Casual
Highlander-Magic
Eine Formateinführung für den Grand Prix
von Hans-Joachim "Hajo" Höh
03.06.2007

Mehr Funformate braucht das Land! Denn um den Fun geht es bei Magic doch schließlich. Das hat Wizards of the Coast ja schon längst erkannt, und uns das gute alte „Two-Headed Giant“ wiedergebracht, ein Format, dass vor zehn Jahren eine völlig selbstverständliche Form war, Magic zu spielen, ebenso wie „Emperor“, oder „Grand Melee“. Diese Formate, für die es damals durchaus regelmäßige Turniere gab, blieben leider dann auf der Strecke als höhere Preisausschüttungen rigidere Turnierformen zu erfordern schienen.

„Highlander“ ist ein ebensolches Funformat, das von der DCI bisher nicht wieder belebt wurde, das sich aber in Deutschland andauernder Beliebtheit erfreut und insbesondere durch das Engagement von Frank Topel auch ohne Unterstützung durch die DCI internationalen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Dazu beigetragen haben sicher auch die großen Turniere, die er unter dem Titel „Highlander Grand Prix“ ausrichtet und die schon zweimal über hundert Spieler aus ganz Deutschland nach Dortmund strömen ließen.

Da der nächste Highlander Grand Prix am 16. Juni ansteht, von dem auch TobiH an dieser Stelle berichten wird, vielleicht sogar live [Pssst, noch nicht alles verraten. – TobiH], bringe ich Euch hier das Format näher, damit Ihr Euch schnell noch ein Deck zusammenbauen könnt, um vorne mit dabei zu sein. Es lohnt sich auf jeden Fall vorbeizukommen, denn diese Events locken erfahrungsgemäß immer auch die alten Hasen an, die ansonsten nur noch selten zu den magischen Karten greifen. Und in diese Kategorie gehöre nicht nur ich selbst mittlerweile, sondern auch unter anderem Felix Schneiders, Falk Bernhard, Marco Blume und Dirk Barberowski konnte man beim letzten Mal dort wieder sehen.

Wenn Euch das als Motivation noch nicht reicht, alte Freunde zu treffen und spaßiges Magic zu zocken, dann gehört Ihr bestimmt in die Kategorie von Leuten, die sich für die fetten Preise interessieren. Die gibt es in der Tat noch als Bonus dazu, was man hier nachlesen kann.



Die Grundregeln


Die namensgebende Grundidee des Formates ist natürlich, dass jede Karte (von Basic Lands abgesehen) nur einmal pro Deck erlaubt ist. Die Decks müssen zudem mindestens 100 Karten umfassen (Link), wobei alle Sets legal sind. (Auch Alpha, Portal, Collectors'/International Edition und Karten aus den Weltmeisterschaftsdecks.)

Nur eine kleine Banned Liste (einsehbar unter diesem Link) gilt es zu beachten. Das ermöglicht eine bunte Vielfalt an Decks.

Und diese Decks spielen sich jeweils in jedem Spiel unterschiedlich, was zu ungewöhnlichen Kartenkonstellationen, komplizierten Entscheidungen und immensem Spielspaß führt.



Die wichtigste Neuerung für alte Hasen


Seit dem letzten GP wurde eine neue Mulliganregel ausgiebig getestet und in die Highlander-Regeln implementiert. Diese Mulliganregel verbessert die Draws beider Spieler konstanter als die alte Regel und erhöht damit den gefühlten Powerlevel und das Interaktionsniveau und damit den Spielspaß.

Hier der entsprechende Auszug aus den Regeln: >>>Link.



Die Möglichkeiten des Formats


Es mag einem Formatneuling beim Highlander zunächst so vorkommen, als sei es nicht möglich, bei einem 100-Karten-Deck ein stringentes Konzept zu verfolgen, insbesondere, da man sich nicht darauf verlassen kann, bestimmte Karten im ganzen Spiel überhaupt zu ziehen.
Dieser erste Eindruck ist jedoch völlig falsch. Prinzipiell kann man alle Decks spielen, die es jemals in anderen Formaten gab, und noch unzählige mehr, die sich aus Kombinationen ergeben, die so noch nie in einem Format zugleich legal waren.

