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Erwachen der Sphinx
von Michael Diezel
19.11.2015

Bei meiner spannenden Quest nach spannenden Decks recherchiere ich gern einmal in der Vergangenheit. Manchmal stößt man dabei auf vergessene Relikte, bei denen man nicht so recht weiß, warum sich eigentlich niemand an sie erinnert. So steht's auch mit folgendem Grand-Prix-Gewinner:

Michael Majors' UR-Control

1 Alhammarret's Archive
1 Monastery Siege
4 Sphinx's Tutelage

1 Dig Through Time
2 Send to Sleep
2 Roast
2 Whelming Wave
4 Anger of the Gods
4 Magmatic Insight
4 Tormenting Voice
4 Treasure Cruise

4 Jace, Vryn's Prodigy
(Jace, Telepath Unbound)


1 Bloodstained Mire
1 Flooded Strand
4 Island
4 Radiant Fountain
4 Shivan Reef
4 Swiftwater Cliffs
4 Temple of Epiphany
5 Mountain

Sideboard:

1 Seismic Rupture
1 Encase in Ice
1 Disperse
4 Fiery Impulse
3 Annul
4 Negate
1 Whelming Wave


Zugegeben, damals hatte man auch nicht verstanden, wie genau dieser scheinbare Haufen überhaupt ein Turnier gewinnen konnte – und dann auch noch eins mit vierstelliger Teilnehmerzahl. Aber der Autorität dieser Zahlen muss man sich für den Moment beugen. Alles, was heutzutage einen GP gewinnt, kann nicht völlig furchtbar sein.

Prinzipiell macht das Deck nichts anderes, als eine Weile zu überleben, und zwar so lange, bis Sphinx's Tutelage den Gegner totgemühlt hat. Das scheint in der Theorie eine langwierige Angelegenheit zu sein, wenn man aber das Duo roter Kartenzieher – Magmatic Insight und Tormenting Voice – mit der bekanntlich völlig brokenen Treasure Cruise kombiniert und das Ganze in einer Umgebung aus bunten Karten anwendet, kann das in der Praxis auf einmal überraschend schnell zum Ziel führen.


Seit dem Grand Prix San Diego sind inzwischen einige Nächte vergangen und so ging die Rotation auch an diesem Deck nicht spurlos vorüber. Interessanterweise gibt es aber für fast jede auf diese Weise nicht mehr spielbare Karte einen würdigen Ersatz.

Der vielleicht wichtigste Verlust ist Anger of the Gods; Radiant Flames sind im besten Fall gleichwertiger Ersatz.


Ausgehend von drei verschiedenen Farben sind die Unterschiede nicht sonderlich gewaltig. Natürlich ist das Exilieren durchaus relevant, insbesondere gegen Hangarback Walker oder im Duell mit dem Rally the Ancestors, aber nicht entscheidend. Im Gegenzug muss man natürlich am Mana schrauben, da wir plötzlich statt der doppelten Flamme eine dritte Farbe benötigen. Für diese gibt es drei Möglichkeiten:

1)

Random Splash, ausschließlich für die Konvergenz der Flammen. Welche Farbe man dafür wählt, ist hauptsächlich abhängig von der Manabasis, da ich mich aber nicht für diese Variante entschieden habe, kann ich euch da keine Details liefern.

2)

Schwarz – Die dunkle Seite der Macht bietet uns Languish, Crux of Fate sowie jede Menge interessante Sideboard-Karten.

3)

Weiß – Die gute Seite der Macht liefert End Hostilities, Ojutai's Command sowie jede Menge interessante Sideboard-Karten.

Ihr seht, die zweite und dritte Option sehen sich sehr ähnlich, da sie jeweils einen soliden Ersatz für Whelming Wave liefern. Dass man überhaupt auf die Idee kommt, sich für eine dritte Farbe zu öffnen, liegt natürlich an all den großartigen Doppelländern, die das Format so hergibt.

Für welche Variante man sich jetzt schlussendlich entscheidet, macht meines Erachtens keinen gewaltigen Unterschied. Prinzipiell gilt, dass Weiß dank des zusätzlichen Lifegains sicher etwas besser gegen aggressive Decks aussieht, während die schwarzen Karten mehr Disruption mitbringen. Das spricht für mich für Weiß, denn letztendlich ist es ja mittlerweile so, dass dort, wo eine dritte Farbe mitmachen darf, auch die vierte oft nicht allzu weit entfernt ist. Die Bonuslebenspunkte der weißen Karten machen das zusätzlich erträglich, sodass man auch in diesem hochdefensiven Deck gefühlt 42 Fetchlands spielen kann. Das wiederum freut natürlich unsere Delvekarten.


