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Casual
Worldwake aus Casual-Perspektive, Teil 5
von Andreas "Zeromant" Pischner
08.03.2010

Eine gelegentlich geäußerte Kritik an dieser Reihe, bevor sie durch meinen Artikel zum Thema Legacy größtenteils aus dem Blickfled der Community verschwand, war die, dass der Titel irreführend sei; dass es sich eher um eine Kolumne aus Design- denn aus Casualperspektive handele.

Well – DUH!

Was anderes kann ein kompetenter Casualspieler denn bewerten als das Design der Karten? Aber bevor ich auf diese eher rhetorische Frage näher eingehe, will ich mich erst dem scheinbaren Widerspruch in diesem Begriff widmen: „kompetenter Casualspieler“. So etwas gibt es nämlich! Natürlich trifft er auf einen großen Teil der Casual-Spielerschaft nicht zu. Das liegt einmal daran, dass Kompetenz relativ definiert und deswegen fast immer mit einer Minderheit verknüpft ist; zum anderen daran, dass Spieler, die sich weniger mit diesem Spiel auseinandersetzen, verständlicherweise eher dazu tendieren, casual zu zocken anstatt sich auf Turniere vorzubereiten. Nichtsdestotrotz GIBT es natürlich kompetente Casualspieler, und selbstverständlich wird diese Artikelreihe von einem ebensolchen verfasst.

Habt ihr denn wirklich etwas anderes erwartet? (Ja, ich liebe diese rhetorischen Fragen.) Bei einem Artikel über Standard oder Boosterdraft geht ihr doch auch davon aus, dass der Autor diesbezüglich kompetent ist (und zumindest beim Planeten wird diese Erwartungshaltung auch meistens erfüllt). Wer über ein Thema schreibt, sollte sich damit auskennen.

Und sich im Casual auszukennen, bedeutet zwangsläufig, sich mit Kartendesign auszukennen. Casualspieler sind in gewisser Weise anspruchsvoller als Turnierspieler: Diese spielen mit den Karten, mit denen sie spielen MÜSSEN – einmal, weil die Turnierformate sie ihnen vorgeben (der Kartenpool im Limited oder Constructed), zum anderen, weil sie ihre Gewinnwahrscheinlichkeit maximieren wollen und deswegen Karten nach ihrer Spielstärke bewerten. Aus Turnierspielersicht ist es nicht relevant, welch ein misslungenes Design (oder Development) Tarmogoyf oder die Fetchländer darstellen; sie spielen sie, weil sie spielstark sind. Wenn hingegen in einem Standard-Environment die spielstärkeren Lightning Bolt und Incinerate nicht zur Verfügung stehen, dann greifen sie eben zum Volcanic Hammer, und wenn anstelle von Counterspell bereits der eintausendeinhunderteinundelfzigste Reprint von Cancel vorhanden ist, dann spielen sie entweder den oder verzichten eben auf Countermagic. Sicher machen sich kompetente Turnierspieler häufig Gedanken um die Attraktivität von Formaten oder Environments insgesamt, insbesondere unter den Gesichtspunkten Ausgeglichenheit, Berechenbarkeit, Eingefahrenheit und Kartenverfügbarkeit, aber sie akzeptieren selbstverständlich, dass bei den Karten, welche sie zur Konstruktion ihrer Decks verwenden, eine massive Vorauswahl getroffen wird, welche nicht ihrem Einfluss unterliegt.


Casualspieler sind da in ihren Gestaltungsmöglichkeiten weitaus freier! Auch sie sind natürlich nicht völlig frei von Sachzwängen – warum das so ist, darüber habe ich schon einmal einen meiner Ansicht nach unterschätzten Artikel verfasst: Der Ball darf nicht auf den Boden fallen. Dessen Inhalt will ich hier nicht wiederholen.

Abgesehen von solchen grundlegenden Einschränkungen jedoch haben Casualspieler die Qual der Wahl, können aus einem enormen Kartenpool schöpfen. Und wenn sie schon längere Zeit dabei sind und sich auch Gedanken über das machen, was sie da tun (Letzteres folgt bei Weitem nicht so selbstverständlich aus Ersterem, wie man glauben könnte), werden sie feststellen, dass manche Karten und Strategien eben mehr Spaß machen als andere, und zwar sowohl wenn man mit ihnen als auch wenn man gegen sie spielt. Und dann werden sie sich fragen, wieso das so ist, und sie werden sowohl auf stark subjektive als auch auf eher objektive Kriterien stoßen. Und diese objektiven Kriterien, die dafür sorgen, dass Karten und Strategie Spaß machen, sind genau diejenigen, die beim Kartendesign wichtig sind.

Deswegen ist es natürlich richtig, dass meine Reihe „Worldwake aus Casual-Perspektive“ sich in erster Linie um Kartendesign dreht! Sich darüber zu wundern oder gar zu beschweren, das ist ungefähr genauso sinnvoll, als wenn man bemängelte, dass ein Review aus Turnierspielerperspektive die Spielstärke von Karten in den Mittelpunkt stellt, oder dass ein Film-Review Dinge wie Kameraführung, Drehbuch und schauspielerische Leistungen anspricht. Es ist das Äquivalent dazu, sich zu beschweren, dass der Reviewer sich mit der Materie tatsächlich auskennt und auch etwas dazu zu sagen hat! Mit anderen Worten, es ist absurd – aber andererseits kommt es tatsächlich gar nicht einmal so selten vor, auch und gerade bei Filmrezensionen. Warum das so ist, sprengt den Rahmen dieses Vorwortes. Ich wollte an dieser Stelle eigentlich auf einen Text von mir verlinken, in dem ich diesen Umstand schon einmal analysiert habe, doch dann stellte ich fest, dass ich dort ein ähnliches, aber nicht ganz das gleiche Thema behandelt habe, nämlich die Abneigung gegenüber detaillierter, begründeter Kritik an EIGENEN Werken. Da meine Feststellungen dort allerdings mit ein wenig gedanklicher Mühe auch auf die Abneigung gegenüber solcher Kritik generell übertragen werden können, setze ich diesen Link hier trotzdem.

Nun aber zu Blau!

Diese Farbe ist ja seit der Faeries-Ära (wieder einmal) das Stiefkind in Magic. Glaubt man der allgemeinen Stimmung, dann ist Blau entweder übermächtig oder nimmt zwangsweise eine (verdiente) Pause davon – Blauspieler (eine höchst interessante Kategorisierung, denn von dieser hyp0thetischen Gattung wird ca. einhundert Mal öfter gesprochen als zum Beispiel von „Weißspielern“) sollen sich gefälligst damit abfinden, dass sie „nicht immer die stärksten Decks haben können“.