Die Verfügbarkeit von verschiedenen Tutoren ermöglicht den Zugriff auf wichtige Konzeptkarten, so dass alles möglich ist. Dazu kommt, dass durch die Menge der legalen Karten auch sehr klare Konzepte, die nicht von Einzelkarten abhängen, wie z.B. Landdestruction, Monorot Aggro oder White Wheenie problemlos spielbar sind.

Mein erstes eigenes HighlanderDeck war schon ein recht erfolgreiches Konzeptdeck. In der Hauptsache war es Reanimator, auf Grund der damals noch weit geringeren Anzahl an zur Verfügung stehenden Karten enthielt es aber auch noch ein paar Tricks wie Show and Tell, oder Defense of the Heart, um die fetten Schweine (politisch korrekt: die großen Kreaturen) von der Hand oder aus dem Deck für wenig Mana direkt ins Spiel zu bringen. Solche Tricks sollte man aber auch auf Lager haben, denn mit seelenruhig von der Hand ausgespielten Elder Dragon Legends kann man auch im Highlander-Format nicht mithalten.

Da geht's nämlich manchmal krass zur Sache, wie man an folgendem Spielbericht sehen kann: In diesem Spiel präsentierte mir mein Gegner im ersten Zug Ancient Tomb und Talisman of Unity. Turn zwei kam deswegen mit Karstoderm schon der erste 5/5er ins Spiel zu dem sich die Runde danach noch schnell der Rumbling Slum gesellte. Turn 4 Angriff für zehn und Armageddon, damit nichts mehr anbrennt. „Good Game!“ dachte da mein Gegner. Ich hatte zwar angefangen, aber in der Zeit nur Turn1 Aether Vial, Turn2 Orzhov Signet und Turn3 Dark Ritual und damit Thrashing Wumpus zu bieten. Umso überraschter war mein Gegner als ich in Response of das Armageddon noch 1 Schaden auf alles mit dem Wumpus machte. Als er den Zug abgab wurde mit dem Aether Vial schnell noch der Phyrexian Negator ins Spiel gebracht, selber mal für acht angegriffen und dank der massiven gegnerischen Selbstverstümmelung durch Ancient Tomb, Talisman, Painland und Slum, mit dem ausgelegten Land der vorletzte Schaden mit dem Wumpus gemacht, bevor sein Rumbling Slum in der Upkeep mich auf 1 und ihn auf null beförderte. Good Game indeed!

Ich werde nun auf die Top 8 Decks vom letzten GP eingehen und im Anschluss daran darstellen, was sich seitdem getan hat und wie man selber ein gutes Highlander-Deck baut. Es ist natürlich im Rahmen eines Artikels bei 100 verschiedenen Karten pro Deck nicht möglich alle Interaktionen und Feinheiten der Decks herauszustellen. Daher kann ich nur eine allgemeine Analyse bezüglich des Plans geben, den man jeweils verfolgt. Die passenden Decklisten dazu gibt es hier: >>> Link.

Letztes Jahr tummelten sich in der Top8 zwei White Wheenie, zwei TPS, ein UW-Control, ein UG-AggroControl, ein Red Deck Wins und einmal Stax. Eine bunte Mischung also aus aggressiven, kontrollastigen und Combodecks.

Die aggressiven Decks zeichnen sich durch konstante Manabasen und sehr flache Manakurven aus. Wirklich erstaunlich wie viele verschiedene gute 1- und 2-Drops es mittlerweile in jeder Farbe gibt! White Wheenie hat dabei den Vorteil, die Kreaturen zu haben, die die nützlichsten Fähigkeiten haben. Schutz vor Rot hilft gegen die Aggrokonkurrenz, während die jeweiligen Fähigkeiten von Whipcorder, Mother of Runes und Azorius Guildmage den Kampf gegen die dickeren Kreaturen erleichtern. Aber sogar gegen Combodecks gibt es entsprechend nützliche Fähigkeiten in der praktischen Bärenform geliefert: Meddling Mage, True Believer, Ronom Unicorn, Samurai of the Pale Curtain, und viele mehr. Ein leichter Splash von Rot oder Blau kann dazu benutzt werden das Deck gegen Kreaturen oder eben gegen Kontrolle noch zu verbessern.

