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PT Berlin, von außen gesehen (1/2)
von Andreas "Zeromant" Pischner
03.11.2008

Einleitung

Da die deutschen (und österreichischen) Spieler zuletzt in die Erfolgsspur zurückgefunden zu haben scheinen, wird es doch sicherlich (hoffentlich?) bald einige ausführliche Berichte vom Mainevent im deutschen Netz zu lesen geben! Damit kann ich natürlich nicht dienen – ich war nicht qualifiziert und hatte es nicht einmal versucht – die Zeiten sind vorbei. Nicht einmal die PTQs in Berlin selbst hatte ich mitgenommen, denn was hätte schon passieren können? Im ungünstigsten Fall habe ich wieder einmal so viel Glück wie die letzten beiden Jahre bei den DM-Qualifiern und schaffe es nach Berlin, und dann drückt mir irgendjemand ein Deck in die Hand, das auch unter meiner untalentierten Leitung 50% Siege holt (Elfball anyone?), und ich bekomme wieder Lust darauf, ernsthafter zu spielen und denke, ich kann doch eigentlich immer noch ganz gut auf Pro-Niveau mithalten, obwohl ich es eigentlich besser WEISS, und dann fahre ich wieder zu allerlei PTQs und GPs und investiere Geld, Zeit und Nerven in ein letztlich hoffnungsloses Unterfangen, bis ich es dann irgendwann (wieder) einsehe und ein bis zwei Jahre später dann zurück genau dort bin, wo ich mich jetzt doch schon befinde. Neinnein – mit dem ambitionierten Turnierspiel ist endgültig Schluss! (Ich hoffe wirklich, damit hört es sich leichter auf als mit Magic generell, denn das hatte ich schließlich auch schon einmal versucht...)

Deswegen erzähle ich heute und nächste Woche nur von meinen Side-Event-Drafts und ein bisschen Drumherum. Das Drumherum soll ja nach Meinung mancher Leser sowieso wichtiger sein als der eigentliche Turnierbericht, da trifft es sich ja gut, dass ich Letzteren gar nicht erst anbiete!

Ich beginne also heute mit meinem Road-Trip und einigen allgemeinen Eindrücken. Nächste Woche berichte ich dann von meinen Drafterfahrungen.

Eine lange Leitung

Road-Trip? Laut der Online-Auskunft der BVG brauchte ich von meiner Haustür bis zur Seite gerade einmal 30 Minuten! Mehr kann man doch nicht erwarten, oder?

...mehr nicht, aber weniger. Also, doch MEHR, mehr Minuten halt. Seht Euch einmal die Ziffer „4“ an – ja, genau die hier. Sie besteht aus zwei sich kreuzenden Querbalken und einem Schrägbalken. Ich wohne nahe dem U-Bahnhof Boddinstraße, der sich an der U8 befindet, welche der vertikalen Balken dieser Ziffer darstellt. Der Kreuzungspunkt ist der Bahnhof Kottbusser Tor. Das linke Ende des horizontalen Balkens, welcher die U1 darstellt, bildet der U-Bahnhof Gleisdreick, welcher sich wiederum in kürzester Entfernung zur Site befindet. So weit, so unkompliziert, nicht wahr?

(Glücklicherweise hatte ich NICHT nur, so wie Tobi es empfohlen hatte, die von ihm angegebene Adresse gegoogelt, wo „The Station“, der Veranstaltungsort, es doch tatsächlich geschafft hatte, eine andere Luckenwalder Straße, in einer völlig anderen Gegend Berlins- und Berlin ist GROSS, Leute! – per Stadtplan zu verlinken, was gewiss jeden nicht Ortskundigen hoffnugslos in die Irre führen musste.)

