejiri Steppe das Doom Blade auf Meddling Mage (auf Volcanic Fallout) countern. Völlig doof!)

Ad Nauseam 2-0 (Runed Halo und Great Sable Stag aus dem Board, der zusammen mit einem Extirpate genug Druck hinkriegt.)

Mono-Rot 2-1 (Story Circle und Leyline. Game 1 verliere ich in drei Minuten.)

White Weenie 2-0 (Removal und Story Circle richten es.)

Scapeshift 2-0 (Leyline und Halo holen den Sieg.)

Faeries 0-2 (Bitterblossom …)

White Weenie mit Blau 1-2 (Das wichtige Spiel verzocke ich wieder vollkommen, weil ich völlig reckless ins Honor the Pure reinspiele, in einer Situation, in der ich gar nicht muss.)

Faeries 0-2 (Blossom und Doppel-Thoughtseize …)

Living End 2-1 (Selbes Spiel, wie schon gehabt – zwei Spiele für meinen Hate, eins für seinen LD-Plan.)

Danach spielte ich noch einiges an Spielen gegen Scapeshift (wovon ich in etwa zehn Partien genau null Mal besiegt wurde – pre- und postboard), einiges gegen UGR (war etwa 55% für mich und 45% für Jace) und gegen Feen (etwa 50% für Bitterblossom, und um die 50% für den Rest der Feen). Meine Einschätzungen der Matchups, vor allem auch mit der neusten Liste, stellen sich folgendermaßen dar:

Kaum zu verlieren:

Sehr positiv:
Mono-Rot
Reveillark
Boros

Knapp gut:
White Weenie
Doran
Elfen
RG-Aggro
Teachings
Ausgeglichen:
UGR-Junk
Living End
Merfolk
Knapp schlecht:

Sehr negativ:


Kaum zu gewinnen:
Faeries

Was mein Deck eigentlich in einem sehr positiven Licht erscheinen ließ. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Was damit alles schiefging und was man Lustiges im Limited mit Raredrafts erbasteln kann, das gibt's in den nächsten Artikeln zu lesen!
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