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Shir Kahn in Tarkir
von Nico Bohny
12.09.2014

Wir hatten letztens in unserem Spanienurlaub eine Diskussion. Ursprünglich ging's um die Indianer, wie friedlich sie doch waren und dass der böse weiße Mann ihnen alles weggenommen hat. Es war schon spät am Abend nach ordentlich Sangria, während wir etwa zu sechst auf den Sofas fläzten, und da ich in angeheiterter Stimmung war, wünschte ich mir nichts sehnlicher als eine etwas kontroversere Diskussion herbei. Da ließ doch tatsächlich einer, aus heiterem Himmel und ziemlich off-topic, zum Thema Ökosystem in Amerika mit Tatanka, weißem und rotem Mann den despektierlichen Satz fallen: „Wisst ihr, das ist halt mal so. Tiger fressen ja auch immer die langsamsten Tiere!“

Was für eine Steilvorlage, endlich ein Thema, bei dem ich mitreden kann! Aber es ergab einfach plötzlich alles so viel Sinn, es fiel mir wie Schuppen von den Augen – deshalb gibt es im indischen Dschungel schon längst keine Schnecken mehr und keine Regenwürmer und Schnabeltiere – die sind ausgestorben, weil die Tiger alle gefressen haben. Survival of the Fittest und so. Und sieht man im Dschungelbuch je ein langsames Tier? Nein! Nur Shir Kahn, wie er in der Sonne liegt und sich die Krallen leckt.


Tja, wie die Zeit vergeht. Der gute Shir Kahn hatte mittlerweile auch in Theros den letzten Seestern extinktiert, wachte eines Morgens mit vollem Account Bauch auf und merkte, dass all die langsamen Tiere gedraftet verputzt waren. Nur noch Haster da. Da schaute er gen Horizont und beschloss, nach Nordosten zu ziehen. Weg von den Tempeln, der Akropolis und den Amphitheatern, weg vom Meer und hin zu den Wüsten, welche sich Tarkir nannten. Nicht nur Shir Kahn, auch Lieutenant kirTar würde sich hier heimisch fühlen. Und so verharrte Shir Kahn lauernd, um zu sehen, welche Einblicke in seine neue Beute ihm die täglichen Previews auf der neuen Wizards-Website so offenbaren würden.

Wir schreiben Montag, den 9. September, und auf einschlägigen Seiten kann man bereits 117 Karten aus dem verheißenen Land begutachten. Bekannt sind mittlerweile neben fast der Hälfte der Karten des Sets außerdem sämtliche Eigenschaften, welche die Bewohner Tarkirs ihr Keyword nennen dürfen. Welche wir als Erstes mal genau unter die Lupe nehmen wollen. Aus Sicht eines Limitedspielers:


Morph


Ich war sehr skeptisch, als ich von der Rückkehr der Morphs hörte. Die Idee war ja damals schon witzig, aber die ganzen Coinflips zwischen Battering Craghorn und Skirk Commando hatten nach meinem Verständnis nichts mit gutem Magic-Spiel zu tun, ganz zu schweigen von spaßigen und spannenden Limitedpartien. Dennoch, was ich bisher zu Gesicht bekam, gefiel mir durchaus. Eine große Zahl der Morphs, zumindest der kommunen und unkommunen, ist auch in aufgedeckter Form nicht größer als 2/2, was mir schon mal sehr gefällt. Das macht das Blocken in den meisten Fällen etwas angenehmer. Was mir ebenfalls gut gefällt, ist das passive Colorfixing, das uns die Morphs geben.


Khans of Tarkir ist ein Multicolor-Limitedformat und mit Multi meine ich mindestens drei. Vergleichbar mit Shards of Alara, wo man durchaus mal einen aggressiven Zweifärber bauen, aber auch gut mal über die drei Farben hinaus expandieren konnte. Dreifarbige Decks tendieren dazu, wacklige Manabasen zu haben und einem schon mal den allseits verhassten Colorscrew reinzureiben. Morphs wirken dem ein bisschen entgegen, denn die kann man mit beliebigem Mana spielen. Und sie sind nicht einfach vanilla und verlieren im Late Game an Power, so wie etwa ein Bronze Sable, sondern haben eben immer noch den morphologischen Überraschungsfaktor. Morphs selbst geben im Übrigen auch prima Splashs ab. Abzan Guide beispielsweise – wie cool ist denn die Karte bitteschön? Lässt sich locker ab einem Triland oder einem Dual „gratis“ splashen, denn selbst ohne das passende Mana ist es eine furchteinflößende 2/2-Kreatur (furcheinflössend nicht primär wegen der Größe, aber eben wegen X-Factor). In dem Sinne: Gut gemacht, Wizards! Zumindest bis Karte 117.