Ich hatte meinen Rucksack bis zum Bersten voll mit Tauschkarten gepackt – sechs lange Kartenkisten, die entsprechend viel wogen und die Reißverschlüsse meines Rucksacks einem Härtetest unterzogen. Mehr ging nicht. Ich wollte, nachdem es bei der DM nicht richtig geklappt hatte, versuchen, bei der PT endlich einmal richtig zu tauschen – meine Güte, ich habe SO viel Zeugs (alleine in vier dieser Kisten befanden sich Rares, der Rest waren Foils, Promos und einige besondere Uncommons), da muss es doch möglich sein, meine Suchliste irgendiwe durch Tauschen abzuarbeiten?

Nun ja, ich schleppte also Donnerstagnachmittag (es hatte noch einige andere Dinge zu erledigen gegeben) einen schweren Rucksack zum U-Bahnhof Boddinstraße, fuhr bis Kottbusser Tor und wollte dort umsteigen. Nun muss man wissen, dass ich nicht das beste Gedächtnis für Umsteigewege habe. Deswegen ist es wohl auch meine Schuld gewesen, dass ich der etwas irreführenden Beschilderung in die falsche Richtung folgte und mich plötzlich auf der Straße wiederfand. Dort sah ich, dass der kürzeste Weg zur anderen Linie wohl tatsächlich über einen anderen Eingang führte und stieg diesen wieder hinab.

Ich muss zugeben, dass ich ein wenig in Gedanken war, daher nehme ich auch diesmal die Schuld auf mich, dass ich einer weiteren irreführenden Beschilderung folgte und zurück nach unten zur U8 auf denselben Bahnsteig, den ich vor fünf Minuten noch verlassen hatte, gelangte, insbesondere, da ich doch eigentlich wusste, dass die U1 an dieser Stelle eine Hochbahn ist. Nun gut, dumm von mir – ich beschloss, mich nicht allzu sehr über mich selbst zu ärgern und folgte diesmal dem richtigen Weg zum Hochbahngleis, wo ich mich auf eine Bank setzte und auf meine Bahn wartete.

Diese kam dann zehn Minuten später, und das Aussteigen der Passagiere wurde von einer Ansage begleitet, welche darauf hinwies, dass dieser Zug hier enden würde, und dass Reisende in meine Richtung bitte der Beschilderung zum Schienenersatzverkehr folgen sollte. So langsam begann ich mich zu ärgern. Ich folge der Masse der Passagiere, welche diese Strecke und den Ersatzverkehr offenbar schon kannten, und hielt dabei Ausschau nach den Informationsschildern, welche mir gleich den richtigen Weg gewiesen hätten. Ich fand sie, und zwar an genau denjenigen Stellen, wo man sie, meinen bisherigen Wegen folgend, kaum bemerkte.

Nun gut, ich kam also zur Bushaltestelle des Ersatzverkehrs, und obwohl gerade eben die U-Bahn, deren Anschluss er anstellte, eingefahren war, fuhr uns der entsprechende Bus vor der Nase weg. Unterdessen hatte es zu regnen begonnen. Ich wartete brav und meine aufkommende schlechte Laune bezähmend auf den nachfolgenden Bus.

Als dieser dann zehn Minuten später anhielt und die Tür öffnete, fragte ich den Fahrer sicherheitshalber, ob der zum U-Bahnhof Gleisdreick führe. Nein!, sagte dieser, da müsse ich mit der U-Bahn fahren. Irritiert ob dieser unerwarteten (aber nicht völlig unerwarteten, sonst hätte ich ja nicht gefragt) Antwort entgegnete ich, dass ich dort doch gerade herkäme, und dass ich laut Ansage zum Ersatzverkehr geleitet worden sei. Dann sei ich auf dem falschen Bahnsteig gewesen, erwiderte der Fahrer ungeduldig, ich hätte nach oben gemusst. Genau dort war ich doch gewesen!, gab ich ihm zu verstehen. Offensichtlich ging ich den Fahrer in meiner Orientierungslosigkeit auf die Nerven: Alle anderen Fahrgäste machten es doch genau so, also würde ich es auch schaffen, ranzte er mich an! Tja, da drehte ich mich eben um und stieg wieder aus... aber der Fahrer rief mich zurück, was ich denn nun mache! Ich teilte ihm mit dass ich, wie von ihm empfohlen, zurück in die U-Bahn wollte. Jetzt endlich drückte er sich verständlich aus: Ich solle mit ihm zwei Stationen fahren und DANN in die U-Bahn zurück umsteigen, welche mich dann planmäßig zum Gleisdreieck bringen würde! Ach so.

