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Assault
von Michael Diezel
23.07.2015

Ich erinnere mich noch gut an meine Anfangszeiten, damals, als Maschinen noch mit Dampf betrieben wurden und Computer mit einem Megabyte Arbeitsspeicher auskommen mussten. In diesen Tagen spielten noch echte Männer Magic und echte Männer wussten genau, in ein Deck gehören 20 Länder, 20 Kreaturen und 20 Nichtkreaturensprüche – ungefähr so stand das ja auch im Regelheft.

Nachdem man sich dann jahrelang gewundert hatte, warum man nie genug Länder zog, kam bei einigen die Erleuchtung und seitdem finden sich nur noch in ausgewählten Decks 20 (oder gar weniger) Länder. Stattdessen verwenden wir durchschnittlich vermutlich 24 Länder, wobei besondere Exemplare bis fast 30 hoch gehen. Damit ist man dann wirklich selten screwed, dafür stellt sich natürlich die Frage, wie man das ausgleicht, wenn jede zweite gezogene Karte ein Land ist, während sich die Quote beim Gegner viel niedriger darstellt. Klassischerweise würde man einfach ganz viele Kartenzieher und/oder besonders mächtige Einzelkarten spielen.

Seit Magic Origins gibt es noch eine weitere Erklärung:


Mit dieser kleinen Verzauberung können alle Länder, die man später zieht und dann wirklich nicht mehr braucht, in Shocks umgewandelt werden. Da uns im Standardformat leider kein Life from the Loam zur Verfügung steht und auch Groundskeeper zum letzten Mal in der Ninth Edition gedruckt wurde, müssen wir auf faireren Wegen an zusätzliche Länder kommen. Denn, dass dies notwendig ist, dürfte klar sein, immerhin geben wir mit Molten Vortex eine Karte nur dafür aus, Länder für Mehrwert abwerfen zu dürfen.


Die offensichtlichste Wahl ist ganz klar Nissa's Pilgrimage. Ein Land ins Spiel und ein bis zwei weitere Wälder auf die Hand, das klingt so gut, da muss es doch einen Nachteil geben. Richtig! Wälder! Bäh! Molten Vortex funktioniert offensichtlich besser, wenn man die eine oder andere rote Manaquelle zur Verfügung hat. Was bei Wäldern per Definition nicht gegeben ist. Falls man jetzt aber die eine oder andere Pilgerreise antreten möchte, müssen halt auch erst einmal einige Wälder im Deck sein. Insbesondere, wenn Nissa, Vastwood Seer zu ihrer eigenen Pilgerreise auch noch höchstselbst antritt.

Wir sprechen hier von einer mindestens zweistelligen Anzahl an Wäldern. Das wiederum sorgt natürlich dafür, dass wir bei den anderen Manaquellen durchaus kreativ sein müssen, um jede Menge rotes Mana zu gewährleisten. Jede Menge rotes und ein wenig blaues. Verrückt? Vermutlich, aber da wir ja von fast 30 (nämlich genau 29) Ländern sprechen, könnte es trotzdem funktionieren:


4 Wooded Foothills
4 Evolving Wilds
1 Island
3 Mountain
11 Forest
4 Temple of Epiphany
2 Shivan Reef


Das sind 19 grüne, 17 rote und immerhin elf blaue Quellen. Das bedeutet, Blau sollte besser ein Splash bleiben, mehr haben wir aber auch gar nicht vor. Rot hingegen verkraftet durchaus die eine oder andere Karte mit zwei Flammensymbolen oben rechts und man kann auch mal Molten Vortex doppelt oder dreifach verwenden.

Offensichtlich kann man jetzt die Länder nicht nur abwerfen – also, kann man schon, aber sollte man nicht – wodurch man recht schnell zu dem Punkt kommt, dass die Frage nicht lautet, ob man noch teure Sachen spielt, sondern nur noch welche.




Das sind so die Klassiker und an sich spricht auch nicht viel gegen eine Mischung. Nicht viel heißt jedoch nicht unbedingt, dass es gar nichts gibt. So habe ich es in den Testspielen tatsächlich des Öfteren geschafft, mich in Situationen zu manövrieren, aus denen ich nicht mehr so ohne Weiteres herauskam. Klingt seltsam, wenn man an die Einzelkartenpower von Atarka, Hornet Queen und insbesondere Ugin denkt, ist aber so.

Deshalb habe ich nach einer Karte gesucht, die in diesen Momenten auch noch das Ruder herumreißen kann. Fündig geworden bin ich dann im Tauschordner, bei den Gurkenrares, und zwar in Form von Volcanic Vision.


