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Kalenderblatt #10
von Torben Thies
08.02.2011

Der Chef ist so gut wie aus dem Haus, die Arbeiter tanzen auf den Tischen. Na gut, zumindest was meine Wenigkeit angeht, stimmt das nicht so ganz. Viel eher ist es so, dass ich bedröppelt an meinem Schreibtisch sitze, für die Semesterendklausuren lerne und wehmütig von Paris träume, wo ich so gern Coverage gemacht hätte. Manchmal muss man sich eben zwischen aufregenden Reisen und der steilen Karriere als Soziologe (hey, wer hat da gelacht?) entscheiden.


Aber es ist ja nicht so, dass das erste Magic Weekend seiner Art auf dem Planeten unbeachtet bleiben würde. Florian Koch hat bereits einen schönen Artikel über die schillerndsten Persönlichkeiten, die man im Espace Champerret treffen kann, geschrieben. Zusätzlich wird Tobi ab Donnerstag ein wenig bloggen und euch so auf dem Laufenden halten. Was mir nur noch bleibt, ist zu erzählen, was euch überhaupt in der Stadt der Liebe erwartet. Den kompletten Plan mit weniger Geschwafel von mir könnt ihr übrigens hier abrufen.


Mittwoch: Hors d'œuvre

Schaut euch die Stadt an, wandert entlang der Seine, starrt in die Gargoylefratzen von Notre Dame, spuckt vom Eiffelturm, staunt im Louvre. Paris hat so viel zu bieten, dass es fast schon eine Schande ist, den größten Teil der Zeit in einer Halle zu verbringen. Die, die früh aus dem Turnier fliegen, könnten am Ende ein schöneres verlängertes Wochenende gehabt haben als die, die sich in die Top 8/16/32 grinden. Selbst die Pros nutzen die Zeit für ausgiebige Stadtbummel. Brian Kibler beispielweise ist schon seit letztem Wochenende in Frankreich:


Na gut, auch er ist am Ende des Tages nur ein Nerd:


Alle, die weder für die Pro Tour qualifiziert sind noch wenigstens für einen Tag die Finger von der Pappe lassen können, sollten sich überlegen, sich gegen 12:00 Uhr zum Last-Chance-Qualifier im Espace Charenton einzufinden. Das Format ist Sealed Deck und die besten vier Spieler gewinnen das Privileg, am nächsten Tag mit den ganz Großen (und Craig Wescoe, der hat die Maße eines Schlumpfs) zu spielen. Das Turnier ist laut Veranstalterangaben für 400 Spieler ausgelegt, was durchaus knapp werden könnte. Es ist also empfehlenswert, sich hier voranzumelden.

Am Abend können sich die, die nicht noch einige viele Unmengen an Runden gewinnen müssen, um sich zu qualifizieren, schon für die Pro Tour registrieren. Der Anmeldestand ist von 18:00 bis 21:00 Uhr geöffnet.


Donnerstag & Freitag: Plat Principal

Der Zirkus beginnt, die Manege ist eröffnet, Artisten und Publikum erwartet ein großartiges Event. Die Pro Tour beginnt jeweils schon um 09:00, also verschlaft nicht. Die ersten fünf Runden sind Standard, danach folgen drei Runden Boosterdraft. Wenn ihr mindestens 15 Punkte, fünf Runden gewonnen (oder vier und drei Unentschieden) habt, dürft ihr am Freitag weiter vom ganz großen Geld und Ruhm träumen.

Die Pro Tour bleibt zwar auch nach der Umbenennung in „Magic Weekend“ noch der zentrale Teil, aber die Turnierorganisatoren wollen deutlich machen, dass es noch andere Gründe gibt, sich zur von Planeswalkern gesäumten Halle zu begeben. Mit Aleksi Briclot und Igor Kieryluk werden beispielsweise zwei wirklich hochkarätige Künstler hergeschifft. In diesem Kontext veranstalte ich auch ein kleines Gewinnspiel: Wer mir eine Jace's Ingenuity, auf die Kieryluk einen Teddybär gezeichnet hat, der in Jaces Arme fliegt, sowie einen Forbidding Watchtower, um den ein fliegendes Schaf aus Briclots Feder kreist, mitbringen kann, bekommt drei Booster Mirrodin Besieged von mir. Der Erste, der sich im Forum meldet, erhält den Zuschlag. Schließlich will ich nicht drei Displays für 36 Teddybären und fliegende Schafe unter die Leute bringen.