Meine weitere Reise bis zum Bahnhof Gleisdreieck verlief dann problemlos. Dieser Bahnhof besitzt nur einen Ausgang (das ist übrigens höchst ungewöhnlich für Berliner U-Bahnhöfe), also konnte ich da zumindest nichts falsch machen.

Eine schwache Leistung

Jetzt also nur noch die Luckenwalder Straße 4-6 finden, ein Kinderspiel, oder? In der Luckenwalder Straße müsste ich mich eigentlich, so wie ich den Stadtplan in Erinnerung hatte, bereits befinden. Leider gab es kein Straßenschild, und im nunmehr strömenden Regen konnte ich zunächst auch keine Hausnummernschilder ausmachen. Ich fragte ein knappes halbes Dutzend Passanten, ob ich denn in der Luckenwalder Straße sei, und ob sie „The Station“ kannten, aber diese sagten mir ausnahmslos, sie seien nicht aus der Gegend... hmm... Ich muss auch zugeben, es ist nicht allzu verlockend, in dieser Gegend zu wohnen: Ich kann mich an keinen GP und keine PT erinnern, die jemals in einer weniger einladenden Gegend stattgefunden hätten! Ein innerstädtisches, verwinkeltes, heruntergekommnes und schlecht beleuchtetes Industriegebiet, das ist das Areal um den U-Bahnhof Gleisdreieck.

Gleich rechts vom Bahnhofsausgang befand sich eine Einfahrt mit einem Pförtnerhäuschen, also steuerte ich diesen an und fragte ihn nach „The Station, Luckenwalder Straße 4-6“. Er informierte mich, dass ich mich in der Luckenwalder Straße befände (immerhin eine Bestätigung meiner Vermutung), dass er jedoch noch nie etwas von „The Station“ gehört hätte, und dass er keine Ahnung von den Hausnummern in dieser Straße hätte.

Das war unbefriedigend. Ich zog weiter die Straße entlang. Wäre das Licht besser gewesen, hätte ich gewiss die Hausnummer „6a“ an der Wand neben der Hausnummer des Pförtners bemerkt. (Wie kommt es eigentlich, dass jemand Pförtner bei einer Adresse ist, die ihm nicht bekannt ist?) So sah ich nur die „11“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich ging weiter und kam zur zweiten Einfahrt. Wäre es nicht dunkel und verregnet gewesen, oder hätte ich zumindest erwartet, dass Wizards das Willkommenbanner für ihre Site fünfzig Meter von der Straße entfernt im Innenhof aufhingen, anstatt bereits auf der Straße einen Hinweis auf ihren Veranstaltungsort anzubringen – insbesondere, da dort weder der Name „The Station“, noch die Hausnummer zu finden war – wäre meine kleine innerberlinerische Odyssee jetzt zu Ende gewesen. Stattdessen jedoch erregte eine weitere Hausnummer auf der anderen Straßenseite meine Aufmerksamkeit, „XV“, eine 15 in römischen Ziffern. Nun, wenn auf eine 11 eine 15 folgt, dann ging ich ja offensichtlich in die falsche Richtung, nicht wahr? Ich kehrte also um und folgte der abknickenden Straße in die Gegenrichtung, jedoch nicht mehr als ca. 100 Meter, bis ich eine Hausnummer „17“ fand.