Natürlich ist das ganz großer Blödsinn. Wieso, darauf bin ich (und nicht nur ich) an anderer Stelle schon ausführlichst eingegangen, deswegen hier nur eine kurze Skizze: Blau war selten (nie wäre gelogen) so stark, wie die öffentliche Wahrnehmung es gemacht hat, und die Ursachen für seine Stärke wurden an der falschen Stelle gesucht, nämlich bei den Countern (dazu später noch mehr). Decks wie Faeries, Teachings oder Psychatog befanden sich nicht auf einem höheren Powerlevel als nichtblaue Tier-1-Decks wie Fires, Boros oder Jund. Allerdings haben counterbasierende Decks (reaktive Kontrolle) eines gemeinsam: Sie erfordern ein tieferes Spielverständnis als andere Strategien, sowohl im Spiel mit ihnen als auch gegen sie, weil sie zu einem größeren Anteil verlangen, langfristig zu planen und den weiteren Spielverlauf zu antizipieren – ein Skill, der natürlich in jeder Partie Magic hilfreich ist, hier aber in weit überproportionalem Maß. Das führt dazu, das kompetent gespielte reaktive Decks durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Spielern (also der tonangebenden Mehrheit) unfair, ja geradezu unbesiegbar erscheinen. Es führt außerdem dazu, dass gute Spieler überproportional häufig zu solchen Decks greifen. So entsteht eine Wahrnehmung absoluter Dominanz blauer Decks, wenn diese in Wirklichkeit einfach nur gut waren. Damit einher geht die besondere Stärke von Countern gegenüber schlechten Decks – klar, schlechte Decks sind generell SCHLECHT, aber in manchen Matchups tritt diese Schwäche besonders eklatant hervor. Schlechte Decks zeichnen sich häufig durch zu wenig Druck im Early Game aus sowie dadurch, dass sie sich auf einzelne oder Kombinationen aus Schlüsselkarten verlassen. Diese Decks fallen dann auseinander, wenn ihre Schlüsselkarten neutralisert (im weiteren ebenso wie im engeren Magic-Sinn) werden, bzw. stellen fest, dass sie ohne Druck im Early Game dem Late Game blauer Decks unterlegen sind. (Denn das ist Blaus primäre zugewiesene Rolle im Color-Pie: Es ist die Farbe, die am weitesten vorausplant – für das Late Game eben.) Die allgemeine Wahrnehmung vom übermächtigen Blau wird vervollständigt durch die gleichbleibend dominante Rolle, welche diese Farbe in den Eternal-Formaten spielt, wobei verkannt wird, dass diese Dominanz auf zwei Faktoren zurückzuführen ist, die nichts mit der generellen Stärke von Blau zu tun haben: Einmal die Existenz mehrerer tatsächlich überstarker blauer Einzelkarten aus der frühesten Frühzeit des Magic-Designs (Ancestral Recall, Time Walk, Mana Drain); zum anderen aber vor allem die notwendige und balancierende Präsenz von Force of Will in Formaten, die ansonsten ausschließlich aus First- oder Second-Turn-Kill-Kombos bestünden.


Bei diesem kurzen Abriss soll es bleiben, denn die verzerrte allgemeine Wahrnehmung von Blau ist nicht das Thema DIESES Artikels, wohl aber die Erklärung für die schwierige Ausgangssituation, in der sich Magic-Designer zur Zeit befinden: Die klassischen Stärken von Blau sind Gegenzauber und Kartenvorteilskarten. Die klassischen Schwächen von Blau sind das frühe Spiel und Kreaturen (wobei letztere Schwäche sich lange Zeit eher in Quantität als in Qualität niederschlug). Gegenzauber werden zuletzt systematisch niedergehalten, weil die Spielerschaft sie nicht mag (wie gesagt, dazu bald mehr). Kartenvorteil wiederum MÜSSEN Wizards niederhalten, da diese Art Karten den tatsächlichen Hauptgrund für die Stärke blauer Decks, vor allem aber auch das größte Risiko mit Hinblick auf tatsächlich unfaire Decks (okay, zusammen mit schnellem Mana) darstellen. Welche Stärken kann Blau da noch haben, insbesondere da seine Schwächen zuletzt immer eklatanter hervortreten (denn gerade im frühen Spiel und bei Kreaturen generell war zuletzt der Powercreep am deutlichsten spürbar gewesen)? Das ist ein enormes, grundlegendes Problem, und ich will es gleich vorwegnehmen: Es ist den Designern bislang auch nicht gelungen, es zufriedenstellend zu lösen! Nachdem der Ansatz, die Stärken von Blau im Zuge eines Tribal-Blocks stärker mit Kreaturen (Faeries eben) zu verbinden, in der Hoffnung, dass dies in der öffentlichen Wahrnehmung auf weniger Ablehnung stieße, spektakulär gescheitert war, zeigten sich Wizards ratlos. Mit den bunten Nachfolgeblöcken ließ sich dieses Problem noch übertünchen: Cruel Control oder Esper gingen ja irgendwie als blaue Decks durch. Spätestens seit M10 allerdings wurde diese Problematik offenbar: Blau hatte nichts mehr anzubieten! Unterdessen gibt es im Standard monoweiße, monoschwarze, monogrüne und monorote Decks, aber nichts, was auch nur annähernd in Richtung Monoblau geht. Da aber in der allgemeinen blaufeindlichen Stimmung selbst die vorübergehende Existenz einer einigermaßen erfolgreichen Liste, die viermal Flashfreeze maindeckte (!), als Beweis für die fortwährende Stärke von Blau angesehen wurde (obwohl dieser Umstand bei näherer Betrachtung wohl eher für das Gegenteil spricht), sahen sich Wizards bislang nicht gezwungen, grundlegend umzudenken.


Ein anderer wohl als gescheitert anzusehender Ansatz war der, das Milling-Thema in Blau zu pushen. Milling als neue Stärke von Blau? Einmal abgesehen davon, dass Milling-Decks zu der Zeit, als sie tatsächlich noch funktionierten (ja, das ist LANGE her!) der Allgemeinheit mindestens ebenso verhasst waren, wie es Counter heute sind, ließ Milling sich nicht mehr zu einer turnierstarken Strategie formen: Zu groß ist der Druck, den Kreaturendecks heutzutage aufbauen; zu zahlreich sind die Vorteile, welche Decks heutzutage aus einem gut gefüllten Friedhof ziehen; und... zu wichtig sind gute Counterspells für eine Milling-Strategie! Trotz Sanity Grinding, Memory Erosion, Mind Funeral, Traumatize, Tome Scour, Archive Trap und Hedron Crab haben knapp zwei Jahre intensiver Förderung von Milling-Strategien keinen entsprechenden Archetyp hervorgebracht. (Tatsächlich werden einige dieser Karten stattdessen dazu benutzt, das EIGENE Deck zu millen...) Dieser Weg scheint also in eine Sackgasse zu führen.