Aber natürlich gibt es abseits von Zeichnern noch jede Menge andere Aktivitäten – allen voran die Public Events. Den größten Zulauf werden am Donnerstag und Freitag wohl die Grand Prix Trials finden, die jeweils von 09:00 bis 17:00 Uhr in den Formaten Standard oder Sealed Deck gefeuert werden. So könnt ihr noch auf den letzten Metern drei Byes für das anstehende Megaevent sammeln, die ihr wirklich haben solltet, wenn ihr es weit bringen wollt. Ansonsten sind noch die Standard-Challenge am Donnerstag sowie die Legacy-Challenge am Freitag interessant, weil sie das von euch allen so beliebte harte Geld auszahlen. Der Gewinner bekommt immerhin 1600 Euro, was für ein Sideevent echt nicht übel ist.


Samstag und Sonntag: Grand Dessert


Die Pro Tour ist mittlerweile schon wieder fast wieder vorüber, aber der mit Abstand bombastischste Teil des Wochenendes beginnt erst am Samstag. Dieses Sealed-Deck-Turnier wird mit Sicherheit der größte Grand Prix aller Zeiten sein. Paris ist eh schon bekannt dafür, Rekorde zu brechen. Addiert man den Publikumsmagneten Sealed sowie die Einbindung in das nie dagewesene Magic Weekend dazu, kommt man schnell zu absurden Schätzungen. Meine Vermutung liegt bei 2800 Spielern, was aber durchaus auch überboten werden kann. Und ich habe gehört, Dieter Schoeters läuft bei 3000+ ein Mal im Handstand um die Halle. Vorbereitet werden Dieter und seine Jungs und Mädchen auf jeden Fall sein: Auf dem Boden spielen muss diesmal wohl niemand.

Das Umfeld beim Grand Prix Paris bietet jedenfalls ein interessantes Spannungsverhältnis. Einerseits wird das Feld so prolastig wie nie, da nur wenige Spieler es sich entgehen lassen werden, bis zu 35 Punkte an einem verlängerten Wochenende aufzuschnappen (was rein organisatorisch natürlich in Wahrheit unmöglich ist, weil am Sonntag die Top 8 der Pro Tour ausgespielt wird). Andererseits aber wird die Anzahl an durchschnittlichen Propunkten pro Spieler allein durch die schiere Masse an Teilnehmern wieder heruntergedrückt. Nichtsdestotrotz gilt: Je größer ein Grand Prix, desto schwieriger ist er zu gewinnen. Ratet mal, warum die ganzen Amerikaner und Japaner so gern nach Indonesien oder Australien fliegen.

Am Sonntag können alle, deren Träume von random Franzosen und/oder Guillaume Matignon zerschmettert wurden, bei einem weiteren brutalen Event mitmachen: Dem Extended-PTQ für Nagoya. Alle 400 Spieler wird dabei ein neuer PTQ eröffnet, was bedeutet, das pro 400 Teilnehmer ein Qualifikationsplatz bereitsteht. Alle anderen bekommen einen feuchten Händedruck. In Magdeburg oder ähnlichen Städten habt ihr definitiv bessere Chancen.

Bessere Gewinnmöglichkeiten bestehen außerdem auf dem dritten „Moneysideevent“ im Bunde, nämlich der Sealed-Challenge am Sonntag. Weil sich viele gute Spieler wohl entweder noch im Grand Prix oder im PTQ befinden werden, kann ich mir gut vorstellen, dass man es hier weit bringen kann. Dem Gewinner winken auf jeden Fall wie in den beiden anderen Challenges 1600 Euro.

Oh, und dann wäre da noch das Match aller Matches, der Stoff aus dem Legenden gemacht sind, die Geschichte vom Franzosen, der nicht aufgibt … man kann sich viele aufregende Titel für dieses Finale ausdenken. Fest steht, dass am Samstag, während der drei Bye-Runden des Grand Prix, Guillaume Matignon und Brad Nelson aufeinandertreffen, um ein für allemal zu entscheiden, wer denn nun Player of the Year 2010 ist. Die beiden werden abwechselnd Standard und Doppelsealed spielen.


Jace No More


„That's why I'm easy – I'm easy like Sunday morning.“

Richtig geraten, am Sonntag befanden sich in den Top 4 der StarCityGames-Open in Indianapolis genau null Kopien des notorisch überteuerten Planeswalkers. Zu allem Überfluss haben dann auch noch Vampire gewonnen – das Budgetdeck des Formats. Und als wenn das nicht Schmach genug wäre, spielt die Siegerliste nicht einmal die vollen acht Fetchlands. Im Ernst, natürlich hat Construced-Magic immer noch ein essenzielles Preisproblem. Aber zu wissen, dass man kompetitiv sein kann, ohne eine Monatsmiete für vier Jace, the Mind Sculptor auszugeben, ist beruhigend. (Was mich verstört, ist, dass in meinem Fall vier Jace mehr sind als meine Monatsmiete.)