Nun gibt es ja in Berlin verschiedene Systeme der Nummerierung in Straßen, was gelegentlich recht verwirrend sein kann – gerade Nummern auf einer und ungerade auf der anderen Straßenseite sind normal, und diese steigen entweder in die gleiche Richtung an, oder eine Straße ist hin- und zurücknummeriert. Manchmal ist eine Straße auch ohne die Trennung von ungeraden und geraden Nummern hin- und zurücknummeriert. Mit all diesen Systemen war ich vertraut, aber keines davon funktionierte mit der von mir vorgefundenen Anordnung der „11“, „15“ und „17“! Ich stand perplex da und ließ mich nass und nässer regnen. An dieser Stelle will ich meine ernst gemeinte Gratulation an alle Nichtberliner, die sich zu dieser Site erfolgreich durchgekämpft haben, loswerden!

Zwischendurch fragte ich natürlich alle Passanten, die mir begegneten, mit dem bereits beschriebenen Ergebnis, aber diesmal traf ich einen, der kein Deutsch verstand – aber dafür begriff, wo ich hinwollte, da er gerade von der Site kam! Mit seiner Hilfe fand ich nunmehr die richtige Einfahrt. Dort fragte ich, um sicher zu gehen, wiederum die Dame im Pförtnerhäuschen, ob dies hier „The Station, Luckenwalder Straße 4-6“ sei – und wieder erhielt ich lediglich ein verbales Achselzucken! Diesmal aber erspähte ich eine kleine Ansammlung verdächtiger Gestalten im nächsten Hof, die ich korrekt als vor der Tür rauchende Magic-Spieler klassifizierte, und als ich auf sie zusteuerte, erblickte ich dann auch das Willkommensplakat. Ich war angekommen. Effektive Reisedauer: 75 Minuten.

Die Site bot dann genau jenes Ambiente, welches man in einem heruntergekommenen Hinterhof eines Industriegeländes auch erwarten musste: Abgerissen, funktional, mit unebenem Betonboden (kein Teppichbelag) über allerlei Klappen und irgendwelchen Gerätschaften, die von der niedrigen Decke herabhingen. Es war zugig, und wie man bemerkte, wenn man länger als der Großteil der anderen Spieler verweilte, auch schlecht beheizt, da offenbar nur die Körperwärme der Menschenmenge die Temperatur erhielt. Die größtenteils nackten Wände waren nur zum geringen Teil vom Vorhängenn bedeckt – vermutlich dort, wo sich besonders störend ins Auge fallende Gerätschaften befanden. Zahlreiche Bedienelemente mit der Warnung „Rolltor außer Betrieb – nicht berühren!“ oder so ähnlich zählten hingegen wohl nicht dazu, oder die mitgebrachten Vorhänge hatten nicht gereicht. Als ich ankam, klebten gerade einige Judges eine Wanduhr ab, welche die falsche Zeit anzeigte. (Ich gehe einmal davon aus, dass die näher liegende Lösung, sie richtig zu stellen, erwogen und für undurchführbar befunden worden war.)

Vielleicht kennt Ihr ja meine Theorie, dass WotC die Pro Tour aus Kostengründen eigentlich am liebsten von heute auf morgen streichen würden, und nur nicht wissen, wie sie das damit verbundene PR-Disaster vermeiden können? Dieser Veranstaltungsort wirkte auf mich nicht anders als der letzte Schritt vor der endgültigen Abschaffung! Welch eine Ironie, dass ausgerechnet hier einige Teilnehmer Raphael Levys Aufruf gefolgt waren, in Anzügen zu erscheinen – schmutzige Blaumänner, Overalls oder Maleranzüge hätten erheblich besser zur Site gepasst!