Was bleibt? Wenige starke Einzelkarten! Time Warp zum Beispiel, der in zahlreichen Decks Anwendung findet (gegen die zu spielen meiner Ansicht nach hundert Mal unspaßiger ist als gegen ein Deck voller Counterspells, aber nun ja...), Jace Beleren, oder die beiden Sphinxe aus Zendikar. Das sind die Trends in Blau zuletzt: Abgeschwächter Card-Draw, nahezu unspielbare Counter, eine graduelle Anpassung an moderne Kreaturenstandards (die bislang aber nicht ausreicht, um blaue kreaturenbasierte Decks zu ermöglichen), eine Menge irrelevanter Milling-Kram, und einige starke Einzelkarten im Rare- oder vorzugsweise im Mythic-Rare-Slot.

Das ist die Gegenwart von Blau, und wie wir sehen werden, fügt Worldwake sich da nahtlos ein. Aber kann es die Zukunft sein? Nun, das ist eine rhetorische Frage, und deswegen wird euch die Antwort nicht überraschen: Nein, das kann es nicht. Blau benötigt wieder eine eigene Identität. Wie kann es die erhalten? Zumindest Worldwake hat darauf nur eine Antwort: Ask again later.

Common

Halimar Excavator betrachte ich als unmittelbare Auswirkung der Wizards-Policy, Milling in Blau zu pushen. Was fällt euch als Erstes ein, wie diese Karte ansonsten hätte aussehen können? Die Anforderungen sind klar: Ein blauer Common-Ally, der als früher Blocker fungieren kann, und eine grundlegende, in die Farbe passende Ally-Fähigkeit besitzt, möglichst eine, die sich mit seiner defensiven Natur verträgt (was in Blau nicht allzu schwierig sein sollte). Na, was fällt euch ein? Vermutlich das Gleiche wie mir:

Whenever Halimar Excavator or another Ally enters the battlefield under your control, draw a card, then discard a card.

Nicht wahr – jetzt, wo man es liest, fragt man sich doch, wie der Excavator (und ja, die Fähigkeit passt auch zu diesem Namen) diesen Text NICHT haben kann? Wäre das etwa zu stark gewesen? (Immerhin filtert man sich auf diese Weise ja durch die Nicht-Ally-Karten in seinem Deck hindurch.) Das glaube ich nicht. Im Limited wäre es vermutlich sogar schwächer gewesen, denn ab der Anzahl Allies, ab der diese Fähigkeit gefährlich wird, ist die Mill-Fähigkeit wohl deutlich gefährlicher. Im Casual hingegen wäre der Excavator hier natürlich wirklich attraktiv gewesen – eine echte Alternative zu den anderen 2-Drop-Allies! Diese Karte wäre in der Lage gewesen, ein Ally-Deck zusammenzuschweißen.

Nun kann ich natürlich auch ein Ally-Deck mit Millingthema zusammenwerfen, aber einmal empfinde ich es nicht als soo spaßig, meinen Gegner zu millen (während Card-Selection immer Spaß macht, weil sie einem Optionen gibt), und zum anderen geht es mir auf den Geist, dass im Casual-Bereich ein Milling-Deck nicht einfach ein Milling-Deck ist, sondern eine von mehr als einem halben Dutzend Optionen! Da sind zunächst einmal die ganzen Howling Mine-Varianten (die ich als besonders unspaßig empfinde, da sie geradezu zwingend darauf hinauslaufen, die meisten gegnerischen Karten bedeutungslos zu machen – denn nur so lässt sich der Einsatz einer Karte wie Howling Mine, die zunächst einmal massiven Kartennachteil darstellt, rechtfertigen). Dann sind da klassische Millstone-Varianten. Dann ist da das betont tiefblaue Sanity Grinding-Deck. Außerdem ist da die schwarz-blaue Variante mit Glimpse the Unthinkable und Mind Funeral. Und natürlich die Merfolk-Variante um Drowner of Secrets und Merfolk Commerce. Oh, und die Traumatize/Twincast-Variante. Und natürlich das Hedron Crab-Deck. Und jetzt eben auch noch die Ally-Variante.

Ganz ehrlich: Das ist viel zu viel für eine Strategie, die auch und gerade im Casual eine Ausnahmeerscheinung darstellen sollte! Ja, Milling gehört zu Magic dazu, auch im Casual, aber als EIN Decktyp, nicht als ein Paralleluniversum von Archetypen, welche die gegnerischen Lebenspunkte ignorieren. Zuletzt stellt sich mir die Entwicklung so dar, als wenn jedes blaubasierende Motiv einen Milling-Ableger hätte: Merfolk, Landfall, Allies... Die Dimir-Gilde damals hatte diesen Trend begonnen: Blaue Themen müssen zwei Dinge gleichzeitig machen, und machen dann nichts davon richtig. Wenn alle paar Jahre ein Block ein Milling-Thema besitzt, prima – insbesondere dann, wenn es sich um GENERISCHE Millingkarten handelt, mit denen ich mein (hypothetisches) bestehendes Millingdeck variieren kann, anstatt um einen weiteren blockspezifischen Ansatz, der seiner Natur nach underpowert gegenüber Strategien, die aus dem gesamten Kartenpool von Magic schöpfen, ausfallen muss.

Das einzige echte Plus, welches ich beim Excavator sehe, ist dieses: Er gibt dem Ondu Cleric eine Existenzberechtigung! Der passt ansonsten nirgends so richtig hinein – zu defensiv für fokussierte Ally-Strategien, zu uninteressant für Tellerbunteknete-Allies (da nimmt man halt den einen oder anderen Talus Paladin). Im UW-Mill allerdings, da ergeben vier Ondu Cleric so richtig Sinn.

Kommen wir zum Calcite Snapper: Ja, der ist tatsächlich ziemlich gut! In meinem Limited-Pool hat er sofort einen Platz gefunden – eine defensiv ausgerichtete Landfall-Karte, das ist schon einmal wichtig (da Landfall generell so offensiv ausgerichtet ist), und die Spielstärke ist auch sehr angenehm – Horned Turtle hat immer ein bisschen gefehlt, um interessant zu sein.