Vampires, Matthew Landstrom

6 Swamp
4 Blackcleave Cliffs
4 Dragonskull Summit
4 Lavaclaw Reaches
3 Marsh Flats
2 Verdant Catacombs

4 Bloodghast
2 Captivating Vampire
4 Gatekeeper of Malakir
4 Kalastria Highborn
4 Pulse Tracker
4 Vampire Lacerator
3 Viscera Seer


2 Dark Tutelage
3 Go for the Throat
4 Lightning Bolt
3 Arc Trail

Sideboard:

2 Demon of Death's Gate
3 Skinrender
2 Vampire Nighthawk
1 Dark Tutelage
2 Doom Blade
1 Arc Trail
2 Duress
2 Forked Bolt


Die StarCityGames-Open waren nicht nur das erste relevante Standardturnier seit Langem, sondern markierten auch quasi ein Vorspiel zur Pro Tour Paris. Wie sieht das Metagame aus? Welche Karten aus Mirrodin Besieged werden eine große Rolle spielen? Das „schlechte“ Abschneiden von Jace-Listen (ein UB-Control und ein Caw-Go in den Top 8) interpretiere ich eher als statistischen Ausreißer. Kontrolldecks verfügen über das Arsenal, gegen Kreaturen zu gewinnen und müssen sich lediglich an das in der Tat etwas schneller gewordene Metagame anpassen. Zum Einfluss von Mirrodin Besieged: Während die Vampire nur den neuen Staple Go for the Throat übernommen haben, gibt es einige Archetypen, wie die viertplatzierten Goblins, die durch das neue Set erst so richtig in Fahrt gekommen sind:

Kuldotha-Red, Christoffer Andersen

3 Chimeric Mass
4 Memnite
4 Ornithopter
4 Signal Pest
4 Goblin Bushwhacker
4 Goblin Guide
4 Goblin Wardriver

1 Lightning Bolt
3 Mox Opal
2 Devastating Summons
3 Forked Bolt
4 Kuldotha Rebirth


16 Mountain
4 Contested War Zone

Sideboard:

4 Jinxed Idol
1 Phyrexian Revoker
1 Lightning Bolt
3 Tuktuk the Explorer
4 Arc Trail
2 Devastating Summons


Signal Pest und Contested War Zone sind exakt die beiden Karten, um das vorher schon existierende Kuldotha Red wirklich explosiv zu machen. Beide Karten drücken pro Kampf locker um die drei bis vier Schaden extra durch, was in einer Clock resultiert, die mindestens einen Zug schneller ist. Und wie ihr wisst, ist ein Zug in Magic eine ganze Menge Zeit.

Das zahlenmäßig gesehen dominanteste Deck des Formats dominiert auch weiterhin – zahlenmäßig. Drei Valakut-Ramp haben es in die Top 8 geschafft. Davon spielt eins vier Green Sun's Zenith, ein weiteres zwei und das letzte gar keine. Am Ende werden sich aber wohl drei bis vier durchsetzen. Die Karte verleiht dem Deck ziemliche Flexibilität und Stabilität und ist in keiner Situation unbrauchbar. Je nachdem, ob das Format wirklich so aggressiv wird, wie ich es andeute, wird Slagstorm wohl ebenfalls zum unersetzbaren Roleplayer aufsteigen. Jedes vertretene Valakut-Deck hat zwischen Maindeck und Sideboard mindestens zwei Kopien der Karte gespielt. Auf dem Aktienmarkt würde man jetzt wohl „Buy“ sagen.

Valakut-Ramp, Drew Levin

5 Forest
11 Mountain
4 Misty Rainforest
2 Raging Ravine
2 Terramorphic Expanse
4 Valakut, the Molten Pinnacle

2 Avenger of Zendikar
4 Lotus Cobra
2 Oracle of Mul Daya
4 Overgrown Battlement
4 Primeval Titan


4 Khalni Heart Expedition
4 Harrow
4 Explore
4 Green Sun's Zenith

Sideboard:

1 Acidic Slime
2 Gaea's Revenge
1 Obstinate Baloth
3 Summoning Trap
2 Thrun, the Last Troll
4 Pyroclasm
2 Slagstorm


Kommen wir zum Schluss zu den Kontrolldecks: Die werden sich darauf einstellen müssen, wieder weniger Counter und mehr (Mass-)Removal spielen zu müssen. Die folgende Top-8-Liste spielt zwar schon zwei Black Sun's Zenith, aber je nach Bedrohung kann ich mir vorstellen, dass die Anzahl aufgestockt wird. Wie gesagt, die Mittel sind da, Kontrolle und Jace sind ausdrücklich nicht tot.

