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Blue Blood
von Michael Diezel
02.10.2014


Wie es meinem Naturell entspricht, versuche ich bei jeder Edition erst einmal das beste rote Deck zu bauen. Neben der Befriedigung niedrigster Bedürfnisse („Ich will brennen!“) hat das den riesengroßen Vorteil, dass selbst suboptimale rote Decks (und seien wir ehrlich, am Anfang sind alle Decks suboptimal) noch ausreichend stark sind, um als Gradmesser für sämtliche weitere Versuche zu dienen. Manchmal findet man dann gar keine oder nur vereinzelte Gegner, sodass plötzlich das rote Deck ein ernsthafter Kandidat für die ersten Turniere wird.

So geschehen in der vergangenen Woche, als ich an folgendem Deck arbeitete:


1 Plains
2 Flooded Strand
4 Mystic Monastery
3 Battlefield Forge
3 Shivan Reef
1 Island
3 Temple of Epiphany
3 Temple of Triumph
4 Mountain

4 Mantis Rider
4 Goblin Rabblemaster
4 Seeker of the Way
2 Ashcloud Phoenix


2 Sarkhan, the Dragonspeaker
4 Jeskai Charm
4 Magma Jet
4 Stoke the Flames
2 Chandra, Pyromaster
4 Lightning Strike
2 Searing Blood


Diejenigen, unter euch, die aufmerksam über den großen Teich schauen, erkennen vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit zu folgendem Deck:


3 Battlefield Forge
2 Flooded Strand
1 Mystic Monastery
3 Shivan Reef
4 Temple of Epiphany
4 Temple of Triumph
2 Island
3 Mountain
2 Plains

2 Banishing Light
2 Dig Through Time
4 Jeskai Charm
4 Lightning Strike
4 Magma Jet
2 Steam Augury
4 Stoke the Flames
1 Chandra, Pyromaster
2 Sarkhan, the Dragonspeaker


4 Goblin Rabblemaster
4 Mantis Rider
3 Seeker of the Way

Sideboard:

2 Ashcloud Phoenix
3 Disdainful Stroke
2 Magma Spray
2 Negate
1 Narset, Enlightened Master
1 Keranos, God of Storms
1 Sarkhan, the Dragonspeaker
2 Anger of the Gods
1 Temple of Enlightenment


Mit dieser Kreation gewann ein gewisser Kevin Jones das erste größere Standardturnier im neuen Format und zeigte mir damit, dass ich auf dem richtigen Weg war. Ich behaupte sogar, dass meine Version nicht die schlechtere ist, aber das wird die Zukunft zeigen.

Ganz offensichtlich ist aber schon jetzt Folgendes:

1)

Branddecks spielen neuerdings nicht nur mit Weiß (Bäh), wie wir das aus den vergangenen Monaten kennen, sondern zusätzlich Blau (Bähbäh), weil man nur so in den Genuss der wenig überraschend superstarken Dreifarbkarten kommt. In unserem Fall Mantis Rider (Chandra's Phoenix) und Jeskai Charm (Boros Charm).

2)

Wenn man einmal auf Punkt 1 gekommen ist (nicht schwer), baut sich das Deck ziemlich von allein, da die besten Kreaturen und die besten Brandsprüche ziemlich einfach zu identifizieren sind: Je viermal Goblin Rabblemaster, Mantis Rider, Magma Jet, Lightning Strike, Jeskai Charm und Stoke the Flames hätte vermutlich jeder hinbekommen.

3)

Alles Weitere sind dann Metagameüberlegungen oder persönliche Einschätzungen. Auf das kongeniale Duo Steam Augury/Dig Through Time bin ich zum Beispiel auch gekommen, habe es aber recht schnell zumindest für dieses Deck wieder verworfen. Steam Augury ist und bleibt eine mäßige Magic-Karte und Dig Through Time ist zwar auffallend besser, leidet aber doch darunter, dass sie Doppelblau kostet und eine ganze Weile nichts macht. Da spiele ich doch lieber gleich mehr Brand. Wie gesagt, muss alles im Detail nicht richtig sein, wichtig ist erst einmal die genannte Basis.

An dieser Stelle wollte ich euch eigentlich erklären, dass dieser Seeker of the Way unendlich gut in einem Deck wie diesem ist und Ashcloud Phoenix eine der sagenhaften Karten, die man sich vielleicht doch schnell noch zulegen sollte, aber irgendwie hat das Wochenende das deutlicher gezeigt, als ich es je hätte formulieren können.


