Casual
Highlander 1.5 – Back to the Roots?
von Timo Barwisch
25.04.2004

Dieser Artikel ist Frank Topelgewidmet; für sein Bemühungen um dieses Format, die dadurch gewachsene Highlander-Community und als Freund.

Ich denke, ein Großteil der Leserschaft wird schon mal folgendes durchgemacht haben bzw. sich mit den folgenden Gedankengängen auseinander gesetzt haben: Wo ist der Zauber des Spiels geblieben, den man damals bei jedem erneutem Aufreißen eines Boosters hatte, dem „Casual-Deckbau“ und den ersten Turnieren? Warum reizen mich T2-Turniere nicht mehr so wirklich und ich spiele auch nur noch bekannte Decks? Lohnt es sich wirklich jede Karte viermal zu besitzen und nach dem Rausrotieren des Blocks habe ich einen Wertverlust im dreistelligen Prozentbereich? Mein Tauschordner quillt über und ich tausche nur noch die Top-Rares der aktuellen Edition, war das nicht mal anders? Multi-Player ala Emperor oder Pentagramm ist aber auch nicht die Offenbarung!

Dieses sollen nur einige Beispiele sein und müssen auch nicht verallgemeinert werden, jedoch habe ich so was schon von vielen Spielern gehört und ich denke, dass das keine Randerscheinungen sind. Um es vorwegzunehmen, das soll kein Artikel werden der irgend eine Magic-Depression ausdrückt. Ich bin auch weiterhin interessiert an den gängigen Formaten, möchte aber deutlich machen wie mir 100 Karten - 1.5 Highlander wieder ein Stück des alten Feelings zurückgegeben hat.

Die ersten Begegnungen mit dem Format hatte ich in Raum Hannover, wo 250 Karten gezockt wurden und das Spiel mit seinen tausend Einschränkungen, wie keinen Direktschaden auf Spieler, kein Armageddon und ähnliche Regelungen, mehr Frust als Lust an diesem Format weckten. Denn meiner Ansicht nach klammern solche Regelungen schon mal zu viele Decks aus und irgendwie geht dadurch der Competition-Faktor etwas verloren, der für mich als Spieler sehr wichtig ist. Sich zu messen und sein Deck so zu konstruieren, dass sämtliche Sachen gehandeled werden müssen bzw. mit seinem Build dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken, ist ein Muss.

Die nächste ernsthafte Erfahrung mit einem Highlander Format war im Zuge eines Auenland Invitationals. Auf diesem Turnier habe ich das erste Mal mein geliebtes U/W/R Highlander noch als T2-Highlander gespielt, woraus sich dann im Laufe der Zeit auch eines meiner jetzigen Decks entwickelte. Mit der Entscheidung aus diesem Deck nen 1.5er zu bauen, begann eine neue/alte Erfahrung, nämlich in sämtlichen Edition zu stöbern, Ordner zu wälzen und zu schauen was man denn überhaupt alles spielen kann. Die Entscheidung überhaupt zum 1.5er Format zu wechseln lag daran, dass es schon eine kleine aber feine Spieler-Gruppe, im Raum Dortmund, rund um dieses Format gab und gibt und endlich wieder die unendlichen Weiten der Kombinationen der verschiedenen Editionen ausschöpfen zu können.

Leichtgläubig wie man ist, denkt man ja dass in so ein Highlander-Deck erstmal alles reinpasst, was für andere Formate knapp zu schlecht ist. Also erstmal gefreut, dass man mal ne Funktion für die Serras, Air Elemental, Time Elemental und ähnliche Karten gefunden hat und mit Freude, das Deck gespielt. Nicht all zu lange währte die Freude über das neue Vergnügen mit diesen Tieren im Deck, denn der Competition-Faktor rief natürlich auch die Feinde solcher Karten auf der gegnerischen Seite auf den Tisch – Treachery, Control-Magic, Removal in sämtlichen Varianten, Flametongue Kavu, bessere Kreaturen, Exclude und etliches mehr…. Somit musste man sich nach anderen Dingen umschauen und da diese oft nicht mehr im eigenen Besitz war bekam auch das Tauschen wieder einen neuen Reiz.