Apropos unpassendes Outfit: An den nächsten beiden Tagen würde ich gelegentlich einen weiblichen Schiedsrichter sichten, der meine Blicke immer wieder auf mich zog. Sie trug das typische schwarz-weiße Zebrashirt der Judges, dazu jedoch an Stelle der dazu gehörenden dunklen Hose hohe schwarze Lederstiefel übereiner Strumpfhose, sowie einen schwarzen Leder-Minirock! Nun war ich zum Magic-Spielen hergekommen, und ein weibliches Wesen als Spieler oder Judge zöge zwar gewiss aus Neugierde immer erst einmal meinen Blick auf sich, aber normalerweise nicht unbedingt weitere (schließlich bin ich ja zur Zeit in festen Händen). In diesem Fall allerdings... als normales Zebra hätte sie sich problemlos zwischen den anderen Judges (wo der Frauenanteil um ein Vielfaches höher war, als bei der Spielerschaft) eingereiht, und mit einem zu ihrem sonstigen Outfit passenden Oberteil wäre sie jetzt auch nicht soo sehr heraus gestochen. (Tatsächlich liefen einige Spielerinnen, wohl wegen Halloween, deutlich auffälliger herum.) Aber diese Kombination war einfach der völlige Knock-Out! Michael Wiese verriet mir, dass auch einige Judges sich davon ziemlich irritieren ließen. Ich schlug Tobi vor, ein Bild von der Dame zu machen, mit der Unterschrift. „Is it the point of a judge's attire to look that distractingly cute?“, aber für so etwas hat mein Editor dann wohl doch nicht die Eier.

Wie auch immer, einmal dort machte ich eine kurze Begrüßungsrunde und suchte dann unverzüglich die Anmeldung für Side-Events auf, denn ich wollte dieses Wochenende einmal so richtig viel draften! Ich konnte jedoch die entsprechende Schlange nicht finden und fragte daher die einsam wirkende Dame an der Public-Event-Stage, wo man sich denn für Drafts anmelden könne. Wie es sich herausstellte, war ich da bei Ihr richtig! Ich meldete mich also an und schwatze ein bisschen mit ihr. Dabei warf ich sicherheitshalber immer mal wieder einen Blick hinter mich, ob ich nicht anderen anmeldewilligen Spielern im Weg stand, aber dem war keineswegs so. Nach bestimmt fünf Minuten war ich dann fertig angemeldet, als erster potenzieller Teilnehmer.

Ein langer Tausch

Ich setzte mich an einen leeren Tisch, neben dem ein angeregter Tausch stattfand, wuchtete alle meine Tauschkarten auf den Tisch und wartete, ob mich jemand ansprechen würde. Das geschah auch, sogar mehrmals, aber es waren immer nur Leute die mich kannten und ein paar Worte wechseln wollten. So vergingen wohl zehn Minuten, und dann setzte sich Artie Heinrich zu mir und wir quatschten wohl noch einmal eine Viertelstunde.

Ungefähr zu dieser Zeit fragte ich noch einmal bei der Public-Event-Stage nach, und es hatte sich immer noch niemand Weiteres angemeldet! Hm. Unterdessen musste es wohl auf 19 Uhr zugegangen sein. Artie zog weiter, und neben mir hörte das Tauschen auf, und ein Amerikaner fragte mich: „Do you trade?“ Na also!

Wie es sich allerdings herausstellte, handelte es sich bei ihm um einen Händler (und einen Bekannten von Jens Kessel). Nun ja, schon bei der DM war Jens der Einzige gewesen, der wirklich am Tauschen interessiert gewesen war. Ehrlicherweise muss man jedoch sagen, dass ich durchaus immer wieder von Spielern angesprochen wurde, doch die wollten eigentlich immer nur Glimpse of Nature oder Ethersworn Canonist haben, oder irgendwelche obskuren Commons wie Sundering Vitae.

Moment, das stimmt nicht ganz: Ein Spieler suchte beharrlich nach einem Glimpse the Unthinkable (den ihm der Händler dann auch beschaffen konnte)... sollte es sich hier etwa um ein bedauerliches Missverständnis gehandelt haben? (PT-Spieler zu seinem Barn, der erst seit Ravnica Magic spielt: „Hey, Buddy, I desperately need a Glimpse! Go and trade for it, no matter what the cost!“ Barn, not thinking – would he be a barn otherwise? – „Okay, no problem...“)

Jener amerikanische Händler durchsuchte also systematisch meine sechs Kisten, und ich durchsuchte systematisch seine Ordner, und wir begannen einen am Ende mehrere Dutzend Karten im Wert von mehreren Hundert Euro umfassenden Tausch. Zwar war mir klar, dass ein Händler natürlich auch beim Tauschen auf seine Gewinnspanne achtet, aber bevor ich mir aus meinen Tausch-Rares ein Haus baue, gebe ich sie lieber weg, so lange ich nicht allzu schlimm übers Ohr gehauen werde!

