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Schnell, billig und außer Kontrolle
von Michael Diezel
27.08.2015

Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen und somit auch die Ära des Theros-Blocks. Höchste Zeit also, noch einmal dessen Hauptmechaniken zu pilotieren, bevor wir sie in den Ruhestand schicken! Damit ihr euch dafür aber nicht noch blöderweise die ganzen teuren Sachen besorgen müsst, um sie dann in wenigen Wochen wieder billig zu verkaufen, habe ich mir Mühe gegeben, den materiellen Aufwand zu begrenzen. Das ist mir auch gelungen, abgesehen von Mana Confluence kostet der Rest ungefähr so viel wie ein Kinobesuch mit der Freundin, wenn man noch etwas Popcorn mitnimmt.

Das ist ja schon einmal ganz hübsch, aber wie ihr wisst, bin ich kein Freund von Decks, die aus Budgetgründen mehr oder weniger eindeutig schlechter sind als vergleichbare Konstrukte mit teureren Karten. Damit man das vermeidet, sollte man zunächst die Anzahl der Farben nicht übertreiben, da Standardländer im Normalfall günstiger sind als die raren Alternativen. Offensichtlich bevorzugen wir weiterhin Fremdfarbkombinationen, da die Apokalypse-Länder spürbar einfacher zu bekommen sind als die Fetchlands – immer vorausgesetzt, wir spielen überhaupt mehr als eine Farbe. (Tun wir natürlich, sonst würde ich nicht so darauf herumreiten.)


Ideengeber war zum einen das von mir intensiv getestete Magic Duels Origins. Eine der stärksten Karten in dessen Pool ist nämlich diese Common hier:


Heliod's Pilgrim findet in Duels normalerweise Highlights wie Nimbus Wings oder Knightly Valor sowie die gute Inferno Fist. Letzteres gefiel mir am besten und so wollte ich das auch im Standard probieren. Irgendwann suchte ich dann weitere Auren, die herausgesucht werden könnten, und landete recht schnell bei dieser:


Chained to the Rocks ist vom Potenzial her natürlich gigantisch. Das gründliche Removal für nur ein weißes Mana ist nahezu legacytauglich und sollte entsprechend auch für Standard gut genug sein. Das Problem ist jedoch, dass man für die Ketten ziemlich viele Zugeständnisse ans Deckdesign machen muss, um sie tatsächlich so zuverlässig wirken zu können, wie man das in der Theorie möchte.

So braucht man in erster Linie jede Menge Gebirgsländer, weswegen man sie eigentlich auch nur in ziemlich roten Decks gesehen hat. Gegen ein solches spricht natürlich erst einmal nichts, zumal Inferno Fist uns sowieso in diese Richtung gedrängt hat und die dann automatisch inkludierte Battlefield Forge zu den bezahlbarsten Doppelländern des Formats gehört.


Ein solches weiß-rotes Deck gehört natürlich dann eher in den Bereich der aggressiven Konstrukte und für ein solches habe ich dann genau die richtige Karte gefunden, mit der ich schon lange ein Deck bauen wollte:


Auch Helm of the Gods kann eine völlig bescheuerte Magic-Karte sein, die für sehr geringe Kosten verschiebbare Boni bietet, die in zweistellige Bereiche hineingehen können. Auf der anderen Seite macht er dann wiederum manchmal wenig bis gar nichts, sodass es unsere Aufgabe sein muss, die positiven Fällen zur Regel und die schlechten zur Ausnahme zu machen. Damit das funktioniert, benötigt unser Deck zunächst eine offensive Grundausrichtung, die ich ja gerade schon festgestellt habe, und weiterhin jede Menge Verzauberungen.

Zum Glück ist Theros ja auch irgendwo der Verzauberungsblock und dies merkt man besonders bei Bestow, was perfekt in das skizzierte Gesamtkonzept passt. Bestowkreaturen gibt es gerade in Rot und Weiß auch für wenig Mana. Sie sind dann ein wenig schlechter als die optimalen Einzelkarten des jeweiligen Manabereiches, allerdings nicht in einem Maße, dass man sich schämen muss, sie auszupacken. Gleichzeitig sind sie halt auch immer potenzielle Auren und somit überaus flexibel und selbst im späteren Spiel noch solide Topdecks.

