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House of Cards – Episode 1
von Michael Diezel
21.08.2014

Auch wenn in Leipzig gerade die Sonne bei sommerlichen Temperaturen scheint, hat man das Gefühl, der Herbst sei nicht mehr weit. Das ist vielleicht keine gute Nachricht für die Badefreunde unter uns, aber in Hinblick auf unsere geliebten Pappkarten bedeutet dies, die vielleicht schönste Zeit des Jahres bricht an – die Rotation.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich bin nicht zu traurig, bald ein Standardformat ohne Pack Rat, Sphinx's Revelation oder Mutavault angehen zu dürfen. Obwohl von mir aus mit Thoughtseize und Sylvan Caryatid direkt noch zwei weitere Karten hinterhergehen dürften.

Wie auch immer, so kurz vor der Rotation ist auch immer ein guter Zeitpunkt, einen Blick zurück zu werfen. Mich interessieren dabei immer, inwiefern die Prognosen zu Beginn eines Sets tatsächlich eingetreten sind. Dies mache ich aber nicht nur aus purer Schadenfreude, sondern weil gerade die größten Fehleinschätzungen sehr schön deutlich machen, was genau ein Format geprägt hat. Durch dieses Verständnis wiederum kann man hoffentlich eine Menge für zukünftige Umgebungen mitnehmen.

Deshalb habe ich beschlossen, in den nächsten Wochen doch einmal zu schauen, welche hoch gehandelten Karten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnten, und warum. Gleichzeitig lachen wir gemeinsam ein wenig auf meine Kosten beziehungsweise auf die meiner Schreiberkollegen und vielleicht gibt es ja auch die eine oder andere Karte, für die sich in ihren letzten Standardwochen noch ein Deck finden lässt.

Starten wir heute mit der Top 5 der überschätztesten Karten des Core-Sets des vergangenen Jahres – Magic 2014.


5. Predatory Sliver, Galerider Sliver und deren Brüder


(… oder sind das Schwestern?) Mit besseren Versionen sowohl von Winged Sliver als auch Muscle Sliver müsste sich doch endlich wieder ein vernünftiges Remasuri-Deck bauen lassen, oder?

Versuche gab es reichlich, gerade in den vergangenen Wochen, als M15 weitere Vertreter dieses lustigen Völkchens ins Format spülte, darunter einen neuen unzerstörbaren Obersliver (hier ist zum Beispiel meine Version). Trotzdem reichte es meines Erachtens nie zu einem erwähnenswerten Erfolg. Hierfür würde ich besonders zwei Gründe ins Feld führen, die eng miteinander in Verbindung stehen:

1)

Zu wenige vernünftige Remasuris, abgesehen von den hier genannten. Wenn wir ehrlich sind, hat ungefähr jede Farbe genau einen brauchbaren Sliver bekommen. Okay, in Grün gibt es vielleicht noch ein paar mehr und in Blau darf inzwischen Diffusion Sliver mitmachen, aber am Ende trifft es „brauchbar“ eben doch ganz gut, um die Stärke zu erfassen. 1/1 für zwei Mana selbst mit anständiger Fähigkeit, ist heutzutage eben nicht mehr gut genug, sodass man gezwungen ist, extrem die Synergieschiene zu fahren. Das wiederum führt zu jeder Menge Farben und damit (selbst in Zeiten von Sliver Hive und Mana Confluence) zu abenteuerlichen Länderverteilungen und entsprechenden Manaschwierigkeiten.

2)

Zudem sind zwei der wichtigsten Decks des Formats (Schwarz beziehungsweise Schwarz-Weiß und blau-weiße Kontrolle) randvoll mit Removal. In Standardzeiten, in denen gefühlt zwei von drei Decks auf alles schießen, was sich bewegt, kann man nicht davon ausgehen, dass ein Kreaturendeck, das nur dann funktioniert, wenn einige Männer im Spiel überleben, sonderlich erfolgreich ist. Denn, was hat man, wenn man aus dem Start Galerider Sliver, Predatory Sliver, Blur Sliver den Muscle Sliver 3.0 entfernt? Richtig. Gray Ogre und Suntail Hawk.

Hinzu kommt noch, dass am Ende sogar die Decks mit weniger Removal tollere Sachen machen als das eigene. Beispiel grüne Devotion. Lässt man das in Ruhe, bekommt man mit Sicherheit die beeindruckenderen Plays vorgesetzt. Gleichzeitig sind dessen Einzelkarten natürlich stärker, sodass es letztendlich keinen vernünftigen Grund gibt, die Remasuris auszupacken.


4. Encroaching Wastes


Die neueste Wasteland-Inkarnation wurde in Zeiten von Gavony Township und Nephalia Drownyard als würdige Antwort gefeiert. Dass es ganz anders kam, haben diese Ödländer wohl ganz einfach dem Metagame zu verdanken, welches entweder durch Devotion sehr intensive Farbanforderungen in einer Farbe oder eben dann in bunten Decks in mehreren verlangte. Beides lässt nicht sehr viel Spielraum für Manaproduzenten, die nur farblos schaffen, und wenn doch, nahm man eben Mutavault.

Schade eigentlich. Es hätte wohl ein Deck gebraucht, welches es sich leisten kann, neben dem Ändergewölbe noch weitere Utilityländer zu spielen, was aus den genannten Gründen sehr unwahrscheinlich war und ist.