Die monorote Aggro-Alternative verfügt über eine etwas schlechtere Kreaturenauswahl, dafür über eine schier unbegrenzte Auswahl an Burnspells, um nervige Blocker oder Gegenspieler zu entsorgen. Dazu kommt noch der gefürchtete First Turn Goblin Lackey und die Goblincombo bestehend aus Recruiter, Ringleader und beliebigen Utility Goblins, die Monorot zu einem starken Highlander-Deck machen. Das klassische rot-grüne Beatdowndeck wurde von Monorot fast vollständig verdrängt, da man abgesehen vom Enchantmentremoval auch alles nur mit den roten Karten erledigen kann. Diesen Umstand machten sich beim letzten GP offensichtlich die White Wheenie Decks zu Nutze und hielten den Ansturm der roten Männer auf die Top8 auf. Nur Marco Blume gelang es auf Grund seiner überlegenen Spielfähigkeiten (mit am Morgen des GP ausgeliehenem Deck) trotzdem die Top 8 zu erreichen.

Kontrolldecks waren in Magics Anfangstagen klassischerweise immer blau und weiß. Counterspell, Wrath of God, Swords to Plowshares, Disenchant, zuweilen unterstützt von Land Tax und Armageddon sorgten damals für ruhige Verhältnisse in der noch nicht erfundenen Red Zone. Auch wenn die Mächtigkeit der weißen und blauen Karten in den folgenden Jahren immer weiter beschnitten wurde, lässt sich doch im Highlander-Format immer noch ein sehr gutes Kontrolldeck in diesen Farben bauen. Das UW-Controldeck aus der letzten GP Top 8 kann man aber schon fast als Metagame Hatedeck bezeichnen, da es von der klassischen blau-weißen Konzeption – Counter, Massremoval und schwer zu removende Winning Options – relativ weit abweicht. Zwar sind diese Elemente alle noch vorhanden, aber nicht in maximaler Anzahl, sondern stattdessen werden alle möglichen Kreaturen gespielt, die Schutz vor Rot haben, oder Lebenspunkte geben. Dieses Deck ist folglich ein Alptraum für alle roten Magier und von denen wurden scheinbar auch genug angetroffen auf dem Weg in die Top 8.

Das UG-AggroControldeck ist ein Archetyp, der das Format vor der großen Revision der Banned Liste und der damit einhergehenden Formatveränderung bestimmt hat. Es hatte genau die richtigen Waffen, um sowohl gegen traditionelle Kontrolle als auch gegen monorote oder rot-grüne Aggrodecks gut dazustehen. Die effizientesten grünen Midrangekreaturen wie Call of the Herd und Ravenous Baloth halten den Ansturm der Goblins mit Leichtigkeit auf und deren Hatekarten gegen mehrfarbige Kontrolldecks wie Blood Moon oder Prize of Progress sind wirkungslos gegen UG. Auf der anderen Seite sind die grünen Biester aber billig genug, um gegen reine Kontrolldecks früh genug im Spiel zu landen, damit man danach mit Hilfe der Gegenzauber die wirklich fiesen Kontrollkarten wie The Abyss oder Moat vom Tisch halten kann.
Prinzipiell bietet das Format mittlerweile zu viele lustigere und zudem mächtigere Karteninteraktionen und die passenden Tutoren, um sich mit einem Deck zufriedenzugeben, das „nur“ die besten Kreaturen und die besten Counterspells spielt. Dank konstanter Draws, einem guten Matchup gegen Monorot und vergleichsweise wenig benötigter Rares wird UG aber wohl auch weiterhin im Format eine wichtige Rolle spielen.