Wenn man einmal diesen Entschluss gefasst hat, schafft es noch Ojutai's Command ins Deck. Das Command ist einfach eine ziemlich leckere Karte. Erst recht in diesem Deck. Zunächst macht es all die Sachen, die man so kennt: Kreaturen neutralisieren, Karten ziehen und Jace zurück ins Spiel bringen. Da man mit Sphinx's Tutelage zusätzlich eine gewisse Bedrohung schon ab Zug 3 wirken kann, hat der Gegner sehr oft auch nicht mehr die Möglichkeit, sich gemütlich zurückzulehnen und Ojutai's Command dadurch zu umspielen.

Ein weiterer Bonus liegt in Tormenting Voice. Wir alle wissen um die Synergie von Jace plus Command in vielerlei Hinsicht. Tormenting Voice übernimmt einen wichtigen Punkt (Abwerfen einer billigen Kreatur) und kombiniert das mindestens genauso gut. Der Fokus auf das Command erlaubt uns dann auch, unsere Defensivoptionen ein wenig zu ändern und statt des gefürchteten Send to Sleep einfach Arashin Cleric auszupacken, weil das mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens genauso viele Schadenspunkte verhindert.


Eine andere Karte, auf die ich nicht verzichten möchte, ist Dispel. Wenn man sich die wichtigsten Decks des Formats so anschaut, haben sie nämlich allesamt irgendwelche brutalen Spontanzauber.

Abzan: Dromoka's Command
Jeskai: Random Kontermagie
Esper: Random Kontermagie
Rally: Rally the Ancestors (und Collected Company)
Rote Karten: Become Immense, Atarka's Command und Temur Battle Rage

Während sich das Deck selbst sehr gern austappt und deswegen im Original auch genau null Neutralisierungszauber enthält, ist Dispel ausreichend billig, um eine Ausnahme machen zu können. Dank der diversen Loot-Effekte können wir auch davon ausgehen, dass wir mit zwei Exemplaren zumindest meistens eins haben, wenn es darauf ankommt.

Die Slots im Deck, die wir dadurch benötigen, sind zahlreicher als die, welche wir durch die Rotation auf natürlichem Weg gewinnen. Das bedeutet, wir müssen zusätzliche Karten rauswerfen und das ist nicht ganz einfach. Es bedeutet gleichzeitig, dass ich mir durchaus Umstände vorstellen kann, in denen quasi jede der genannten Karten einen Platz im Deck erhält.


Als Erstes eliminieren wir Alhammarret's Archive und Monastery Siege. Beide stellen keine unbedingt benötigten Karten dar, funktionieren aber sehr schön, wenn es gut läuft. Monastery Siege besitzt darüber hinaus potenzielle defensive Qualitäten, die aber in der Praxis meist nur gegen ebenjene Branddecks zum Zuge kommen, die wir mit Ojutai's Command plus Arashin Cleric schon gut abgedeckt haben. Ansonsten sind sie mir einfach zu gierig.

Den direkten Tausch von Send to Sleep zu Arashin Cleric habe ich ein paar Absätze weiter oben bereits begründet. Zusammengefasst sind beides Tempokarten, wobei Send to Sleep natürlich mehr Schaden verhindert als der Cleric. Für diesen spricht jedoch nicht nur die Synergie mit Ojutai's Command, sondern zudem eine etwas breitere Anwendung. Send to Sleep benötigt halt möglichst Spell Mastery und dann zwei dicke feindliche Kreaturen. Arashin Cleric hilft auch gegen Karten wie Wild Slash ins Gesicht. Zugegeben, Brand ist gerade nicht unbedingt dominant, aber in der Praxis gefiel mir der kleine Mann trotzdem besser.


Die letzte und schwierigste Kürzung war schließlich Roast. Wie wir gleich beim Sideboard merken, erlaubt uns die Inklusion von Weiß (und Schwarz) Zugriff auf effektiveres Removal, etwa Valorous Stance oder Murderous Cut. Erneut ziehe ich jedoch Ojutai's Command zur Begründung heran, das aufgrund des Kartentextes besonders gegen dicke (und damit teure Männer) gut aufgestellt ist. Das Ganze ist natürlich nicht ganz ungefährlich, da man so beispielsweise in einen Start aus Anafenza, the Foremost und Siege Rhino laufen kann, den man on the draw nur mit Mühe beantworten kann. Sollte das in eurer Umgebung häufig auftreten, empfehle ich doch noch das eine oder andere harte Removal auszupacken, damit ihr nicht zwangsweise End Hostilities in Zug 5 spielen müsst. Das klappt mit den zwei Exemplaren nämlich nicht jedes Spiel. Ansonsten findet sich das Removal für die Klöpse im Sideboard.