Outlast


Die irgendwie an Level up erinnernde Fähigkeit des Abzan-Clans (weiß-schwarz-grün), die sich aber einiges anders spielen wird. Das Coole daran ist, dass sie nur als Sorcery eingesetzt werden kann, also nichts mit End-of-Turn-Pump. Das setzt zusätzliches strategisches Denken voraus, da nun neben dem Angreifen und Blocken ein weiterer Modus für Kreaturen freigeschaltet ist, nämlich das Wachsen. Ich finde die Fähigkeit fürs Spiel echt super, wäre in meinen Augen auch etwas, das man zu den Grundfähigkeiten dazunehmen und immer wieder drucken könnte, einfach weil ich denke, dass Outlast eine neue Dimension an taktischer Tiefe ermöglicht.


Prowess


Tja, mit dieser Fähigkeit sehe ich den Jeskai-Clan (blau-rot-weiß) am unteren Ende der Beliebtheitsskala. Anfangs dachte ich, Prowess gäbe einen dauerhaften Bonus in Form von Marken, was auch nicht viel spektakulärer gewesen wäre, aber so ist die Ability echt nicht sehr prickelnd. Cool wäre gewesen, wenn Prowess verschiedene Trigger auslöst, statt immer nur +1/+1, aber es kann eben nicht jeder gewinnen. Und was soll man dazu schon Schlaues sagen? Ja, offensichtlicherweise kombiniert man die Jeskai-Karten tatsächlich mit Spells. Wer hätte das gedacht!


Delve


Mit Delve hat der Sultai-Clan (schwarz-grün-blau) eine spannende, bereits bekannte Fähigkeit erhalten. Delve ist vereinzelt auf Karten aus Future Sight vorgekommen, wohl aber nie in besonderen Synergiedecks ausgenutzt worden. Was sich hier ändern wird. Denn Karten wie Satyr Wayfinder als zuverlässigen Power-Lotus mit Gratisbody zu spielen, wird sicher eine Gaudi sein. Das Allerbeste an den Delvinen wird aber sein, dass sie zu einem zu noch besserem Gefühl beim Fetchlandraredraften verhelfen. Denn Delvine fressen nicht wie Tiger die langsamsten Tiere, sondern sind gefälligst mit Moneyrares zu füttern.


Raid


Mardu (rot-weiß-schwarz) kriegt, wie vorherzusehen war, eine offensive Fähigkeit, welche sich sehen lässt. Der Theorie nach müsste sie sich ähnlich wie Bloodthirst spielen – sie führt aufseiten des Gegners dazu, dass man möglichst oft blocken will. Zwar wird auch trotz des Blocks die Fähigkeit aktiviert, er verhindert aber, dass der Mardu-Spieler gleichzeitig noch einen Combattrick oder Ähnliches sinnvoll anbringen kann. Und oftmals wird man mit Mardu auch einfach chump-attacken wollen, um Raid zu aktivieren, somit sollte man in der Regel einfach mal ins Blinde seinen großen Mann in die kleinen Angreifer stellen. Am spannendsten werden wohl die Situationen sein, in welchen man seine Bombe slammt und dann vom Gegner von ein paar Kleintieren angegriffen wird. Oder möglicherweise auch nur von einem von drei auf dem Spielfeld tummelnden Junioren. Und dann die ganzen Mindtricks, die da folgen!


Ferocious


Naya, da haben wir als Temur-Fähigkeit (grün-blau-rot) also noch was für die Kids. Ziemlich simpel zu spielen, wird zu fiesen Blowouts führen, aber ist im Prinzip einfach eine Win-more-Ability. Wer das große Tier auf dem Spielfeld platzieren kann, ist sowieso schon vorne, egal ob jetzt der 2/2er im Angriff noch einen Bonus hat oder nicht.