Enclave Elite: Hm. Für sich genommen völlig in Ordnung, aber im Kontext des gesamten Zyklus gefällt mir diese Karte nicht mehr ganz so gut. Apex Hawks sind ihnen sehr ähnlich, aber halt klar besser – dafür aber nicht ganz so swingy. (Denn die Stärke der Elite hängt eben davon ab, ob der Gegner Inseln spielt.) Quagmire Vampires haben den Nachteil, nicht so leicht zu splashen zu sein, dafür aber den Vorteil, flexibler zu sein. Diese beiden Karten gefallen mir beide ein wenig besser als die Elite, und ich finde, sie hätte sich von diesen ein wenig stärker abheben können. Wie wäre es zum Beispiel mit 2/3 statt 2/2? Blind Phantasm hat ja wirklich nicht an der Decke des Preisleistungsverhältnisses für Kreaturen gekratzt. Ich weiß, ich bin hier angesichts einer Karte, die wirklich okay ist, eher kiesätig, aber im Vergleich wirkt sie auf mich halt ein wenig lieblos designt.

Surrakar Banisher: Och nee. Klar, der Banisher ist eine gute Limited-Karte, aber eine weitere Variante dieses Themas hätte gerne ein wenig interessanter ausfallen dürfen, und gerade seine Einschränkung stört mich, die bedeutet, dass er zwar ein Race entscheiden, aber keinen Stall aufheben kann. Ich blättere gedanklich meinen Limited-Pool durch und stoße auf Man-o'-War, Riftwing Cloudskate und Vedalken Dismisser. Ich denke, dabei bleibe ich.


Æther Tradewinds: Ist eine solche Verallgemeinerung von Peel from Reality konsequent oder doch nur fantasielos? Ich stimme für Letzteres. Ja, das Landfall-Thema sorgt dafür, dass man im Limited tatsächlich ab und zu einmal etwas anderes als Kreaturen auf die Hand nimmt, aber das ist mir nicht genug. Peel spielt sich natürlich ganz anders, eben weil man nicht in 90% der Fälle ohne Nachzudenken sich selbst ein land und dem Gegner eine Kreatur auf die Hand schickt, und deswegen schätze ich die Karte: Man benutzt sie entweder in Zusammenarbeit mit KIS-Triggern (Ha! Im Deutschen gibt es kein „Battlefield“!) oder als Antwort auf gegnerisches Removal, aber in der Regel eben nicht im Automatik-Modus. Außerdem ist das 2-Mana-Peel im Gegensatz zu den Tradewinds auch im Casual nicht uninteressant. Deswegen haben die Winde bei mir keinen Platz gefunden.

Mysteries of the Deep: How the mighty have fallen! Da wurde diese Karte im Vorfeld des Worldwake-Prereleases bekannt, und tatsächlich jubelten durchaus zahlreiche Stimmen, dass sie ja wohl eine Rückkehr zu starkem blauen Carddraw darstellte! Nun ja, laut dem Deckcheck hat diese äußerst unhandliche Karte bislang noch keinerlei Verwendung gefunden, was auch genau meinem ersten Gedanke entspricht, als ich sie sah. Jetzt mal ehrlich, ihr Blauspieler (unter der Annahme, dass es diese Gattung tatsächlich gibt). Seid ihr wirklich bereits dermaßen verzweifelt, oder ist dies das Ergebnis langjähriger Gehirnwäsche? Selbst im allergünstigsten Fall zieht man mit den Mysteries als Instant drei Karten für fünf Mana, und das ist schon nicht toll. In so manchem früheren Block-Constructed-Format wäre das vermutlich okay gewesen, und vielleicht ist es sogar im Zendikar-Block okay (obwohl ich mir da nicht so sicher bin, denn das ist eben auch der Block mit Steppe Lynx und Plated Geopede), aber wer spielt denn so etwas im Standard? Und selbst wenn man Mysteries im Standard doch noch SPIELT – wer WILL denn so etwas spielen?


Wizards haben beim blauen Card-Draw viele Experimente gemacht, und ich denke, unterdessen hat sich ein gewisser Standard herauskristallisiert. Concentrate, Tidings oder Mulldrifter sind Beispiele für starken, aber nicht zu starken Card-Draw. Fact or Fiction ist ein Beispiel für – je nach Environment – bereits etwas zu starken Card-Draw. Petals of Insight sind ein Beispiel für praktisch unspielbaren Card-Draw.

Und dann ist da zum Beispiel noch Rush of Knowledge, eine Karte, mit der ich im Casual schon sehr oft vier bis sieben Karten gezogen habe, die aber im Deckcheck ebenfalls nicht auftaucht. Warum nicht? Nun weil fünf Mana einfach ZU VIEL sind, wenn man dafür keinen GARANTIERTEN Gegenwert erhält! Im Casual gehe ich für einen Rush dieses Risiko ein – wenn ich ein Deck habe, welches besonders gut dafür geeignet ist, dieses Risiko zu minimieren – denn der Rush ist oft schlicht spektakulär. Allied Strategies spiele ich im Casual auch nur dann, wenn ich als Erwartungswert vierkommanochwas Karten damit ziehe. Petals of Insight spiele ich VIELLEICHT in einem dedizierten Arcane-Deck. Mysteries of the Deep jedoch fasse ich nicht an! Wenn ich die Mysteries garantiert immer in meiner Mainphase für drei Karten spielen könnte, und manchmal als Instant für drei Karten – dann wäre sie mir immer noch zu schlecht. Nur als simpler Instant für garantierte drei Karten würde ich über sie überhaupt nachdenken (und vermutlich immer noch Fact or Fiction bzw. Opportunity bevorzugen, weil ich als Casual-Spieler eben nicht auf den Standard-Pool beschränkt bin).

Was mich wirklich irritiert hat, war, dass viele Spieler – und das waren beileibe nicht nur Noobs! – die Mysteries für GUT hielten. Nicht nur für „na ja, Blau hat halt nichts Besseres“-vielleicht-spielbar, sondern für GUT! Für mich ist das ein Indiz, dass die jahrelange Gehirnwäsche von Wizards zu greifen beginnt. Nein, ob Card-Draw gut ist, lässt sich nicht nur relativ zu den vorhandenen Optionen und dem aktuellen Environment bewerten, sondern auch ganz allgemein im Kontext der Rahmenbedingungen von Magic. Irgendwo ist eine Grenze, jenseits derer Karten einfach SCHLECHT sind. Die Sorcery für , die einen zwei Karten ziehen lässt, ist NIEMALS gut, und auch NIEMALS vielleicht noch spielbar, ganz egal wie schlecht Card-Draw ansonsten ist, und egal wie das Environment ansonsten aussieht (solange Magic noch entfernte Ähnlichkeit mit dem hat, was wir als Magic kennen). Und Mysteries of the Deep (oder auch Cancel) sind unter Umständen im richtigen Environment und Metagame SPIELBAR, aber niemals GUT. Bei Magic beginnen beide Spieler mit jeweils sieben Handkarten, ziehen pro Runde eine weitere Karte und dürfen pro Runde ein Land legen. Diese Parameter bestimmen in grundlegender Weise, wie viel fünf Mana in Magic tatsächlich sind, und das ist klar zu viel für eine Karte, die nicht einmal zuverlässig drei Karten zieht!