Nachdem ich eine halbe Stunde so beschäftigt war und abzusehen war, dass es noch einmal mindestens genau so lange dauern würde, bis wir endgültig fertig würden, kam wie aus dem Nichts plötzlich eine Ansage, dass mein Draft startete! DEN hatte ich ja nun in der Zwischenzeit völlig vergessen. Ich hastete als zurück zur Side-Event-Stage und bat die Dame an der Registration, mich aus diesem Draft wieder herauszunehmen, da ich gerade sehr beschäftigt war. Sie war damit zuerst nicht einverstanden und sagte mir, dass sie noch keinen Ersatz für mich hätte, und dass die anderen Spieler schon länger warteten (ach!), aber ich machte ihr klar, dass ich schon über eine Stunde wartete und in der Zwischenzeit eben etwas anderes angefangen hatte, nachdem ich schon gar nicht mehr damit rechnete, dass mein Draft jemals beginnen würde. Da musste sie es schließlich einsehen und gab mir mein Geld zurück, und ich kehrte zurück zu meinem Tauschtisch, auf dem mehrere Dutzend Karten ausgebreitet lagen, einschließlich zahlreicher Force of Will und Doppelländern.

Doch auch dieser Tausch fand irgendwann ein Ende, und ich verstaute meine Siebenhundertsachen und meldete mich erneut an. Diesmal ging es erheblich schneller, und ich konnte endlich draften – davon mehr im zweiten Teil meines Berichts.

Noch eine lange Leitung

Im Anschluss daran fuhr ich dann nach Hause. Erinnert Ihr Euch noch an die „4“? Deren Schrägbalken, das ist die U2 zwischen den Bahnhöfen Gleisdreieck und Alexanderplatz, wo ich dann wieder in die U8 umsteigen und nach Hause fahren konnte – ein Umweg, sicherlich, aber ich wollte diesmal den Schienenersatzverkehr vermeiden.

Auf dem Bahnhof traf ich Toffel, der in die gleiche Richtung fuhr. Wir unterhielten uns über Magic (welch' Überraschung), während wir fuhren. Auf einmal meinte Toffel: „Nanu, ist denn gar kein Schienenersatzverkehr mehr?“
Thoralf „Toffel“ Severin (Abbildung etwas
unter Originalgröße)

„Auf der Hinfahrt war er noch“, antwortete ich, „deswegen fahre ich ja jetzt diese Strecke hier“. Toffel guckte mich komisch an – okay, das kann ich mir auch eingebildet haben, Toffel guckt schließlich IMMER komisch, nicht wahr? – und informierte mich: „Auch auf dieser Strecke hier!“

Nur etwa eine halbe Minute später kam dann auch über Lautsprecher die entsprechende Durchsage. Das hatte ich ganz super gemacht – um einen Ersatzverkehr zu vermeiden, begab ich mich in einen anderen auf einer deutlich längeren Strecke!

Die Beschilderung war wieder einmal unter aller Sau, aber unter Toffels Führung fand ich die entsprechende Bushaltestelle, und wir warteten ein paar Minuten. Dann kam der Bus, und er war ziemlich voll. Toffel hatte zwar keinerlei Probleme, sich noch hineinzuquetschen (und zur Not hätte ihn der Fahrer ja auch einfach ins Handschuhfach stecken können), aber ich hatte keine Lust, mich mit meinem gigantischen Rucksack noch dazwischenzudrängern und beschloss stattdessen, die fünf Minuten zum Alexanderplatz einfach zu laufen – aus irgendeinem Grund war mir danach, vielleicht auch nur aus Trotz, damit ich diesem Schienenersatzverkehr wenigstens ausgewichen war!