Wenn man seine Highlander-Decks im Hinterkopf hat, schaut man doch einen Tauschordner mit einem ganz anderen Blick durch. Während der Tauschpartner in bester Rifle-Shuffle-Manier den Ordner durchpflügt, um die aktuellen Power-Karten zu erhaschen, muss man selber doch die eine oder andere vergessene Karte nochmals lesen und nicht selten entwickeln sich dabei wieder neue Ideen. Auch dass man einen Großteil der Karten mittlerweile relativ günstig erstehen kann (natürlich nicht alles, es gibt auch die Karten die den so genannten Kiddie und Casual Faktor in sich tragen und somit nie wirklich günstig werden) macht das Format attraktiv.

Vor allem der Spielspass der beim Highlandern aufkommt ist für mich eine willkommene Ergänzung zu den bekannten Mechaniken aus den gängigen Formaten, die einem wieder ein wenig an die guten Casual-Zeiten erinnert. Temporal Spring mit Radiate wird es wohl nur in diesem Format geben, auch wenn nur in einem noch nicht ganz so ausgereiztem Deck. Man wird feststellen, bzw. auch ich musste feststellen, dass der Deckbau in diesem Format gar nicht so einfach ist. Halbherzig ausgewählte Karten die man als durchaus spielbar erachtete (siehe obige Beispiele) waren nach einigen Testspielen die größten Katastrophen und mussten dringend ausgetauscht werden; wie sagt man so schön: Die machen gar nix! Ohne die Diskussion über 60 oder 100 Karten Decks erneut entfachen zu wollen, möchte ich aber trotzdem betonen, dass 100 Karten für mich die genau richtige Anzahl von Karten im Deck ist. Da die Draws nicht so random, wie oft behauptet, sind und die Langlebigkeit des Spielspasses mit ein und dem gleichen Deck doch wesentlich höher ist, als zum Beispiel mit einem Standard Standard-Deck.

Die besonderen Situationen die in diesem Format entstehen sind ein Erlebnis für sich, das soll nicht heißen das es an der Regel ist das total abstruse Situationen entstehen und alles super zufällig ist. Das Beispiel mit dem Temporal Spring und Radiate aus einem Domain Deck ist nur eine kleine Besonderheit, eine andere lustige Situation war wie folgt: Ich spiele ein dreifarbiges Reanimator gegen ein 5c-Control Deck. Irgendwie schaffe ich es, relativ früh einen Elvish Piper auf den Tisch zu bekommen, aber mein Gegner kann diesen mittels Terminate entsorgen. In der nächsten Runde schaffe ich es den Piper mittels Reanimate wieder an die Oberfläche zu befördern. Da verweilt er aber nicht lange, sondern wird per Incinerate gegrillt. Noch einmal gelingt es mir ihn mittels Zombify auszubuddeln. Ich gebe meinen Zug ab und mein Gegner lacht sich
schon kaputt als er seine nächste Karte zieht. Was ist passiert? Er spielt ne Treachery auf den Piper, gefolgt von einem Isochron Scepter bestückt mit einem Eladamri's Call! Das mir dann binnen kürzester Zeit sämtliche Monster wie Palinchron und Konsorten um die Ohren kreisen brauch ich wohl nicht weiter zu erzählen.

Ne andere Geschichte ist die, dass mit einem MBC-Highlander gezockt wurde und ein Mindslaver aktiviert wurde (vom MBC-Spieler). Er findet auf der Hand des Gegners ne Bribery und denkt nen Moment nach. Dann fällt ihm ein das sich ja in seinem Deck ne Phage befindet. Voila, Gegner defeated! Ja an solche Geschichten erinnert man sich doch immer wieder gerne.