Ich präsentiere euch wieder einmal eine alternative Version:

Mysteries of the Deep
Draw two cards.
Landfall – If you had a land enter the battlefield under your control this turn, draw four cards instead.


Wenn ihr jetzt denkt, das ist mein Versuch, aus Mysteries of the Deep, eine GUTE Karte zu machen – dann irrt ihr euch! Das ist mein Versuch, daraus eine INTERESSANTE Karte zu machen. Erinnert ihr euch noch an Tidings? Erinnert ihr euch noch, wie vergleichsweise wenig diese Karte gespielt wurde? (Verglichen zum Beispiel mit Mulldrifter, der beim Deckcheck ca. dreimal so viele Einträge aufweist, obwohl die Karte deutlich jünger ist.) Sicher, es gab zahlreiche Decks damit, aber sie war keineswegs eine selbstverständliche Inklusion in jedem blauen Deck, und außerdem meistens nur ein 1-of oder 2-of. Mit anderen Worten, sie hatte genau den richtigen Powerlevel!

Und nun sage ich euch, dass meine Mysteries-Variante NICHT besser als Tidings ist! Ja, sie kostet nur ein blaues Mana. Ja, sie ist ein Instant. Aber: Sie ist NICHT so zuverlässig! Tidings zogen immer vier Karten, auch wenn sie im späten Spiel getopdeckt wurden. Mysteries als Topdeck stelle einen meistens (ja, vielleicht konnte man ein Fetchland dafür bunkern) vor die Wahl, lediglich zwei Karten zu ziehen, oder auf sein nächstes Land zu warten.

Und ja, für Tidings muss man sich immer in seiner Runde austappen. Ja – und? Wenn man vier Karten zieht, dann wird man in der Regel auch in der Lage sein, das Spiel noch zu drehen, selbst wenn man eine Runde nicht countern kann. Und überhaupt: Wenn man es sich nicht leisten kann, eine Runde auf seine Counteroptionen zu verzichten, nun, dann spielt man wohl das falsche Deck, denn – Newsflash: – die zurzeit zur Verfügung stehende Counterbasis erlaubt einem eh nicht, zuverlässig zu countern! Sicher ist es ein begründeter Reflex, Instant-Card-Draw deutlich höher einzuschätzen, aber bestehen dafür heute eigentlich noch die Grundlagen? Wenn Tidings heutzutage standardlegal wären, dann würde ihnen ein Day of Judgment, Baneslayer Angel oder Planeswalker folgen. DIE wiederum hätten dann, falls man solche Karten spielt, Counterbackup. Ich behaupte einmal, dass es in 90% aller Fälle gar keinen Unterschied machte, wenn man Tidings als Instant spielen könnte! Daran krankt Standard zurzeit doch gerade.

Mysteries of the Deep (die Wizards-Version, nicht meine) ist außerhalb von Limited klar underpowert, und es bestürzt mich, dass dies selbst in kompetenteren Spielerkreisen zunächst anders gesehen wurde (Stichwort: Gehirnwäsche). Im Limited allerdings ist sie völlig prima und ein weiteres würdiges Beispiel einer Landfall-Karte, die nicht offensiv ausgerichtet ist.

Dann will ich mal bei meiner Gewohnheit bleiben, zu den oberflächlich interessantesten Karten tendenziell am wenigsten zu sagen: Treasure Hunt ist prinzipiell einfach eine tolle Idee! Ich mache mir nur ein wenig Sorgen, dass sie im richtigen Deck „broken“ sein könnte, zumindest casual-broken. Vor allem aber macht sie NICHT Blau wieder stark, auch wenn sie eine starke blaue Karte ist: Blau benötigt (wie jede Farbe) starke Utility-Karten, die nicht nur in speziellen Strategien ihre Stärke voll entfalten. Die Stärke von Rot liegt in Lightning Bolt, nicht in Valakut, the Molten Pinnacle: Ein starker Decktyp bedeutet keine starke Farbe. Eine Farbe muss dem Deckbauer Optionen bieten. Starke einzelne Buildaround-Karten sind eine Selbstverständlichkeit.


Na schön, immerhin werden es jetzt doch noch zwei Absätze zu Treasure Hunt: Diese Karte besitzt für den Deckbauer drei Modi. Einmal in einem Deck, das sie potenziell bricht. Zum anderen in einem Deck mit erheblichen Synergien (Ponder, Halimar Depths). Zum dritten als generelle Utility. Im dritten Modus mag sie zwar auftauchen, aber dort wird sie wenig zur Spielstärke des Decks beitragen – das meine ich. Der erste Modus ist es, der mir ein wenig Sorgen macht – für zwei Mana unter Umständen mehr als drei Karten zu ziehen, das erscheint mir problematisch. Der zweite Modus ist derjenige, der diese Karte für mich spaßig macht.

Zu Dispel gibt es nun wirklich wenig zu sagen: Spezialisierte, effiziente Sideboardkarten sind gut, das habe ich gerade im letzten Teil dieser Reihe erklärt. (Außer natürlich, wenn sie wie Mindbreak Trap Mythic Rares sind...) Jetzt fühlen sich meine Envelop nicht mehr so einsam!


Wind Zendikon ist wohl mein Lieblingszendikon. Zugestanden, in Runde 1 oder 2 will man es nicht immer spielen, aber ab Runde 3 kann man in seinem blauen Fliegerdeck damit wunderbar seine Manakurve ausfüllen. Ich freue mich, dass Wizards den Mut gehabt haben, die Manakosten dieses Zendikons so niedrig zu halten!

Als Letztes ist da Twitch. Ganz ehrlich: Ich weiß nicht, warum! Ja, es ist eine grundlegende Cantrip-Variante, die sich natürlich auch in meinem Limited-Pool befindet – aber warum dieser Reprint? Und ausgerechnet in diesem Set? Man könnte ja fast glauben, dass Wizards in diesem Slot ursprünglich eine andere Karte gehabt hätten, die sich dann jedoch in letzter Sekunde als problematisch erwies und geändert werden musste, und da sie aus den Desastern mit Skullclamp und Unezawa's Jitte gelernt haben, haben sie diese Karte lieber komplett entfernt und durch einen Reprint ersetzt, der möglichst wenig auffällt. Nur... wäre denn nicht Treasure Hunt diese problematische Karte gewesen? Sollte es tatsächlich ZWEI potenziell brokene blaue Commons gegeben haben? Ich sage es doch immer wieder: Die langweiligsten Karten führen einen oft zu den interessantesten Fragen!