Stattdessen habe ich mich wieder ans Reißbrett begeben, um den Ansatz ein wenig zu ändern. Die erste Idee bestand darin, das Ganze deutlich langsamer zu machen, also quasi zum Kontrolldeck umzumorphen. Dafür habe ich einfach die Rabblemaster und Seeker durch End Hostilities und Anger of the Gods ersetzt und dann noch ein paar Brandsprüche mit Dissolve und der genannten Kombination Steam Augury/Dig Through Time vertauscht. Das Ergebnis war niederschmetternd:

1)

Steam Augury ist und bleibt eine mäßige Magic-Karte …

2)

Fünf Mana sind so viel mehr als vier. Überraschung. Beweisführung liefert End Hostilities.

3)

Dieser Goblin Rabblemaster ist völlig bescheuert; auf ihn zu verzichten, kann ungefähr nie richtig sein.

4)

Mantis Rider ist in einem offensiven Deck viel stärker als in einem defensiven. Das liegt ganz simpel an der veränderten Aufgabe. Im Branddeck ist er der Blitz mit dem Potenzial auf Buyback 0, Defensivaufgaben sind (meist) ziemlich egal. Im Kontrolldeck hingegen soll er zwingend gegnerische Angriffe abwehren können und in Zeiten von Bile Blight, Lightning Strike und Konsorten macht er das erschreckend selten, zumal sich diese Karten oft auf der gegnerischen Hand gesammelt haben, da sich vorher ja kein Ziel angeboten hat. Ach ja, Blitz ins Gesicht ist ungleich beängstigender (für das Gegenüber), wenn daraufhin noch viele weitere Blitze ins Gesicht folgen, was im Branddeck offensichtlich besser funktioniert als bei Kontrolle.

5)

So etwas wie ein Metagame gibt es noch gar nicht, beziehungsweise entwickelt sich dieses gerade erst. Für ein Kontrolldeck ist das eine besondere Herausforderung, da es sich ja auf die Bedrohungen passend einstellen will. Wenn es aber nicht weiß, worin die Bedrohungen liegen, kann das nur schiefgehen. Insbesondere in diesem Format, wo nicht nur die Bedrohungen extrem verschieden sind, sondern auch die Antworten meist ziemlich spürbare Einschränkungen haben.

Zusammenfassend kann man sagen, dass mein Experiment, Jeskai-Kontrolle zu spielen, auf dramatischste Weise gescheitert ist, sodass ich euch eine Deckliste erspare. Das soll nicht heißen, dass es ein entsprechendes Deck nicht geben kann, nur, dass ich es nicht gefunden habe.

Gefunden habe ich dafür viel Freude und zwar in einem Ansatz, der etwas mehr … „combolicious“ ist. Das bedeutet offensichtlich Involvierung folgender Karte:


Jeskai Ascendancy sieht zunächst so harmlos aus. Kommt ins Spiel und macht zunächst...nix. Aber sobald wieder Mana zur Verfügung steht, kann es richtig rund gehen, wie euch unter anderem der Herr van Lunen erklärt.

Das dort vorgestellte Deck übertreibt es für meinen Geschmack mit dem Komboaspekt, zeigt aber schön, welches Potenzial in der Verzauberung steckt. Für uns als brandfreudige Jeskai-Magier ist der Enttappteil dabei weniger interessant als der Pump für all unsere Männer. Um diesen möglichst exzessiv nutzen zu können, benötigen wir zum einen Männer, die wir auf diese Weise stärken können und zum anderen Zaubersprüche, damit die Ascendancy überhaupt ins Rollen kommt. Klingt, als würde sich das ausschließen, doch zum Glück gibt es ja Kreaturenspielsteine:


Das dürften die besten sein, die momentan im Standard herumspringen. Nicht unbedingt Lingering Souls-Format, aber auch nichts, wofür man sich schämen müsste. Triplicate Spirits sind darüber hinaus relativ teuer, wenn man sie nicht über Convoke beschwört. Das wiederum klappt eigentlich nur, wenn vorher schon anderweitig Tokens gebaut wurden, das Deck somit das tut, was es machen soll. Eigentlich mag ich solche Karten ja überhaupt nicht, aber die Dreifachgeister sind dann eben so stark, dass sie zumindest in geringer Stückzahl das obere Ende der Kurve bilden dürfen. Ausschlaggebend hierfür ist übrigens die Synergie von Convoke mit der Ascension, da man bei liegender Verzauberung fröhlich seine Männer tappen kann und sie dann trotzdem für einen Angriff zur Verfügung stehen. Entsprechend ist auch Stoke the Flames in diesem Deck noch alberner als sowieso schon.

