Mein letztes, physisch real existierendes Sealed-Deck baute ich im gar so tristen und blassen Shadowmoor-Modus. Was, nur zwei Farben? Simples Rot, stumpfes Grün? Wie langweilig. Der ambitionierte Spieler von heute meistert die fünffarbige Manabasis seines Quick' n Toast im Schlaf: Zwei Länder – und das Mana ist gefixt. Wie langweilig. Das Blut muss kochen! Die Hände zittern, das Adrenalin kommt aus Ohren, Mund und Nase! Die Starthand. Jetzt entscheidet sich, ob die Discovery fliegen darf – oder als Glitzerwolke aus der Stratosphäre regnet. Und siehe da: Es funktioniert. Und das kam so.
Die Ausrufezeichen bedeuten, dass mir diese Karten beim ersten Durchsehen als spielbar, potenziell sehr gut, interessant, vielleicht synergetisch, megabroken oder... – nun, dass sie mir schlicht aufgefallen sind. Immerhin ist das Material neu und der Spoiler wurde mehr überflogen denn auswendig gelernt. So fallen in Weiß die zwei Knight of the Skyward Eye als 2-Drops mit Lategame-Potenzial auf. Die beiden fetten Rhinos ließen mich immerhin eine Augenbraue heben: 5/7-Frisöre mit Pyroclasm (mit Sahne) in der Luft at will? Könnte funktionieren, ist aber wirklich ein teurer Spaß. Da trifft man mit Resounding Silence doch lieber einen grundsoliden Removalspell. Blau tut in diesem Sealed-Pool das, was Blau nun einmal tut: Fliegen, bouncen, Karten ziehen. Die beiden Screecher gefallen mir als billige und recyclebare Flieger auf Anhieb. Und dass Resounding Wave gut sein muss, wird irgendwo zwischen „return“, „permanent“ und „owner's hand“ klar, allerdings könnten drei Exemplare ein bisschen Overkill sein. Die Courier Capsule hielt ich für unausweichlich, während Coma Veil wieder so ein Ding mit gutem Effekt, aber auch exorbitant hohen Kosten ist. Erwähnen sollte man noch das Etherium Astrolabe, das mit genug Artefakten auch im Deck gelandet wäre. Denn sterbende Männer in Karten zu verwandeln, bringt Laune.
In Schwarz gibt es – quantitativ – nicht viel zu holen. Qualitativ schon: Vein Drinker! Bombenalarm. Grixis Battlemage gefiel mir primär wegen seiner Kartenselektionsqualitäten, die rote Ability kam nicht zum Einsatz. Rot scheint in diesem Pool die Removalfarbe zu sein. Zwei Schmalspurschocks, dazu ein Incinerate mit eingebautem Skelett sowie Goblin Assault – seit Bitterblossom sollte man zweimal hingucken, wenn Enchantments jede Runde einen Mann rauslassen. Für Grün gab es fälschlicherweise den grünen Daumen nach unten. Gut, Lush Growth kann das Mana fixen, braucht dafür aber viele Wälder. Resounding Roar ist ein guter Trick und Naturalize muss sich in diesem Format noch beweisen: Lohnt sich ein Maindeck-Einsatz ob der erwarteten Artefaktkreaturen? Meine Vorläufige Bilanz: Jein. Wenn man genug anderes Removal hat, sind sie höchstwahrscheinlich überflüssig. Bei akuter Not aber durchaus brauchbar. Jetzt, endlich, das Früchtekompott. Wie es aussieht, determinieren die mehrfarbigen Karten zusammen mit den Manafixern die Farben des Decks – zumindest für diesen Pool. Mit zwei Exemplaren von Agony Warp (a.k.a. Last Gasp 2.0) und einem Branching Bolt haben wir drei saftige Removalspells. Tower Gargoyle, Woolly Thoctar und insbesondere die beiden Rhox War Monk sind erstklassige, billige Beater, die im Deck höchstwahrscheinlich vom Empyrial Archangel, der Mythic Rare, beaufsichtigt werden. Das Clarion Ultimatum ist fürs Limited leider genau das falsche. In der farblosen Ecke finden wir sehr dankbar drei Obelisken, zwei Fetchländer und ein UGW-Land. Minion Reflector kostet, bis es mal was macht, sieben Mana – stattdessen lege ich lieber Viehzeug raus, das es auch ohne hastigen Zwilling schafft. Alles in allem hat mich dieser Pool unter spielbarem Zeugs begraben. In jeder Farbe haben wir Karten, die wir eigentlich spielen möchten. Seien es weiße Männer, blaue Flieger und Instants, schwarze Bomben, rote Shocks, grüne Tricks oder bunte Monster. Dementsprechend resultierte der dreißigminütige Deckbau in einer ziemlich schweren Geburt. Zuerst schaute ich, welche Farben ich mit dem vorhandenen Manafixing unterstützen konnte. Das Ergebnis:      .Im Moment der Erkenntnis bahnten sich heftige Schmerzen im vorderen Stirnlappen an; im Limited sorgt eine fünffarbige Manabasis für Kopfzerbrechen.