Uncommon


Nun habe ich es schon oft genug angesprochen, also kommen wir zum Thema Counterspells: Spell Contortion ist schlicht eine Frechheit! Und selbst hier habe ich schon gelesen, „juhu, endlich ein guter Counterspell“... UM HIMMELS WILLEN! Convolute war schon nicht doll gewesen, würde heute aber wohl zumindest gespielt werden. Dismiss würde heute vermutlich kaum noch benutzt werden. Aber diese Kombination aus einem weit schlechteren Convolute und einem weit schlechteren Dismiss... mir fehlen die Worte! Na schön, sie fehlen mir nicht wirklich: Wizards wollen offensichtlich die Minderheit derjenigen, die sich gute Counter in Magic zurückwünscht, auch noch verhöhnen! Diese Missgeburt befindet sich sogar noch in einem Uncommonslot, was wohl bedeuten soll: Seht her, wir haben diese Karte keineswegs nur fürs Limited designt (wo sie auch maximal Füllerstatus erreicht)! So eine Frechheit! Und die Community reagiert nicht einmal mit Schadenfreude (was eigentlich die zu erwartende Reaktion gewesen wäre), sondern spricht ernsthaft von einem „spielbaren“ Counter! Ja, das ist natürlich dieselbe Community, die der Ansicht war, dass Mindbreak Trap Blauspieler für die ansonsten äußerst magere Ausbeute in M10 und Zendikar entschädigen würde, weil Blau ja jetzt unfairerweise Great Sable Stag countern könne... Wirklich, dann habe ich lieber gar keine Counterspells in Magic mehr als so etwas wie Spell Contrortion! Was für eine Verschwendung von Pappe.

Tobi hat ja neulich bereits auf diesen Artikel von Tom LaPille Bezug genommen und herausgestellt, dass dessen grundlegende Aussage zum Thema Counterspells lautete: „Leute, ihr seid einfach zu BLÖD, um zu begrreifen, was Counter tatsächlich tun!“ Was er nicht deutlich gemacht hat, ist, dass LaPille effektiv auch eingestanden hat, dass Wizards uns jahrelang BELOGEN haben: Natürlich war Counterspell niemals zu stark, um reprintet zu werden! Er war lediglich zu verhasst. Nun, ein halbes Jahrzehnt Gehirnwäsche hat unterdessen Früchte getragen. Selbst bessere Spieler haben sich davon anstecken lassen. Zwar sind sie noch nicht so weit, dass sie behaupten, Cancel sei exakt auf dem richtigen Powerlevel (das ist einfach zu offensichtlich nicht der Fall – und außerdem, wenn das so wäre, würden Wizards ihn ja gerade NICHT reprinten, weil Spieler es ja schließlich hassen, wenn ihre Sprüche regelmäßig gecountert werden), aber man liest doch immer öfter, Counterspell sei aber auch zu gut... Nein, nein und nochmals nein! Counterspell ist weder besser als Lightning Bolt noch als Llanowar Elf noch als Path to Exile – und Wizards WUSSTEN es. LaPille verweist wieder einmal auf die Draw-Go-Liste von Randy Buehler als abschreckendes Beispiel, und wieder frage ich mich, wie dumm die Menschen eigentlich sind? (Ich weiß die Antwort ja, aber ich will sie nicht wirklich wahrhaben.) Einmal ist diese Liste unterdessen über zehn Jahre alt! Zum anderen war sie selbst damals keineswegs dominant. Im Finale dieser WM standen sich jedenfalls ein monorotes Sligh-Deck und ein fünffarbiges Survival-Deck gegenüber, und insbesondere Sligh war für Buehler Blue alles andere als ein gutes Matchup. (Daran ändern auch seine ACHT ausschließlich gegen Rot gedachten Sideboardkarten nichts.) Draw-Go ist ein Bogeyman, der sowohl schon Ewigkeiten nicht mehr unterwegs, als auch niemals wirklich allzu furchteinflößend war.

Ich kann nur sagen: Ich habe es einfach satt! Wenn die Mehrheit der Magic-Spieler sich so furchtbar schlecht fühlt, wenn ihre Spürche gecountert werden, und wenn Wizards sich daher aus wirtschaftlichen Erwägungen für ein besseres Image („The new Magic: The Gathering! No Counters, no Carbs!“) und gegen ein anspruchsvolleres Spiel entscheiden, dann sollen sie Counter eben ganz abschaffen! Es gibt ja eh schon lange keine Interrupts mehr. Ich als Casualspieler benutze dann weiterhin meine Counterspell und Mana Leak (aber natürlich keine Mana Drain, die WIRKLICH zu stark sind) und lebe damit, dass diese Art Karten keinen Nachwuchs mehr bekommt – hey, es ist ja auch schon ewig keine Karte mehr gedruckt worden, die mit Lightning Bolt mithalten kann!

Nur – dann will ich auch keine Spell Contortion und auch keine Cancel mehr sehen! Wisst ihr (und wahrscheinlich wisst ihr es nicht, denn statistisch gesehen gehört ihr zu dieser Mehrheit von Spielern, die einfach nicht begreifen, wie Counter wirklich funktionieren), bei reaktiven Karten, für die man ständig Mana freihalten muss, um sie im richtigen Moment anbringen zu können, fällt jedes zusätzliche Mana deutlich stärker ins Gewicht als bei selbständigen Karten, die man spielen kann, wann immer man das Mana dafür freihat. Deswegen ist Cancel, wenn man Counterspell mit Lightning Bolt vergleicht, nicht etwa das Äquivalent zu Volcanic Hammer, sondern zu folgender Karte:

If-People-Hated-Burn-As-Much-As-They-Hate-Counters Bolt
Sorcery
If-People-Hated-Burn-As-Much-As-They-Hate-Counters Bolt deals 3 damage to target creature or player.


Nicht, dass ihr da falsche Vorstellungen habt: Wenn dies der effizienteste im Standard verfügbare Burn wäre, so wie Cancel zurzeit der effizienteste im Standard verfügbare Counter ist, dann WÜRDE er in manchen Decks gespielt werden – genauso, wie Cancel gelegentlich gespielt wird! Aber könnt ihr euch den Aufschrei der Rotspieler (eine Gattung, die man zu diesem Anlass dann definieren könnte) vorstellen, wenn sie tatsächlich dazu gezwungen wären? Und wenn man ihnen dann noch eine Lava Spike für und einen Volcanic Hammer, der nur auf Kreaturen zielen kann, zumuten würde, mit der Begründung, dass Magic mehr Spaß macht und anspruchsvoller ist, wenn man sich als Rotspieler bereits beim Deckbau entscheiden muss, ob man Burn für gegnerische Kreaturen oder den Gegner selbst braucht – was meint ihr, wie verarscht sich diese „Rotspieler“ dann vorkommen würden?

Vielleicht versteht ihr jetzt, wieso ich auf Spell Contortion und Cancel und dieses ganze Gerede von „Essence Scatter und Negate anstelle von Mana Leak machen das Spiel anspruchsvoller“ nur noch allergisch reagiere!