Wer aber Stoke sagt, muss auch Rabblemaster sagen können, denn wie sich immer weiter herausstellt, gehört er zu den stärksten Karten des Formats. Insbesondere in offensiven Decks (wie diesem) beziehungsweise in solchen, die etwas mit Spielsteinen anfangen können (wie diesem).

Nun haben wir also ein Deck mit vielen kleinen Männern und Sprüchen, die aggressiv den Gegner totschlagen wollen. Klingt für mich wie der optimale Ort für die neue Fähigkeit „Prowess“. Wie es der Zufall so will, ist diese ausgerechnet in Jeskai beheimatet, sodass wir tatsächlich eine Auswahl vorfinden. Allerdings stechen zwei Kandidaten dermaßen deutlich heraus, dass die Konkurrenz auch schon wieder vorbei ist, bevor sie richtig begonnen hat:


Den Seeker habe ich jetzt ja schon ein paar Mal angesprochen. Sein großes Plus ist die Fähigkeit, auch mal erfolgreich in ein Race zu gehen. Sehr oft hat man nämlich zwischen den Spielsteinen und dem Brand so viel Reichweite, also die Fähigkeit, später sehr zuverlässig Spiele zu gewinnen, dass es für viele Gegnerdecks die beste Strategie ist, einfach gegenzuracen. Dank der bemerkenswert unfairen Karten, die heutzutage so herumlaufen, klappt das teilweise auch erschreckend gut, zumal unsere Manabasis immer für den einen oder anderen Schadenspunkt gut ist. Bei uns selbst, versteht sich. Um dann etwa so ein Siege Rhino im Wettlauf um die Lebenspunkte zu besiegen, braucht es doch ein wenig mehr als gute Hoffnung.

Der Swiftspear hingegen ist eher die offensive Form des Racewinners. Im ersten Zug gelegt gibt er schnell mal vier bis sechs Schadenspunkte Vorsprung, was auch eine Möglichkeit ist, ein knappes Rennen positiv zu gestalten.


Mehr Kreaturen würde ich dann nicht mehr spielen wollen. Brimaz, King of Oreskos zum Beispiel, der ja als Tokenproduzent durchaus inspirierend erscheint, ist mir schlichtweg zu langsam und sitzt darüber hinaus an ungünstiger Stelle in der Manakurve, wo mit Rabblemaster, Hordeling Outburst und den beiden Jeskais (Ascendancy und Charm) schon mehr als genug liegt. Überhaupt wird der Platz langsam knapp, doch bevor ich zu den letzten Slots komme, noch kurz ein paar Lobeshymnen auf Jeskai Charm und Stoke the Flames: Die große Stärke dieser beiden Karten liegt offensichtlich in ihrer Flexibilität. Beide können prinzipiell Kreaturen fast jeder Größe beseitigen, aber eben auch ins Gesicht schießen. Letzteres ist durchaus relevant, da Brand für vier eben doch geschmeidige 20% der Startlebenspunkte ausmacht. Oft genug sogar mehr, da ja ein Großteil der Manabasen das eine oder andere Fetch-/Painland beziehungsweise Mana Confluence verkraften muss. Zwei von diesen Dingern sind dann also gern mal die Hälfte des zu bewältigenden Wegs und damit ein beachtliches Stück Strecke. Anders als im reinen Branddeck bietet Jeskai Charm in dieser Variante darüber hinaus sogar noch einen dritten Modus (theoretisch gibt es den natürlich auch in anderen Decks, praktisch spielt er da keine Rolle). Mit einigen Spielsteinen sind plötzlich sogar mehr als vier Schadenspunkte drin, aber ebenso auch erfolgreiche Kämpfe oder der sehr nützliche Lifelink. Wie wir wissen, ist Flexibilität die allerbeste Fähigkeit auf Magic-Karten, ihr seht also, warum das Deck gut sein muss …

Kommen wir zu den letzten Slots im Deck. Ich habe je zwei an Magma Jet und Purphoros, God of the Forge vergeben. Von Letzterem bin ich bekennender Fan, da er auch ohne Devotion den Gegner auf einer Ebene angreift, die nur schwer zu verteidigen ist, auch wenn Utter End eine recht effektive Antwort bildet. Neben den zwei Schadenspunkten pro Kreatur ist auch seine aktivierte Fähigkeit mehr als nur rudimentär relevant, da sie ebenfalls hervorragend mit Spielsteinen harmoniert.