Die Manabasis ist inzwischen ja eine eigene Wissenschaft – und wurde von mir einfach geklaut. Sie funktioniert auch erschreckend gut (wir sprechen immerhin von dreieinhalb Farben) –, aber das sollte uns inzwischen ja kaum noch überraschen. Ein Vorteil im Vergleich zum Originaldeck ist hier die höhere Fokussierung auf Fetchlands, was den Delvekarten nicht unbedingt unangenehm ist. Die fertige Liste:


4 Treasure Cruise
4 Tormenting Voice
4 Magmatic Insight
4 Radiant Flames
2 Ojutai's Command
2 End Hostilities
2 Dispel
1 Dig Through Time
1 Murderous Cut

4 Mystic Monastery
4 Battlefield Forge
2 Flooded Strand
2 Island
2 Plains
2 Mountain
1 Prairie Stream
1 Sunken Hollow
1 Smoldering Marsh
3 Bloodstained Mire
4 Polluted Delta


4 Sphinx's Tutelage

4 Jace, Vryn's Prodigy
(Jace, Telepath Unbound)
2 Arashin Cleric

Sideboard:

2 Arashin Cleric
1 Dispel
4 Fiery Impulse
2 Negate
1 Virulent Plague
2 Disdainful Stroke
2 Valorous Stance
1 Narset Transcendent


Im Sideboard verzichten wir diesmal auf Überraschungen. Surge of Righteousness würde ich gern noch unterbringen, aber mir fehlt ein wenig der Platz. Theoretisch böte sich das Deck auch für ein Morph-Sideboard an. Das würde eine Menge cooler Kreaturen bedeuten, wahrscheinlich also der eine oder andere Drachenlord, Tasigur beziehungsweise sogar Gideon oder so. Mein persönlicher Favorit ist ja Noyan Dar, Roil Shaper, bei dessen Inklusion man aber auch End Hostilities mit Planar Outburst ersetzen müsste. Bis dahin ist übrigens die Gefahr, ein gegnerisches animiertes Land nicht zu erwischen, größer als der potenzielle Zugewinn durch das Awaken von Planar Outburst. Dass ich auf den Kreaturenplan für den Moment verzichte, verdanken wir hauptsächlich Jace. Dessen absurde Stärke sorgt dafür, dass sehr viele Gegner zumindest etwas Removal auch nach dem Boarden noch im Deck haben, was wiederum zu sehr unschönen Szenen mit dickeren Kreaturen führen kann.

Ein weiteres, hier nur bedingt angegangenes Problem kann Gideon, Ally of Zendikar sein. Dessen einzigartige Kombination aus Being Planeswalker und Schlagen für fünf lässt sich mit dieser Konfiguration nicht so ohne Weiteres beantworten. Witzigerweise ist eine der effektivsten Lösungen – zumindest für eine gewisse Zeit – dieser Jace, mit dem man blockt und den man dann zum Planeswalker dreht.

An den letzten Zeilen merkt ihr aber bestimmt, dass ich völlig überraschend noch nicht behaupten will, die optimale Konfiguration gefunden zu haben. Umso bemerkenswerter ist die Performance schon in diesem Zustand. Die kann sich nämlich durchaus sehen lassen. Esper zum Beispiel ist offensichtlich eins der besseren Matchups, aber auch gegen alle anderen Decks kann man durchaus mithalten. Ein Nachteil mit beachtlichem Frustpotenzial liegt jedoch in der Abhängigkeit von Sphinx's Tutelage. Ich hatte zum Beispiel schon Spiele, wo sich drei der vier Exemplare in den letzten acht Karten der Bibliothek versteckten und ich dann den Decktod starb, bevor der Gegner keine Karten mehr ziehen konnte. Auch die Grindstone-Referenz der Tutelage schwankt in ihrer Spielstärke so extrem, dass Wohl und Wehe an ihr hängen können.

Alle, denen das nichts ausmacht, werden mit dem Deck viel Freude haben. Es ist vielleicht nicht das stärkste aller Zeiten, aber auf jeden Fall gut genug, um nicht völlig in Vergessenheit zu geraten. Aber nach heute kann es das ja auch gar nicht mehr, oder?

Bis zum nächsten Mal, eine schöne Woche!
Der MiDi




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