Na schön – zurück zu erfreulicheren Karten: Vapor Snare ist eine passende Umsetzung des Landfall-Themas auf einem Kontrolleffekt. Im Limited halte ich die Snare allerdings nicht für unproblematisch – Mind Control war in M10 bereits der schlimmste Uncommon-Spoiler, klar vor Overrun (und ich habe keine Ahnung, wieso ich diese Karte immer wieder relativ spät einsammeln konnte), und auf fünf Mana ist das Hochnehmen des Landes kaum noch ein Nachteil, wohl aber oft ein Vorteil. Kontrolleffekte demonstrieren so deutlich wie kaum eine andere Karte die Unterschiede von Limited und Constructed: Im Letzteren sind sie zuletzt bestenfalls eine Randerscheinung gewesen. Ich sage euch mal etwas: Ich wünsche mir Control Magic zurück (von mir aus auch als Rare)! Das zusätzliche Mana von Mind Control hilft kaum, die übergroße Stärke dieses Effektes im Limited abzumildern, hält sie aber aus Constructed weitgehend voraus, wo sie eine heilsame Funktion hätte, indem sie die Manakurven wieder etwas drücken würde (Control Magic auf Baneslayer Angel oder Malakir Bloodwitch ist tödlich; auf Steppe Lynx oder Vampire Lacerator hingegen... reichlich unbeeindruckend...) Aber wahrscheinlich würde die Magic-Community dann feststellen, dass sie Kontrolleffekte genauso sehr hasst wie Counter...


Permafrost Trap: Zu Traps allgemein will ich mich hier nicht wiederholen. Ansonsten habe ich die Eleganz von Sleep sehr bewundert. Auch Blinding Beam habe ich recht gern gemocht (übrigens eine insgesamt etwas stärkere Karte, da man öfter davon profitierte, den Gegner vom Angriff abzuhalten, als davon, mehr als zwei Kreaturen tappen zu können). Die blaue Blinding Beam-Version halte ich hingegen eher für überflüssig, auch wenn sie – insbesondere mit ihrer Trap-Condition – möglicherweise sogar eine sinnvolle Sideboardkarte darstellt.

Zu den Kreaturen: Ich habe Phantom Monster schon lange vermisst, und die Begründung, warum es so lange Zeit nicht gedruckt wurde (weil es nämlich zu stark sei!) fand ich schon immer hanebüchen. Tja, jetzt gibt es das neue, (weit) verbesserte Phantom Monster. Es verliert ein paar Flair-Punkte, und es wechselt aus dem Common-Slot (zumindest in meinem Limited-Pool) in den Uncommon-Slot, aber Voyager Drake ist ein wirklich schönes Update, welches die Realitäten bezüglich der Spieklstärke mittelgroßer Flieger anerkennt. (Im Constructed und selbst im Casual wird das natürlich immer noch nichts.)


Horizon Drake hingegen ist schon ein wenig einfallslos. So nützlich diese Fähigkeit sein kann, so wenig glaube ich daran, dass sie außerhalb von Limited ausreichend ist, um dem Drake einen Weg in kompetitive Decks zu öffnen. Im Limited wiederum erscheint sie mir trotz der Zendikons eher als überflüssiger Gimmick.

Tideforce Elemental: Ist wohl 2/1 anstatt 1/2, um nicht allzu offensichtlich ein Puppeteer-Upgrade zu sein. Tatsächlich hilft das sogar, denn im Limited ist die Landfall-Ability nur halb so gut, wie sie auf den ersten Blick aussieht (denn man wird zumeist nur in der eigenen Runde in den Genuss kommen, zwei Kreaturen zu tappen/enttappen, profitiert aber von dieser Fähigkeit am meisten in der gegnerischen Runde), und im Casual ist der fehlende Toughness-Punkt durchaus nicht irrelevant. So ist die Karte im Limited ein wenig stärker als Puppeteer (der durchaus bereits firstpickwürdig war), aber noch nicht broken, und im Casual dank der Landfall-Mechanik sehr interessant.


Sejiri Merfolk: Tja, die Notwendigkeit dieses Zyklus in Worldwake sehe ich zwar trotz Länder-Themas nicht so recht ein, aber prinzipiell mag ich ihn, und insbesondere mag ich auch diese Karte – sowohl für Limited- als auch für Casual-Zwecke, obwohl sie für Letztere ein wenig zwischen Knight of Meadowgrain und Silvergill Adept eingeklemmt erscheint.

Rare

Goliath Sphinx ist groß, langweilig und ihren Manakosten angemessen stark (und damit keinswegs auch nur in der Nähe von Searing Blaze, egal was Tom LaPille behauptet). Wisst ihr, warum mir diese Karte gefällt? Weil sie eine Uncommon ist! Zumindest in meinem Limited-Pool. Ein großer, teurer Vanilla-Flieger – prima! Mahamoti Djinn kann ich mir dann für besonders starke Environments aufheben (denn natürlich ist der Djinn im Limited stärker – wer das nicht begreift, der versteht den Unterschied zwischen sechs und sieben Mana nicht!)

Jwari Shapeshifter wirkt auf mich irgendwie... ich weiß nicht... forciert. Vor allem als Rare. Ich denke, als Uncommon gefiele er mir wirklich besser! Einerseits ist doch klar, dass Ally-Spieler vier Stück davon haben wollen. Andererseits fühlt er sich einfach nicht speziell genug für eine Rare an. Agadeem Occultist oder auch Kazuul Warlord rechtfertigen ihren Rare-Status da eher (und ich sehe beide auch nicht als 4-ofs). Nun ja, Clone ist ja heutzutage auch Rare (wegen der furchtbar komplizierten Copy-Regeln). Aber Clone will ich ja auch nicht viermal in ein Tribal-Deck stecken. Ich bemühe einmal ein anderes Beispiel: Bauern sind Common; Läufer, Türme und Springer Uncommon, König und Dame Rare. Gerade bei einem Tribal-Deck finde ich diesen Vergleich recht passend. Der Shapeshifter ist vielleicht kein einfaches Fußvolk (wie Oran-Rief Survivalist zum Beispiel), aber gewiss auch kein General (Kazuul Warlord). Ach ja – ist euch aufgefallen, wie unsinnig der Flavortext dieser Karte doch ist?