3. Mindsparker


Um einmal Conley Woods zu zitieren: „This card seems like a fantastic card for both sideboards in older formats, and as a main deck threat in Standard.“ Nun, die Idee, das Ding in Modern-Sideboards oder so auszupacken, habe ich auch damals schon für optimistisch gehalten, aber die Standardtauglichkeit wollte ich dem Kollegen nicht sofort absprechen.

Letztendlich ist aber auch Sparky an Überlegungen des Metagames gescheitert:

Rote Decks sind entweder extrem aggressiv und dann ist Mindsparker ganz einfach zu langsam oder auf der Devotion-Mechanik aufgebaut, für die Boros Reckoner eigentlich immer die bessere Wahl darstellt.
P
Die Kuh ist sowieso der bessere rote 3-Drop in allen Fällen, die keine blauen oder weißen Zaubersprüche involvieren.
P
Diese Decks gibt es aber im Metagame quasi gar nicht. Sowohl blaue als auch weiße Kreaturendecks sind überaus offensiv und spielen bestenfalls wenige Zaubersprüche. Ein passendes Kontrolldeck gibt es natürlich und gegen dieses ist Mindsparker auch eine anständige Karte, auf jeden Fall besser als Boros Reckoner, aber eben nicht die unendlich starke Waffe, die man extra aus dem Sideboard holt.

Inzwischen existiert mit Prophetic Flamespeaker ein weiterer direkter Konkurrent, der dieses Duell wohl ebenfalls in den meisten Fällen gewinnen würde und trotzdem aktuell ein guter Kandidat für diese Liste im nächsten Jahr ist.


2. Ogre Battledriver


Ogre Battledriver wurde gern mit Hellrider verglichen, was natürlich völliger Blödsinn ist, da beide Karten etwas grundsätzlich Verschiedenes tun (Hellrider beendet eine Manakurve kleiner Männer, Battledriver startet eine von möglichst dicken Tieren), aber sie kosten halt beide .

Leider ist das, was Hellrider kann, heutzutage sinnvoller als die Tricks unseres Ogers. Die Gründe habe ich alle schon einmal genannt: In einem removallastigen Format ist ein 4-Mana-Mann, der zunächst nichts und später erst etwas mit möglichst vielen weiteren Männern macht, halt keine so gute Idee. Hinzu kommt, dass die möglichst danach gespielten Bedrohungen (siehe etwa Platz 1) ziemlich von Stormbreath Dragon in den Schatten gestellt werden, der eben auch ohne derartige Unterstützung durchaus beeindruckende Sachen macht.


1. Kalonian Hydra


Erinnert ihr euch noch, wie man vor ziemlich genau einem Jahr Haus, Oma und Seele verkaufen musste, um an ein Exemplar dieser Mythic Rare zu gelangen? Inzwischen bekommt man dafür bestenfalls einen Big Döner mit Extrafleisch und selbst das nur, weil sämtliche Küchentischmagier noch immer von den potenziell lächerlichen Dimensionen träumen, in die unsere Hydra hier theoretisch aufsteigen kann. Praktisch wird sie eigentlich immer einfach umgeschossen, bevor sie auch nur einen Angriff schafft, beziehungsweise muss einen Rakdos Cackler oder ein Experiment One blocken, die dann mit Ghor-Clan Rampager vorbeitrampeln.

Doch schon letzte Woche habe ich mich nicht davon entmutigen lassen und einen vorletzten Versuch gestartet, der Hydra zumindest noch zu FNM-Auftritten zu verhelfen. Heute folgt der letzte, inspiriert von unserem Platz 2:


6 Mountain
6 Forest
4 Temple of Abandon
4 Stomping Ground
1 Mana Confluence
2 Mutavault

4 Domri Rade
2 Hammer of Purphoros
4 Courser of Kruphix


4 Elvish Mystic
2 Scavenging Ooze
2 Genesis Hydra
4 Kalonian Hydra
4 Generator Servant
4 Sylvan Caryatid
2 Polukranos, World Eater
1 Ruric Thar, the Unbowed
4 Ogre Battledriver


Wenn man das Deck in einer ernsthaften Umgebung spielt, erkennt man wunderbar, warum weder Ogre Battledriver noch Kalonian Hydra jemals auch nur in der Nähe der vorderen Turniertische gesehen wurden. Ich könnte jetzt versuchen, all das zu beschreiben, aber ich würde mich wiederholen.

Stattdessen weise ich einfach darauf hin, dass auch noch die Mühe einberechnet werden muss, die man sich nur dafür macht, dass die Hydra ansatzweise einen ähnlichen Eindruck macht wie etwa Stormbreath Dragon. Sowohl Hammer of Purphoros als auch dieser Battledriver sind ansonsten nämlich Karten, die ich nicht ansatzweise in dieses Deck stecken würde. Beachtet übrigens, dass ich nichts Negatives über Generator Servant geschrieben habe. Der kleine Kerl hat nämlich durchaus Potenzial, aber im Idealfall möchte man in etwas anderes rampen, namentlich Genesis Hydra, weil man dann nie das Gefühl hat, verloren zu haben, falls der Gegner doch mal ein Removal zeigt.

In der nächsten Woche widmen wir uns dann Return to Ravnica. Ich verspreche euch auch mehr aktuelle Decks mit den dort besprochenen Karten, aber mit Mindsparker oder Encroaching Wastes baut es sich schlecht, da diese einfach wie angedeutet von vergleichbaren Karten dominiert werden und Sliver, nun ja, Sliver sehen halt immer irgendwie gleich aus.

Bis dahin
Der MiDi




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