Sicher dabei sind deswegen diese drei:




Rollicker und das Eidolon sind die mäßigen 1-Drops, die entweder durch überaus bezahlbare Bestowkosten beziehungsweise Lifelink überzeugen. Der Hund hingegen war schon immer an der Grenze zur Spielbarkeit, auch in weniger fokussierten Decks. Aufgefüllt wird noch mit Nyxborn Shieldmate, hauptsächlich aus Mangel an Alternativen.

An dieser Stelle wirkt das Ganze dann ein wenig so, als müsste man den Helm der Götter jedes Spiel ziehen, um den Aufwand zu rechtfertigen. Und tatsächlich wird das Deck auch spürbar besser, wenn man das Equipment ein wenig benutzen kann. Insofern wäre es sicherlich günstig, wenn man mehr als die erlaubten vier Kopien spielen dürfte. Eine Option dahingehend wäre der neue Relic Seeker – der fairste Stoneforge Mystic aller Zeiten, wie ich ihn gern nenne. Fair ist dabei als nette Umschreibung von „scheiße“ zu lesen und ihr könnt euch das „nett“ in diesem Satz selbst übersetzen.


Statt also neue rare Karten einzubauen, greifen wir lieber zu alten, die einen vergleichbaren Effekt zu Helm of the Gods mitbringen:


Im Gegensatz zum Helm macht das sogar etwas, wenn man ansonsten keine Kreaturen auf dem Schlachtfeld hat. Aufgefüllt wird das Deck dann mit dem Viererpack Dragon Mantle, der für billigste Kosten (ein Mana, keine Karte) sämtliche Synergien bedient und manchmal selbst ohne ebendiese etwas macht.

Ich habe dann noch überlegt, welche Auren man vielleicht darüber hinaus spielen will, um der Pilgerin etwas mehr zu tun zu geben. Das ist ja immer ganz hübsch, wenn man so eine Toolbox hat, die für verschiedene Szenarien die richtigen Antworten bereithält. In der Praxis hieß die Antwort in bestimmt 80% aller Fälle jedoch einfach Chained to the Rocks. Das harte 1-Mana-Removal ist halt nicht so schlecht. Falls dies nicht der Fall war, spielte man fast immer gegen Kontrolle und da wird es nicht viel besser als Dragon Mantle. So ein Cantrip ist halt weniger schmerzhaft gegen das Removal, wenn man sich dieses nicht in Reaktion fängt – was man sehr oft vermeiden kann.

Eine zusätzliche Aura gibt es dann aber doch und sie gewinnt manche Spiele im Alleingang:


Das ist so eine Karte nach meinem Geschmack: Macht entweder gar nichts oder alles auf einmal. Magic, manchmal so einfach … Aber es geht ja hier nicht um meine Vorlieben, sondern darum, ein möglichst kompetitives Deck für wenig Euros zu bauen.

Dafür müssen wir natürlich noch ein wenig auf die Manabasis blicken. Im Prinzip sieht diese ja bei jedem zweifarbigen Deck der vergangenen Wochen so aus: vier passende Tempel sowie vier Fetch-/Painlands. Hinzu kommen je nach Ausrichtung noch weitere Spielereien, etwa weitere Tempel nur für den Scry oder Urborg, Tomb of Yawgmoth oder Mana Confluence. Letztere sieht man logischerweise eher in Aggrodecks, und da wir ein solches ja selbst ins Feld führen, kommen wir auch nicht wirklich an dem Ding vorbei. Meine Ausrede dafür beschäftigt sich mit der Moderntauglichkeit der Karte, die sicherstellen sollte, dass ihr Wert nach der Rotation nicht völlig einbricht. Zur allergrößten Not geht es bestimmt auch ohne, aber dann muss man sich noch stärker selbst die Daumen drücken als ohnehin schon.

Des Weiteren verwenden wir wie angekündigt vier Battlefield Forges und keinen Temple of Triumph. Warum? Nun, ganz einfach, mehr als vier getappt ins Spiel kommende Länder mag ich in solch offensiven Konstrukten nicht und die Slots übernehmen Evolving Wilds. Diese verweigern zwar den Scry, erhöhen aber unsere virtuelle Anzahl an Gebirgen auf neun, was für meinen Geschmack gerade so ausreicht, um Chained to the Rocks sinnvoll spielen zu können. Da das Deck ansonsten doch eher Weiß als Rot ist, stellt das ein notwendiges Zugeständnis dar.