Aus den fünf Minuten wurden dann 15 Minuten (dieser Fernsehturm IST aber auch hoch, da denkt man immer, man sei ihm viel näher), aber das war okay. Am Alex angekommen, fühlte ich mich schon wie auf einem typischen Road-Trip zu einem Magic-Turnier in einer anderen Stadt und beschloss daher, stilecht beim dortigen Burger King eine Mahlzeit einzunehmen, denn Fast Food gehört schließlich dazu, nicht wahr?

Dann setzte ich mich in die U8 und wartete auf den Zug, der mich zurück zur Boddinstraße brachte. Der kam auch, zusammen mit einer Ansage: „Sehr geehrte Fahrgäste... auf der U8... ein Pendelverkehr eingerichtet.“ JETZT kam ich mir wirklich verarscht vor! Der war doch vor ein paar Stunden noch nicht da gewesen? (Und nein, er endete nicht etwa vor dem Bahnhof Kottbusser Tor, sondern befand sich tatsächlich auf jener Strecke, die ich auf dem Hinweg in einem Stück zurückgelegt hatte.) Nun ja, ich begab mich in mein Schicksal. Wenigstens war ein Pendelverkehr nicht ganz so lästig wie Schienenersatzverkehr – anstatt in einen Bus umzusteigen, musste man nur ein paar Minuten auf dem U-Bahnhof warten.

So langsam erschienen mir meine Erlebnisse mit dem Berliner öffentlichen Nahverkehr an jenem Tag reichlich absurd, aber immerhin erreichte ich ohne weitere Zwischenfälle den Bahnhof Boddinstraße und konnte jetzt endlich nach Hause gehen.

...konnte ich? Als ich ausstieg, bemerkte ich, dass die Hermannstraße gesperrt war. In alle Richtungen, so weit das Auge reichte, standen an jeder Kreuzung zwei Mannschaftswagen der Polizei. Was zur Hölle?

Ich ging brav die Hermannstraße entlang, ich wohnte ja nur ein paar Querstraßen weiter. Dann aber hörte ich wie Parolen skandiert wurden und sah, wie zwei weitere Mannschaftswagen im Schritttempo vor einer demonstrierenden Menge fuhren, welche mir entgegenkam. Ich verstand kein Wort von dem, was sie da riefen, aber aus der Entfernung klangen sie aggressiv, und in der Dunkelheit wirkte diese die gesamte Straßenbreite ausfüllende Menge bedrohlich. Außerdem erschien mir die Polizeipräsenz doch ziemlich massiv, also beschloss ich, noch einen letzten Umweg zu gehen und in eine Seitenstraße abzubiegen, um diesen Umzug zu vermeiden. Dabei stellte ich fest, dass ich bereits eine Straße weiter die Demonstration erfolgreich umkurvt hatte – allzu viele Teilnehmer hatte sie wohl doch nicht besessen. So gelangte ich dann nach (Burger King abgezogen) wiederum ca. 75 Minuten Reisezeit zurück nach Hause.

Ich habe übrigens ewig gebraucht, um herauszufinden, wofür oder wogegen dort an jenem Abend eigentlich demonstriert wurde! Erst heute bin ich darauf gestoßen: Es handelte sich offenbar um eine Aktion der Initiative „Tempelhof für Alle“, welche sich, so wie ich es nach kurzem Überfliegen ihrer Forderungen verstanden habe, dafür einsetzt, dass das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof (welcher an jenem Abend geschlossen wurde) nicht genutzt wird, jedenfalls nicht in den nächsten zehn Jahren, und auf keinen Fall so, dass irgendjemand daran Geld verdient. Dinge gibt's!

Nächste Woche z..B. wieder Magic!




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