Mana


Mal Fähigkeiten beiseitegestellt, wie sieht's denn mit Manafixing aus? Nun, bisher vergleichbar mit Alara. Triländer sind uns erhalten geblieben und werden bestimmt auch weiterhin grandiose First Picks abgeben. Anstelle der Panoramen haben wir nun Refuges mit neuen Namen und deren zehn, also die doppelte Menge verglichen mit den fünf Panoramen. Im Rareslot gibt's dann noch die Fetchlands, welche man prinzipiell einfach mal raredraftet; erst dann schaut man, ob man die gefixten Farben überhaupt im Deck haben will, obwohl die Antwort darauf außer im Aggrodeck wohl meistens ja sein wird. Bleibt zu hoffen, dass Wizards in einer Edition mit derart vielen Ländern und dreifarbigen Karten keine „toten“ Commons drucken, da wir uns sonst plötzlich wieder dem Problem mangelnder Playables gegenübersehen könnten. Aber es gibt ja noch Morphs, um dem entgegenzuwirken, und bisher kennen wir ja auch erst die coolen Karten, nicht die Versager, daher bin ich noch positiv gestimmt.


Standard

Die spannendsten Karten des Sets sind im Übrigen selbst für einen alten Limitedfuchs wie mich die Standardkarten. Und die mit den Affen oder anderen lustigen Tierchen drauf.

Jeskai Ascendancy stellt mir in sich ein Rätsel, welches man nur im Constructed beantworten kann. Man will gleichzeitig viele Spells, aber ebenfalls zahlreiche Tiere. Die Lösung: Spielsteine. Raise the Alarm, Spectral Procession, Lingering Souls funktionieren alle bombastisch mit der Ascendancy. Es wird wieder Zeit, dass Onkel Nico ein paar Tokens ins Feld führt.


Apropos: Da hätten wir auch noch Mardu Ascendancy. Wäre in unserem Theros-Block-Deck mit Launch the Fleet ein absoluter Gewinn gewesen. Dass einen die Zusatzfähigkeit vor den größten Feinden des Weeniedecks – Drown in Sorrow und Anger of the Gods – schützt, passt natürlich perfekt. Vielleicht navigiert eine solche Karte sogar einen Anti-Roten wie mich mal wieder in die Aggroschiene.

Siege Rhino ist eine Karte, mit welcher ich auch unbedingt spielen möchte, und welche sicherlich zusammen mit Sylvan Caryatid und Courser of Kruphix die Basis des neuen Junk-Decks darstellt.


Sidisi, Brood Tyrant ist die kleine Tochter von Grave Titan, mit welcher sicherlich auch ein tolles Selfmill-/Delvedeck entstehen wird.

Shirkahn, the Dragonspeaker finde ich zwar nicht so stark, wie alle meinen, aber der Flavor gefällt mir definitiv. Ich denke, der gute Mann wird weniger Play sehen als seinerzeit Koth of the Hammer.


Bear's Companion sollte gefälligst einen Druid's Familiar mitbringen.

Mantis Rider finde ich flavormäßig ganz interessant. Seit wann eine Mantis fliegen kann, da bin ich mir zwar nicht sicher, aber dass sie nun neuerdings laut Flavortext auch unachtsame Menschen verspeist, ist mir neu. Gerade deshalb sollte man ihr – vom Flavorstandpunkt aus – doch folgende Ability mit auf den Weg geben: „At the beginning of your upkeep, flip a coin. If you lose the flip, sacrifice Mantis Rider and put a 2/4 green Mantis token with reach onto the battlefield.“ Tja, Chance vertan, Wizards! Dennoch, solide Karte, greift gut Xenagos, the Reveler und Kiora, the Crashing Wave an und so weiter.


So, das wären meine ersten Überlegungen zum neuen Set. Mein Fazit: Shir Kahn wird sich wohl fühlen in seiner neuen Heimat. Und wenn er Glück hat, wird er auch mal eine Meandering Towershell erbeuten können …




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