Das ist das Ergebnis. Und ich muss ehrlich sein: Die Verteilung der Standardländer erfolgte nach Gefühl – immerhin war ich mir sicher, dass nur ein Gebirge reicht.  Die Qualitäten meiner Manafixer, von denen ich schlicht alle aus dem Pool spielte, taten wohl ihr Übriges und bescherten mir keine fiesen Mulligans oder Screws. Die Discovery flog wie eine stolze Weltraumrakete.
Im Fantasy Warehouse in Iserlohn konnte ich in vier Runden ein 3-1 rausspielen. Der Plan war immer der gleiche: Früher Druck sollte von Agony Warp, Branching Bolt oder den fetten Lifelink-Nashörnern aufgehalten werden, bis Vein Drinker, Archangel oder etwaige andere Flieger das Spiel nach Hause bringen. Drei Runden konnte ich 2-0 gewinnen, in der vierten hatte ich zu lange keine Antworten. Zwar konnte ich Realm Razer entsorgen, aber trotz zweier gecycleter Resounding Silence und Archangel war nichts zu machen – das verlorene Tempo im frühen Spiel brach mir das Genick. Immerhin reichte der Score für den dritten Platz und drei faire Booster, das Turnier gewann mein Siegener Kollege Alex Rocker. Den bisweilen schon aufkommenden Theorien, dass auch dieses Sealed-Format durch dicke Bomben definiert werden würde, widerspricht sein Deck: Niedrige Kurve, zwei Oblivion Ring und Manaplasm. Aber je weiter das Prerelease zurückliegt, desto größer werden meine Zweifel an der Fünffarbigkeit und meinem Konstrukt ganz allgemein. So fehlen hier etwa beide Exemplare von Knight of the Skyward Eye, die ab vier Mana pseudo-unblockbar werden. Auch Rhox Charger sollte eigentlich im Deck sein. Vielleicht kann der Rotsplash ohne Qualitätsverlust gekickt werden? Was ist mit Deft Duelist und Steward of Valeron? Beides sind hervorragende 2-Drops in meinen Farben, stehen aber nicht auf der Deckliste. Im Nachhinein würde ich das Deck als UGWb-Variante spielen. Die entsprechenden Änderungen:
Weniger Spells, mehr Männlein, niedrigere Kurve, stabilere Manabasis. Coma Veil ist in Wahrheit nicht mehr gut, wenn man Agony Warp und Resounding Wave hat und Skeletonize ist ohnehin ziemlich teuer – wenn auch gut. Diese Version ermöglicht frühere Boardpräsenz und mehr Stabilität auf Kosten von Flexibilität und Reichweite. Von wegen Stillleben – hier tut sich einiges! Aber auch das ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Der Pool lässt sich gewiss noch einmal anders ausschlachten. Zwar wieder mit Fokus auf UGW, aber vielleicht mit deutlich höherem Rotanteil für Woolly Thoctar, das Magma Spray, die Gobbo-Blossom (schön mit Hissing Iguanar), Bloodpyre Elemental und Soul's Fire. Vielleicht ganz ohne Schwarzsplash? Die Removaldichte dürfte gleich bleiben oder sogar steigen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob dieser Pool archetypisch für Shards of Alara ist. Oder ob nur wenige Pools so offen sind wie dieser.
Was ich weiß, ist, dass mein obiger Turnier-Ansatz unter Zeitdruck und Unkenntnis des neuen Sealed-Formats bei weitem nicht das Optimum ist. Mich würden die Ansätze versierterer Limited-Menschen sehr interessieren. Ein angenehmer Nachgeschmack bleibt. Das Format ist bunt und macht Spaß, die neuen Karten haben ein schickes Design und tolle Artworks. Ich freue mich auf viele Alara-Drafts. Ihr auch? |
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