Ein Plague Wind für sieben Mana, das kann so schlecht nicht sein. Natürlich muss man dafür ein wenig arbeiten, genauer gesagt will im Friedhof mindestens eine Karte gefunden werden, die sechs Mana oder so kostet. Normalerweise klingt das nicht unbedingt wie ein hervorragender Plan, so 6-Mana-Spruch in 7-Mana-Spruch, aber wir leben ja in Zeiten von Delve und da sind sechs – oder gar acht – Mana auch nicht mehr das, was sie einmal waren:


Treasure Cruise ist so mein Default, wenn ich nach einer teuren Karte suche, für die ich möglichst wenig bezahlen will. Witzigerweise passt das Ding auch noch ganz exzellent ins Deck, da man den Friedhof doch erstaunlich schnell vollbekommt. Einfach ein paar Länder abgeworfen und fertig. Falls das nicht ausreicht, gibt es Unterstützung vom blauen Magier des Vertrauens: Jace, Vryn's Prodigy.


Jace füllt nicht nur den Friedhof, sondern führt all die unzähligen Länder neuen Aufgaben zu, insbesondere in Situationen, in denen kein Molten Vortex am Start ist – soll ja vorkommen. Eine ganz ähnliche Aufgabe hat übrigens auch folgender Zauber, welches sich leider in der Praxis etwas weniger zauberhaft ausgespielt hat als erhofft:


Dafür gibt es eine ganz einfache Erklärung: Sobald man Molten Vortex hat, will man eigentlich keine Länder mehr für andere Aufgaben benutzen. Hat man Molten Vortex nicht, wandelt man natürlich gern überschüssige Länder in nützliche Sprüche um, aber das macht Jace halt viel besser. Insbesondere kann Jace dann auch noch Länder aktiv suchen, falls der Vortex am Start ist. Der große Vorteil von Magmatic Insight, die sehr überschaubaren Manakosten, führen dazu, dass zumindest noch zwei Exemplare im Deck verblieben sind. Zugegeben, ohne Blau würde das mit Sicherheit anders aussehen, aber da wir uns einmal dafür entschieden haben, können wir mit Treasure Cruise und Jace auch die überlegenen Alternativen spielen. Immerhin hilft Magmatic Insight den beiden blauen Karten auch insofern, als dass der Friedhof gefüllt wird.

Bei den weiteren Maindeckkarten wie Courser of Kruphix dürfte es kaum Kommunikationsbedarf geben, ganz anders beim Fehlen bestimmter Karten. Doch hier zunächst einmal die Deckliste:


4 Wooded Foothills
4 Evolving Wilds
1 Island
3 Mountain
11 Forest
4 Temple of Epiphany
2 Shivan Reef

4 Courser of Kruphix
3 Treasure Cruise
4 Nissa's Pilgrimage
4 Molten Vortex
2 Volcanic Vision
1 Ugin, the Spirit Dragon
2 Magmatic Insight
2 Explosive Vegetation


3 Nissa, Vastwood Seer
(Nissa, Sage Animist)
4 Jace, Vryn's Prodigy
(Jace, Telepath Unbound)
2 Hornet Queen

Sideboard:

4 Anger of the Gods
3 Negate
1 Keranos, God of Storms
2 Gaea's Revenge
2 Arbor Colossus
1 Nissa, Worldwaker
2 Roast


Es gibt ein paar Karten, die ich zwischenzeitlich ausprobiert habe und jetzt auch ernstlich vermisse, die es aber aus verschiedenen Gründen nicht in die endgültige Auswahl geschafft haben:

Dazu gehört unbedingt Satyr Wayfinder, der ja sonst nie weit ist, wo der Friedhof gefüllt werden soll. Entsprechend war er auch lange Zeit am Start. Nach diversen Spielen, in denen ich viel zu zeitig keine Standardländer mehr suchen konnte, habe ich dann jedoch angefangen nachzudenken. Als Folge dessen ist dann die Anzahl an Satyr Wayfinder auf immerhin null gesunken.
P
Dragonlord Atarka wäre dann der nächste Kandidat. Eigentlich bedeutet die Karte in einem Angriff und mithilfe des Vortex ja: „Good Game.“ Zuvor heißt es allerdings zu oft „Überleben“ und da hilft olle Atarka halt spürbar weniger als die Hornissenkönigin.
P
Woodland Bellower ist ein weiterer Boomboom, der es fast geschafft hätte. Kann leider keine Nissa finden, sonst wäre ich schon überzeugt. So bleibt es halt beim Courser, was schon nicht so schlecht ist, sowie dem einen Reclamation Sage, den ich zu gern gespielt hätte.
P
Eine weitere, überaus interessante Option ist Day's Undoing. Witzigerweise gefällt mir dabei besonders der Satz mit dem Länder-wieder-ins-Deck-Mischen. Auf der anderen Seite haben wir fast immer mehr Handkarten als der Gegner und eine wenig schöne Antisynergie mit Treasure Cruise gibt's obendrein, sodass ich auf Day's Undoing verzichte. Die Karte ist aber dermaßen gefährlich, dass ich nicht ausschließen möchte, dass es eine bessere Version mit dem Ding gibt. Ich habe sie nur noch nicht gefunden.
P
Die letzte Karte, die ich gern ansprechen würde, ist Master the Way. Das habt ihr nicht kommen sehen, nicht wahr …? Ich habe halt noch einen recht teuren Spruch gesucht, der möglichst effektiv Kreaturen und Planeswalker angeht. Da die eigene Hand fast immer gut gefüllt ist, trifft das auf Master the Way besser zu als auf alle Alternativen.