TPS (The Perfect Storm) ist ein Beispiel für ein Deck, das ganz bestimmte Keycards benötigt, die es sich in jedem Spiel mit den vorhandenen Library Manipulation und Tutor Effekten zu besorgen versucht. Wie schon erwähnt lassen sich verschiedenste Decktypen um Einzelkarten wie Survival of the Fittest, Oath of Druids, Replenish, usw. bauen, die sich in ihrer Mehrfarbigkeit und den verwendeten Tutoren ähneln, aber ganz unterschiedliche Deckkonzepte verfolgen, sobald die Themenkarte(n) des Decks gefunden wurde(n).
TPS ist ein Stormcombodeck, dessen Ziel es ist, eine tödliche Anzahl an Tendrils of Agony zu erzeugen. Dazu verwendet es alle möglichen Mana produzierenden Spells, die mit Yawgmoth's Will noch einmal ausgespielt werden, um den Stormcount hoch genug zu schrauben. Im Idealfall spielt man in der Runde davor Gifts Ungiven auf zwei Mana Produzenten, Wille und Recoup, damit sollte man im Normalfall gewinnen können. Hat man jedoch das Gifts Ungiven nicht zur Hand, wird alles viel aufwändiger. Auf meinem Weg in die Top 8 letztes Mal gab es in jeder Runde mindestens ein Spiel, dass sich nur durch perfekte Organisation der Manafarben, Spellreihenfolgen und getutorten Karten auf den Lebenspunkt genau gewinnen ließ. Besonders eng wurde es einmal, als ich gezwungen war in die Combo zu gehen, aber gar nichts zum Gewinnen hatte und bei knappen Manamengen mit Hilfe des Yawgmoth's Will das Gifts Ungiven noch einmal spielen musste, wohl wissend, dass die zwei besten Karten removed werden würden. Kein Vergleich zu den Stormcombodecks im Typ1 oder Extended, wo man trotz etlicher Misplays locker noch ein paar überzählige Stormkopien macht und gewinnt.
Dabei hatte ich es eigentlich nur gespielt, weil man mich darum gebeten hatte, herauszufinden, ob dieses Deck zu stark wäre für das Format. Das ist es definitiv nicht, es geht auf Grund seiner geringen Interaktionsmenge höchstens an der Spaßorientiertheit des Formats vorbei.

Das Staxdeck erzeugt große Mengen an Artefaktmana, um damit Armageddoneffekte auszuspielen, nach denen der schlechter darauf vorbereitete Gegenspieler erstmal recovern muss, während man ihm weiterhin die guten teuren Spells um die Ohren hauen kann. Es spielt sich hauptsächlich wie ein Kontrolldeck, das erstmal das Board unter Kontrolle zu bekommen versucht und dann mit einer dicken Kreatur gewinnt. Es hat aber zudem einige Kartenkombinationen, die den Gegner komplett aus dem Spiel heraushalten können und mit Staff of Domination und Metalworker auch noch eine Möglichkeit direkt zu gewinnen. Dieses Deck war die Überraschung des letzten GPs und verdankte seinen Erfolg nicht zuletzt seiner Unbekanntheit. Ein höherer Bekanntheitsgrad und zusätzliches Artefaktremoval in den aggressiven Decks lassen eine Wiederholung dieses Erfolges unwahrscheinlich erscheinen. Dazu kommt, dass es extrem viele alte teure Karten auf der Deckliste hat und durch die seitdem erfolgten Bannings von Mana Vault, Trinisphere und Crop Rotation neben TPS am meisten geschwächt wurde.


So, das war der Überblick über die Top 8 Decks vom letzten GP, aber das heißt nicht, dass ihr eins dieser Decks spielen müsst, oder dass diese Decklisten auch nur annähernd perfekt wären für ihren Archetyp. Zwei Decks, die dieselbe grobe Kategorisierung erhalten (z.B. 5c-Control) können sich im Highlanderformat schon mal um 50 Karten unterscheiden. Insofern habt Ihr ungekannte kreative Möglichkeiten beim Deckbau, wie es ihn in anderen Formaten nicht gibt. Abgesehen davon gibt es natürlich schon wieder jede Menge neue Karten aus dem Time Spiral-Block, die alte Decks verbessern oder gar neue Archetypen begründen könnten. Das Format lässt jede Menge Freiraum für eigene Deckideen und Adaptionen alter Konzepte.

Wenn ihr jetzt immer noch nicht wisst, was ihr ins Feld führen wollt, dann schlage ich Euch vor, Euch zu überlegen, was Euer Lieblingsdeck in längst vergangenen Tagen (oder noch vor kurzem) war. Wenn es in irgendeinem Standard-Format mal halbwegs konkurrenzfähig war, kann man aus dem gesamten, mittlerweile verfügbaren Kartenpool sicherlich eine gute Version davon bauen… Fish, Sliver, Fires, Bargain, Rebellen, Replenish, Illusions Donate, Suicide Black, Mono Black Control, Astral Slide, Full English Breakfast, Battle of Wits,… was auch immer Euch am meisten Spaß macht, kann ins Highlander-Format adaptiert werden.
Dieser Ansatz ist der einfachste, weil Ihr den Gatherer (Link) effektiv nach Eurem Thema forschen lassen könnt, ohne Euch in Unmengen legaler Karten zu verlieren.

Viel Spaß beim Abstauben der alten Karten. Wir sehen uns dann beim GP,

HaJo
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