UB-Control, Christopher Hurley

5 Island
3 Swamp
4 Creeping Tar Pit
4 Darkslick Shores
4 Drowned Catacomb
1 Misty Rainforest
4 Tectonic Edge
1 Verdant Catacombs

2 Cancel
2 Disfigure
3 Go for the Throat
4 Jace's Ingenuity
4 Mana Leak
3 Spell Pierce
2 Stoic Rebuttal
3 Jace, the Mind Sculptor
2 Black Sun's Zenith
3 Inquisition of Kozilek
4 Preordain


2 Grave Titan

Sideboard:

3 Ratchet Bomb
1 Consume the Meek
1 Deprive
2 Disfigure
1 Mindbreak Trap
1 Negate
1 Jace, the Mind Sculptor
1 Black Sun's Zenith
2 Duress
2 Memoricide



Eierlegende Wollmilchsau

Frisch unter der Deadline hindurchgesegelt ist noch die Ankündigung des From the Vault-Sets für dieses Jahr. Am 26. August erscheint From the Vault: Legends. Teferi ist definitiv dabei und einige Freunde aus Portal Three Kingdoms werden uns auch beehren. Ich persönlich hoffe auf Xiahou Dun, the One-Eyed. Wie immer befindet sich auch eine Previewkarte des neuen Oktobersets darin, wie es beispielsweise mit Hellkite Overlord und From the Vault: Dragons der Fall war. Ebenfalls wird knapp die Hälfte der Karten wieder ein neues Bild bekommen. Teferi hat sich jetzt, wie man sieht, wieder vom grimmigen Mann zum verschmitzten Zauberlehrling zurückentwickelt.


Mehr bleibt zum Set nicht zu sagen. Spekuliert einfach drauf los!


Must Read!


Schließlich und endlich kommen wir noch zu einigen tollen englischen Artikeln, die diese Woche erschienen sind. Na ja, wer sich Stars wie Martin Juza leisten kann, will auch, dass die ordentliche Sachen abliefern.

A Limited Number of Situations and Decks – Martin Juza: In seinem Erstlingswerk für ChannelFireball lässt Juza die letzte Saison Revue passieren und geht sehr selbstkritisch mit bestimmten Spielsituationen um. Sein Fokus liegt dabei auf Limited, aber wie bei so vielen guten Artikeln lassen sich die Weisheiten auf viele Gebiete übertragen. Außerdem ist der Kolumnenname „Czech Mate“ wirklich klasse.

Get Real – Kyle Boggemes: Ein wenig schizophren ist es ja schon. Letzte Woche rufe ich ständig dazu auf, doch beim Deckbau mutiger zu sein und heute stelle ich diesen nüchternen Artikel ins Rampenlicht. Das hat jedoch seinen Grund. Wenn man genau hinschaut, verdammt Boggemes nämlich nicht jegliche Innovation. Er weckt nur die Leute auf, die Decks ohne Kontext bauen. Nichts existiert im Vakuum und man kann ein Metagame nicht einfach ausblenden. Doch diese Botschaft war wohl zu subtil versteckt und so steht er gerade Massen von Hasstiraden gegenüber.

Breaking Up (Is Hard To Do) – Gavin Verhey: Verhey ist für seine Experimentierfreudigkeit in schreiberischen Belangen bekannt. Hier vermischt er die Trennung von seiner Freundin mit Magic-Inhalt – und das alles in Dialogform. Entstanden ist schwere Kost, die ich nicht hundertprozentig verstanden habe, die aber trotzdem sehr unterhaltsam ist. Schreiber, die sich so etwas trauen, müssen belohnt werden.

A Realist Approach to Tournament Preparation – Josh Howe: Ja ja, man sollte jedes Matchup unendlich testen. Genau, fangt am besten zwei Monate vor dem Event an. Bringt genug zu Trinken mit! Josh Howe nimmt sich den Testprozess unter nicht ganz so idealen Bedingungen vor und zeigt, wie man dennoch das Beste daraus machen kann.

Tezze-revolution – Frank Lepore: Dieser Artikel schafft es in die Liste, weil da ein amüsanter Krieg zwischen „Team Frank“ und „Team Kyle“ entstehen könnte, der Lepores Tezzeret-Liste von letzter Woche in Grund und Boden kritisiert hat. Lepores Reaktion ist eine Grunderneuerung des Prinzips, die aber an den Maßstäben der Innovation festhält. Wer wird gewinnen? Only time will tell …

Nächste Woche schauen wir uns an, welche Namen wir uns nach Paris merken sollten. Bis dann!




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