Thada Adel, Acquisitor: Der erscheint mir irgendwie als ganz gezieltes Leckerli für Eternalspieler. Gewiss kann sich auch im Standard einmal eine Anwendungsmöglichkeit für ihn ergeben (vermutlich im Sideboard). Was mich daran stört? Nicht, dass für Eternal-Spieler gezielt Karten designt werden, aber dass diese Karten plötzlich die gesamte Dynamik von Matchups auf den Kopf stellen. Ich versuche mir gerade ein Bild davon zu machen, was Thada im Merfolk-Mirror anrichtet: Einmal angegriffen und gewonnen? Oder werden diese Spiele gar nicht durch Umezawa's Jitte und Sword of Fire and Ice entschieden? Ich meine: Ich MAG Saboteure, die Kartenvorteil erwirtschaften. Shadowmage Infiltrator, Augury Adept, Vedalken Heretic – die ganze Sippschaft, wie sie vom Ophidian abstammt, gefällt mir. Und sicher, nach zwei oder drei erfolgreichen Angriffen ist der Käse dann in der Regel gegessen. Aber wenn eine Kreatur nur einmal durchkommen muss, um das Spiel zu entscheiden, UND auch noch Evasion besitzt... ist das nicht ein bisschen zu dick aufgetragen?

Selective Memory: Mache ich es kurz (dies hier wird eh einer meiner allerallerlängsten Artikel – und das will etwas heißen!): Doof. Offensichtlich nur in Kombo tauglich (und dafür hoffentlich zu teuer). Ich mochte schon Mana Severance nicht, wo zumindest eine faire Anwendungsmöglichkeit noch denkbar war... aber gespielt wurde sie dann doch nur in TurboZvi, dem vielleicht unerträglichsten Deck aller Zeiten!


Quest for Ula's Temple: Bläh! Na schön, sollen ungewöhnliche Kreaturentypen auch einmal im Rampenlicht stehen. (Obwohl ich als Erstes natürlich wieder an Changelings denken musste...) Aber der Unterschied zwischen Quest-on und Quest-off ist hier einfach viel zu brutal! Natürlich will man die Quest mit Sensei's Divining Top spielen. Und dann hagelt es auch bald schon Gratis-Leviathane. Das ist genau die Art Casual-Deck, auf die außer mir offensichtlich alle Welt steht, und ich begreife nicht so recht, warum: In 90% der Fälle funktioniert es einfach nicht. In 10% der Fälle funktioniert es und erschlägt den Gegner mit kostenlosen Superfatties. In 100% der Fälle kommt kein vernünftiges Spiel zustande. Und dann ist da noch die Frage: Wenn ich schon so unfaire Dinge ausprobieren will – warum spiele ich dann nicht einfach Reanimator? Wegen des Flairs, nehme ich an. Na ja, ich hoffe mal, dass dann auch Kraken Hatchling im Deck ist! Das ist dann WIRKLICH einmal eine Überraschung, wenn man am Ende der gegnerischen Runde einen 0/4er mit der Quest ins Spiel bringt... ach nee, auch nicht, denn man hat das Hatchling ja drei Runden lang bereits vorgezeigt. Hört mal. Ich liebe ja cooles Fantasy-Flair. Wirklich! Deswegen sollte ich diese ganzen bunten Pappkarten beiseite räumen und endlich mal wieder eine Rollenspielrunde leiten...

Mythic

Jace, the Mind Sculptor: Ganz zum Schluss dieses Mammutartikels kommen wir zu der Karte, die gefühlte 90% des spielbaren Blaus in Worldwake ausmacht. (Weitere 9% entfallen auf Treasure Hunt.) Und natürlich ist es die Mythic Rare. Was auch sonst!


Ein kurzer Überblick über die „blauen“ Standard-Decks, die zuletzt aufgetaucht sind, bestätigt mich (bzw. MiDi, der das Ganze bereits mit ein wenig mehr Fachwissen dahinter moniert hat): Es sind keine „blauen“ Decks, es sind Jace-Decks. Ohne den overpowerten und (in ausschließlich finanzieller Bedeutung) überteuerten Planeswalker sind diese Decks keine Decks.

Ich habe es in anderem Zusammenhang schon einmal geschrieben: Ich mag Planeswalker nicht. Oh, ich mag die einzelnen Karten teilweise, aber ich mag das Konzept nicht. Vielleicht würde es helfen, wenn die Bezeichnung dieses Kartentyps cooler wäre, die zugrundeliegende Idee mehr Flair hätte. Bestimmt würde es helfen, wenn die Kartennamen epischer wären. In jedem Fall stört mich aber das ganze Prinzip eines Kartentyps, der seiner Definition nach nur in den seltenen (nach einer kurzen Erprobungsphase sogar nur der allerseltensten) Häufigkeitsstufe angesiedelt ist. Das ist so, als wenn Magic allgemein ein Spiel ist, und Magic für Leute mit zu viel Geld ein anderes.

Noch etwas kommt hinzu: Aus PR-Gründen muss jeder, absolut JEDER Planeswalker zumindest spielbar auf Constructed-Niveau sein. Das war zuerst notwendig, um diesen neuen Kartentyp an den Mann (die Gesamtheit meiner weiblichen Leserinnen, die sich hier diskriminiert fühlen, startet bitte eine Unterschriftensammlung auf der Rückseite einer Briefmarke) zu bringen. Jetzt können sie dieses Prinzip natürlich nicht mehr ändern.

Beeindruckend ist übrigens, dass sie es geschaftt haben! Absolut jeder Planeswalker ist bereits in kompetitiven Decks aufgetaucht. Ja, auch Chandra Nalaar. Ja, selbst Nicol Bolas, Planeswalker. Der Preis dafür ist allerdings, dass diese Karten dazu neigen, Casual-Partien zu runinieren.

Wenn ich im Casual-Raum bei Magic Online jemals bei einer Spielankündigung darauf drängen würde, dass meine Gegner auf eine bestimmte Art Karten verzichten, dann würde ich tippen: No Planeswalker. Kein anderer Kartentyp lässt Casual-Budget-Decks dermaßen oft dermaßen hilflos dastehen. Natürlich ist das Absicht! Der typische Magic-Spieler soll ja denken: „Boah, was für eine superstarke (und superseltene) Karte – die muss ich unbedingt auch haben!“ Siege mus man sich erkaufen können; das ist die finanzielle Grundlage des Sammelkartenspiels Magic. Zumindest seit einiger Zeit.

Diese Funktion erfüllt der neue Jace ganz hervorragend. Abgesehen davon macht es gewiss auch Spaß mit ihm zu spielen, so wie eigentlich mit jedem Planeswalker. Sagte ich, ich mag Planeswalker teilweise? Nun, ich mag es, wenn sie vor mir auf dem Tisch liegen, und ich mir aussuche, welche ihrer Fähigkeiten ich diese Runde spiele. Klar – wer mag das nicht?

Aber insgesamt wäre mir Magic ohne Planeswalker lieber. Und ohne Mythic Rares überhaupt. Aber das wisst ihr ja längst.

Bis zur nächsten Woche dann, wenn ich euch die roten Karten zeige!




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