Magma Jet wiederum ist so unspektakulär wie nur irgendwie möglich, erfüllt aber zahlreiche wichtige Funktionen:

billiges Removal für zeitige Problemkreaturen, Goblin Rabblemaster, Elvish Mystic
Glätten der Manakurve, die doch recht unschön gedellt ist
Scry zum Verbessern der Draws, gerade wichtig bei der gewählten Manabasis
ein weiterer Spontanzauber, um das Maximum aus Jeskai Ascendancy zu ziehen

Apropos Manabasis. So eine ist heutzutage ja schon fast als Kunstwerk zu bezeichnen und extrem schwer richtig hinzubekommen. Meine Überlegungen:

22 Länder, immerhin spielen wir ein Aggrodeck, was nicht mehr als drei oder vier Länder zum Funktionieren benötigt. Ein 23. wäre allerdings auch akzeptabel, da man mit Jeskai Ascendancy ja öfters mal cycelt.
P
Maximal acht getappt ins Spiel kommende Länder, da ich eigentlich immer nur eins davon und zwei enttappte Länder ziehen möchte.
P
Maximal acht Schmerzländer inklusive Mana Confluence, da das Metagame wie angedeutet doch sehr aggressiv unterwegs ist und es da gern mal auf einzelne Schadenspunkte ankommt.

Am Ende sieht das Ganze so aus:

Zwölf blaue, 16 weiße und 18 rote Quellen. Perfekt. Lediglich zwei Fetchlands zu spielen, wirkt zunächst seltsam, da sie doch die besten Doppelländer seit den … Doppelländern sind, aber hier suchen sie letztendlich eben doch „nur“ Standardländer der Splashfarben. Spielte ich mehr, müsste ich auch mehr Ebenen und Inseln und damit nicht-rote Quellen spielen, was sich in einem hauptsächlich roten Deck einfach nicht richtig anfühlt. Ansonsten finde ich die Dreifarbstabilität von Mystic Monastery wichtiger als den Scry weiterer Tempel, auch immer unter Beachtung von Jeskai Ascendancy und – zu einem geringeren Teil – Magma Jet.

Macht also folgendes Deck:


4 Temple of Triumph
4 Mystic Monastery
3 Shivan Reef
3 Battlefield Forge
2 Mana Confluence
2 Flooded Strand
2 Plains
1 Mountain
1 Island

4 Monastery Swiftspear
4 Seeker of the Way
4 Goblin Rabblemaster


4 Hordeling Outburst
4 Stoke the Flames
4 Raise the Alarm
4 Jeskai Charm
4 Jeskai Ascendancy
2 Magma Jet
2 Purphoros, God of the Forge
2 Triplicate Spirits


Anders als in den Vorwochen habe ich hierfür auch Sideboardvorschläge im Angebot, da sich inzwischen doch so etwas wie ein Metagame gebildet hat. Das Feld setzt sich hauptsächlich zusammen aus aggressiven Decks mit Goblin Rabblemaster oder den schwarzen Männern sowie grünen Midrangeboliden.

Negate: Man sollte beachten, dass fast alle Gegner nach dem Boarden mit irgendeinem Massremoval (Anger of the Gods, Drown in Sorrow) aufwarten, sodass ich großer Fan von Negate geworden bin.
P
Magma Spray: Man hat mit wirklich aggressiven Decks erschreckend viele Probleme, insbesondere wenn sie schnelle Kreaturenstarts hinlegen. Magma Spray ver- beziehungsweise behindert diese entscheidend.
P
Arc Lightning: Aus offensichtlichen Gründen will man keinen Anger of the Gods spielen und deshalb muss Arc Lightning herhalten.
P
Ride Down/Suspension Field: Die Antworten für die dicken Männer. Ursprünglich hatte ich auch Reprisal in der engeren Auswahl, das hat sich aber irgendwann verabschiedet, da es Courser of Kruphix einfach nicht beantwortet. Ride Down ist die varianzreichere der beiden Karten, die im Idealfall alles (inklusive Sylvan Caryatid) aus dem Weg räumt, dafür aber eben auch mal auf der Hand verrecken kann. Suspension Field macht die Männer weg, die stören. Der Unterschied von zwei zu drei Mana und damit Banishing Light ist übrigens dermaßen relevant (denkt an die Manakurve des Decks!), dass ich die Verringerung der Flexibilität ausnahmsweise mal in Kauf nehme.
P
Erase ist schließlich das Enchantmentremoval der Wahl. Einfach hochgradig effektiv und es gibt für meinen Geschmack genug störende Verzauberungen im Format, dass ich mir nicht zu schade bin, dafür Slots zu opfern.

Am Ende noch ein bisschen Werbung: Das Deck spielt Brand und Tokens! Wie könnt ihr dem widerstehen …?

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal
Der MiDi




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