4 Heliod's Pilgrim
4 Eidolon of Countless Battles
2 Nyxborn Shieldmate
4 Spirit of the Labyrinth
4 Nyxborn Rollicker
4 Mogis's Warhound
4 Hopeful Eidolon

4 Helm of the Gods
4 Dragon Mantle
4 Chained to the Rocks
1 Spectra Ward


3 Mana Confluence
5 Mountain
5 Plains
4 Evolving Wilds
4 Battlefield Forge

Sideboard:

4 Eidolon of the Great Revel
2 Hushwing Gryff
2 Ride Down
4 Magma Spray
1 Burning Anger
2 Ordeal of Heliod


Wie ihr seht, habe ich unauffällig noch viermal Eidolon of the Great Revel ins Sideboard gesteckt, wodurch sich der Wert der Konstruktion mal schnell verdoppelt. Auch hier ist nicht mit einem Werteinbruch zu rechnen, da dieses Eidolon selbigen eben auch größtenteils aus Formaten mit alten Karten bezieht. Zur Not kann man natürlich auch auf das Ding im Sideboard verzichten, wobei es on the play gegen langsamere Gegner schon gute Dienste leistet.

Der Rest ist dann hauptsächlich Removal für kleine (Magma Spray) und große Blocker (Ride Down), wobei gerade Magma Spray durch die Exilierungsklausel auch noch andere Funkionen übernehmen kann. Burning Anger und Ordeal of Heliod stellen dann weitere Optionen für Heliod's Pilgrim dar, die in den entsprechenden Matchups tatsächlich besser sein können als Chained to the Rocks. Hushwing Gryff füllt das Ganze schließlich mehr oder weniger auf, hauptsächlich weil ich es leid war, ständig von Reclamation Sage geärgert zu werden.

Fehlt nur noch die Lösung für Dromoka's Command … wobei man sagen muss, dass dieses weniger verheerend ist, als man denkt. Im Normalfall kann der Gegner nämlich nicht mit einer Kreatur kämpfen und uns eine andere opfern lassen, da das von der Reihenfolge nicht hinhaut. Wir könnten dann einfach den Mann opfern, der kämpfen soll.

Trotzdem muss man feststellen, dass ich mir sicherlich Metagames vorstellen könnte, die für dieses Deck angenehmer zu bespielen wären als das aktuelle. Aber das können wir uns (noch) nicht aussuchen. Witzigerweise gewinnt man trotzdem jede Menge Spiele, gerade vor dem Boarden, da man bei geradlinigem Draw ziemlich fetzige Dinge anstellen kann. Hin und wieder hängt es sich auch einfach auf, aber das passiert einem Deck mit zehn Standardländern dann schon einmal, zumindest wenn es nicht zehn identische sind.


Zur Not könnt ihr ja ansonsten immer noch auf Magic Duels umsteigen. Das kostet immer noch nichts – außer Zeit. Ich selbst bin inzwischen „Meister“, das heißt, Level 40 ist erreicht und höher hinaus scheint es zumindest für den Moment nicht zu gehen. Aktuell spiele ich rot-grüne Monster, wobei allerdings noch Nissa, Pia and Kiran Nalaar und ein Elvish Visionary sowie die (mythisch) raren Klopse fehlen. Gut genug ist es trotzdem, hauptsächlich dank dieser Verzauberung hier:


In einem Metagame, in dem Aggrodecks schwer zu rechtfertigen sind und alle Massremovalspells irgendwie Anforderungen stellen, dauern die Spiele gern ewig lange und da macht Evolutionary Leap unendlichen Kartenvorteil, unter dem man den Gegner irgendwann begräbt. Aus diesem Grund bin ich auch dazu übergegangen, nicht weniger als drei Reclamation Sages und zwei Conclave Naturalists zu spielen – ist ja nicht so, dass man sideboarden könnte. Dadurch gewinnt man dann auch gegen das blau-rote Thopterdeck, das mit Thopter Spy Network daherkommt.

Wirkliche Probleme habe ich eigentlich nur noch mit folgender Karte:


Leider besitze ich sie selbst nicht, sodass ich aktuell nur in der Theorie für GW-Leap/Arrogance als optimales Deck argumentieren kann.

Tue ich hiermit und wünsche euch gleichzeitig viel Spaß mit den letzten Sonnentagen!

Der MiDi




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