Die Deckvielfalt hat, begünstigt dadurch, dass sich immer mehr Leute mit diesem Format anfreunden können und es entsprechend viele Deckideen gibt, doch schon eine beträchtliche Fülle angenommen. Beatdown-Varianten, Control-Varianten, Landdestruction, Handdestruction, Enchantress, Affinty, Reanimator und und und, haben mittlerweile ihren festen Platz im monatlichen Turniergeschehen rund um dieses Format und die entstandene Community. Die von Frank ausgerichteten Turniere sind natürlich der Höhepunkt des Monats, aber auch das abendliche Zusammenhocken und Zocken macht dermaßen viel Spaß, dass andere Formate an solch einem Abend nur selten ausgepackt werden.

Aber wie baut man nun ein 1.5-Highlander-Deck? Eine Patent-Lösung dafür gibt es wohl nicht. Sehr hilfreich ist es, wenn man sich vor dem Build eine Grundstrategie überlegt, sprich: Soll es eine Beatdown-Variante werden, steht eine bestimmte Mechanik im Vordergrund oder doch eher was controllastiges. Die Strategie sollte möglichst durchgängig verfolgt werden, denn bei 100 Karten merkt man relativ deutlich, wenn man eine Karte zieht die aus dem Rahmen fällt und so das Konzept stört und man wahrscheinlich dadurch einen ganzen Turn verliert. Nicht selten wird dadurch ein gesamtes Spiel entschieden. Anzumerken bleibt, dass die beschrieben Situation natürlich auch stark abhängig von dem Powerlevel der anderen Decks, die gespielt werden, ist. In einer Runde wo sich das Format erst neu ausgelotet werden muss, ist das Beschriebene nicht so gravierend, wie dort, wo es sich schon etabliert hat und schon lange Zeit an den Decks gefeilt wurde. Und dieses ist auch der nächste zu beachtende Punkt bei der Deckkonstruktion: Ein Highlander-Deck entwickelt sich mit dem Lauf der Zeit und man wird es nie schaffen ein ausgereiztes Deck auf Anhieb zu bauen. Erst mit dem Spielen zeigen sich die Schwachstellen des Decks und man merkt, was für Karten dem Deck fehlen und welcher Typ von Karten hinzugefügt werden muss (Counter, Burn, Removal, etc.). Man sollte auch nicht versuchen, dass Deck auf eine Kombo aufzubauen, da dass 1.5er Format zu wenige Tutoren hat, um dieses
erfolgreich umsetzen zu können. Kombinationen mit Karten die alleine schon einen hohen Powerlevel haben sollte man vielleicht suchen. Beispiele hierfür sind: Mirari's Wake und Palinchron (unendlich Mana als Kombo und trotzdem sind beide Karten auch so stark genug) oder Landtax und Trade Routes als zweites Beispiel.

Aber ist das Ganze nun Back to the Roots? Wahrscheinlich nein. Irgendwie kommt der Zauber den man früher verspürt hat nie mehr ganz zurück, die Besonderheit der Karten ist doch eher einer Normalität gewichen, jedenfalls bei mir. Highlander 1.5 ist meines Erachtens eins der abwechslungsreichsten Constructed-Formate und fördert den Langzeitspaß am Spiel und auch an den einzelnen Decks. Das eine oder andere Deck mutiert auch schnell zum Lieblingsdeck und man verbringt mit dem Deck noch mehr Zeit und es wird eigentlich trotzdem nie langweilig, weil oft der Austausch von nur wenigen Karten einen so neugierig auf die Performance macht.

Es hat sich in unserem Kreis gezeigt, dass dieses Format es schafft, die unterschiedlichsten Spieler mit den unterschiedlichsten Motivationen an Magic zusammenzuführen und gleichviel Spaß an dem Format zu haben; Leute die Magic schon fast aufgegeben haben, regelmäßige Turnierspieler, Hobbyrundenspieler und auch der eine oder andere Pro. Somit kann ich nur empfehlen sich auf dieses Format einzulassen und seine Spielpartner, wer auch immer das ist, dazu bewegen sich auch nen 1.5er-Highlander zu bauen. Ihr werdet es nicht bereuen!

Wir sehen uns beim monatlichen Highlander-Turnier in Bochum…
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