Kommen wir zum Sideboard. Hier müssen wir zuerst die wirklich schnellen Decks angehen und das bedeutet ganz einfach Ärger:


Einer der großen Vorteile dieser Form der Manarampe (im Vergleich zu Devotiondecks zum Beispiel) liegt darin, dass man eben Anger of the Gods spielen kann, ohne sich selbst zu sehr zu schaden. Die Karte ist und bleibt unendlich gut gegen die wirklich aggressiven Decks des Formats, aber auch die angesprochenen Devotiondecks werden meist ausreichend verzögert, um ins eigene Lategame zu gelangen. Problematisch sind teilweise die zwei Flammen rechts oben, da man den Ärger ja auch möglichst im dritten Zug spielen will, aber da kann man nichts machen. Seismic Rupture als weniger rotlastige Alternative erledigt halt keinen Deathmist Raptor. Immerhin kann ein früher Molten Vortex in diesen Matchups das Spiel ebenfalls schnell erfolgreich beenden.

Das direkte Gegenteil dürfte Negate sein. In den Kontrollmatchups besteht der Plan darin, die Dichte der Bedrohungen zu erhöhen, während die ganzen Landsucher Kartenvorteil machen und dieser dank Molten Vortex auch direkt an den Gegner weitergegeben wird. Zu den zusätzlichen Bedrohungen zählen Gaea's Revenge, Nissa und Keranos, womit der Gegner einfach auf verschiedenen Ebenen angegriffen wird. Negate braucht man dann, um im entscheidenden Moment dazwischenfunken zu können, was auch ganz gut funktionieren sollte, da man dank der Rampsprüche im Normalfall mehr Länder im Spiel hat.


Der gute Arbor Colossus ist dann wiederum der Endgegner für sämtliche Drachen, mit denen man ansonsten wirklich zu kämpfen hat. Roast wiederum hat als Aufgabe, ein wenig Zeit gegen Midrange Strategien zu erkaufen. Mehr braucht man da im Normalfall nicht.

Somit habe ich gierigerweise genau keine Antwort auf Verzauberungen (und Artefakte) in meinen 75 Karten. Ob man das wirklich so machen kann, wird das Metagame der kommenden Wochen zeigen. Gegen das Nebeldeck etwa will man ja wirklich nie verlieren

Fehlen nur noch meine guten Ratschläge zum Spielen:

Acht Länder, mehr braucht man im Normalfall nicht. Da wir das Deck darauf ausgerichtet haben, möglichst viel mit Ländern anzustellen, die nicht im Spiel sind, sollten es auch nur im Ausnahmefall mehr werden. Das führt dann nicht selten zu unintuitiven Plays, etwa kein Land von der Bibliothek zu spielen, obwohl man doch diesen Courser kontrolliert, oder Explosive Vegetation nicht zu spielen, um mehr Länder in Molten Vortex stecken zu können.
P
Diese acht Länder sollten im Idealfall möglichst zahlreich rotes Mana produzieren können. Ein blaues Mana reicht fast immer aus und die drei grünen für Hornet Queen kommen sowieso. Falls man also die Wahl hat, ist es nahezu immer richtig, das Gebirge zu suchen/legen.
P
Es gibt ein paar ganz witzige Situationen mit den Flip-Planeswalkern. Nissa beispielsweise interagiert gut mit den Rampsprüchen, aber auch so ein Fetchland kann ganz witzige Sachen machen, etwa den Instantflip. Den wiederum schafft Jace sowieso fast immer.
P
Eine der besseren Karten gegen das Deck ist Dromoka's Command. Allerdings ist es oft nicht so gut, wie man denkt. Kontrolliert man nämlich Courser und Molten Vortex bekommt der Gegner nicht beide weg, egal wie sehr er den Kampf auch sucht. Die Begründung liegt darin, dass man den Spruch von oben nach unten abhandelt. Courser wird also geopfert und niemand kämpft mehr.

Wenn ihr all das beherzigt, dürftet ihr viel Freude an diesem Deck haben, von dessen Potential ich ebenso überzeugt bin wie von der Sicherheit, noch lange nicht die optimale Version gefunden zu haben. Aber ich denke, auch da konnte ich ein paar Anregungen geben.

Möglicherweise heißt die Patentlösung aber auch einfach „warten“ und zwar auf den Herbst. Dort werden nicht nur die Außentemperaturen erträglicher, sondern auch das Standardformat ein anderes. Abgesehen vom zugegeben wichtigen Courser of Kruphix verliert das Deck nämlich kaum eine Karte, sodass man es auch für die Rotation im Hinterkopf behalten sollte, falls es jetzt noch nicht ganz gut genug ist.

Der MiDi




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