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Pischner Classics: Die nervigen Kleinigkeiten
Judge-Standpunkte
von Andreas "Zeromant" Pischner
27.10.2008

[In der Reihe Pischner Classics. kramen wir regelmäßig am letzten Montag im Monat Artikel aus den Archiven der insgesamt sechs Jahre, die Andreas Pischner nun bereits für PlanetMTG. schreibt, wieder hervor. Dieser hier erschien ursprünglich am 27. Juni 2003, ca. einen Monat nach der damaligen Deutschen Meisterschaft und zu einer Zeit, in der Andreas noch regelmäßig als Schiedsrichter Turniere leitete. Was er damals zu diesem Thema zu sagen hatte, erschien mir interessant und überraschend zeitlos... Viel Spaß damit!
– TobiH]
.


Eine ganze Weile ist es jetzt her, dass ich zuletzt etwas von mir habe hören lassen! Ich hoffe allerdings, dass meine Artikelpause nicht allzu unangenehm aufgefallen ist – immerhin haben ja bereits einige Leser anklingen lassen, dass es zuletzt ZU VIELE Artikel gegeben habe, insbesondere Turnierberichte von der DM.

Ich kann das, ehrlich gesagt, nicht ganz nachvollziehen – die Deutsche Meisterschaft ist per Defintion das wichtigste nationale Event des Jahres, und eine Artikelhäufung dazu ist ja wohl völlig normal! Es war auch keineswegs so, dass auch nur einer der Turnierberichte wirklich schlecht gewesen wäre – klar, einige sind weniger unterhaltsam oder originell ausgefallen als andere, aber insgesamt hatten eigentlich alle einen sehr annehmbaren Standard, der von Artikeln zu anderen Themen – und ich spreche hier NICHT nur von jenem einen ganz bestimmten, auf dem (zu Recht) viel herumgehackt worden ist, sondern auch von einigen, die sogar positiv aufgenommen wurden! – durchaus nicht immer erreicht worden war.

Weiterhin haben auch alle Schreiber sich nur zu Dingen geäußert, zu denen sie auch etwas Relevantes zu sagen hatten – nämlich ihren DM-Erfahrungen – und über den Inhalt der Artikel war ja wohl auch jeder spätestens bei der Überschrift informiert, so dass sich niemand beschweren kann, mithilfe von Tricks zum Lesen eines Textes, der ihn nicht interessierte, verführt worden zu sein.

Wenn ich schon dabei bin, möchte ich auch gleich eine Lanze für den Runde-für-Runde-Turnierbericht brechen: Wie wohl die meisten anderen Magic-Spieler auch komme ich bei weitem nicht so oft dazu, auf großen Turnieren Magic. zu spielen, wie ich es gerne täte, und bin daher durchaus interessiert daran, wie dort einzelne Partien verlaufen sind und wie sie entschieden wurden. Wenn eine Partie tatsächlich durch Mana-Screw oder -Flood entschieden worden ist, dann gibt es halt nicht mehr dazu zu sagen, und dann ist es in Ordnung, das in einem Satz abzutun. Wenn aber eine bestimmte Karte oder ein besonderes Play die Partie entschieden hat, dann möchte ich das auch wissen!

Wessen ich hingegen schon beim zweiten oder dritten Mal lesen (also bereits vor Jahren!) überdrüssig geworden war, sind ach-so-obercoole Formulierungen wie „Dicke Männer tappen kann was – me rulez!“ etc... Sicher, das ist Geschmackssache, aber glaubt mir: Den meisten Schreibern würde es viel schwerer fallen, einen Text in einigermaßen ordentlichem Deutsch zu verfassen, als in der In-Sprache der Magic-Spieler. Gelegentlich verfalle ich ja ebenfalls dem Charme eines besonders originellen oder treffenden Slangausdrucks, doch insgesamt bevorzuge ich dann doch verständliche und aussagekräftige Formulierungen, danke sehr!

Ohne besondere Überleitung komme ich dann mal zum eigentlichen Thema dieses Artikels: (Ich habe extra dem Titel einen Untertitel beigefügt, damit Ihr eine Vorstellung davon habt, was Euch erwartet – dann wird es wohl auch Zeit, diese Erwartungen zu erfüllen!) Die nervigen Kleinigkeiten, die bei einem wöchentlichen Turnier immer wieder einmal auftreten, betrachtet aus der Sicht des Schiedsrichters.

Bei beinahe jedem Turnier kommt es zu kleinen Reibereien über Dinge, die von den Spielern als unwichtig empfunden werden. „Ist es nicht so was von egal, ob... mein Gegner oder ich meine Lebenspunkte aufschreibt...ob wir nun an dem Tisch hier sitzen oder woanders... ob ich als Preis einen Scourge-Booster kriege, oder einen O.nslaught-Booster?“

Im Turnier ist meine Antw.ort meistens einfach „Nein.“ – vielleicht noch mit einem erklärenden Satz, aber nur selten kommt es vor, dass ich einlenke und sage „In Ordnung, was soll's!“

Warum ist das so? Bei solchen Fragen kann es sich um einen der folgenden Fälle handeln:

1.. Die Sache ist eigentlich selbstverständlich, und der Spieler meckert nur darüber, um Frust abzulassen – oder um mich zu nerven! Ja, das kommt gelegentlich vor, aber glücklicherweise nicht allzu häufig. In letzter Zeit reagiere ich ein wenig empfindlicher bei solchen Vorfällen, weil ich nicht wieder die Situation eintreten lassen will, dass ein oder zwei Spieler mir das Leiten des Turniers viel stressiger machen, als es nötig ist.

2.. Es gibt einen sehr guten Grund dafür, den der Spieler auch einsehen würde, wenn ich ihm meinen Standpunkt ausführlich erläutern könnte – aber dazu ist während des Turniers einfach nicht genügend Zeit! Gerade, WENN es sich um Kleinigkeiten handelt, sollte es aber auch aus Spielersicht doch wohl sinnvoll ein, die Entscheidung einfach hinzunehmen, anstatt zehn Minuten darüber zu diskutieren? Diese ausführlichen Erläuterungen zu einigen der häufigeren Reibungspunkte zu geben, ist jedenfalls eines der Hauptziele dieses Artikels!

3.. Meine Gründe sind nicht übermäßig überzeugend, und nach einer ausführlichen Diskussion würde ich einsehen, dass ich Unrecht habe. Ja, das kann durchaus vorkommen! Aber es gilt immer noch, dass während des Turniers keine Zeit für Diskussionen ist. Manchmal mache ich mir auch über eine Entscheidung nach dem Turnier noch einmal Gedanken und ändere sie dann zum nächsten Mal.

4.. Der Spieler hat Recht, und ich sehe das auch sofort ein – weigere mich aber trotzdem, es zu ändern. Das passiert auch gelegentlich! Der Grund dafür ist dann, dass eine Entscheidung für ein Turnier nun einmal bereits gefällt und durchgesetzt worden ist, und ich es für eine schlechtere Idee halte, sie innerhalb eines Turniers wieder umzustoßen, als sie diesmal durchgängig beizubehalten und es dann gegebenenfalls beim nächsten Mal besser zu machen. Ob DIESE Entscheidung wiederum die beste ist, darf auch ruhig bezweifelt werden – aber wiederum gilt: Das ist keine zehnminütige Diskussion wert!

5.. Ich gebe dem Spieler Recht oder auch nicht, aber ich kann momentan nichts an dieser Sache ändern! Das kommt besonders bei organisatorischen Belangen vor, wie beispielsweise der Preisvergabe oder Zuschauern nach Ladenschluss. Der Ladenbesitzer und Veranstalter (auch „Mein Chef“ genannt) ist mir gegenüber weisungsbefugt, und es gehört zu meinen Aufgaben, diese Anweisungen auch durchzusetzen! Das bedeutet nicht, dass ich mit ihm nicht auch des Öfteren über die Umstände des Turniers diskutiere – aber das Ergebnis dieser Diskussion, ob es mir nun gefällt oder nicht, muss ich umsetzen, basta! (Wobei ich in den meisten Fällen durchaus mit ihm auf einer Linie liege – das soll hier nicht so klingen, als wenn ich ständig gegen meine Überzeugung handelte.)

Noch eine Anmerkung zum letzten Punkt: Es kommt ziemlich oft vor, dass ein Spieler oder Kunde mich fragt, ob in einem bestimmten Fall nicht einmal eine Ausnahme gemacht werden könne, und ich nein sage. Manchmal spricht dieser Spieler oder Kunde danach mit meinem Chef und kommt dann hämisch grinsend zu mir, um mir mitzuteilen, dass DOCH eine Ausnahme gemacht wurde. Klar, Ausnahmen sind nicht undenkbar – aber WENN sie gemacht werden, dann eben vom Chef! Wer die Regeln festlegt, kann sie auch außer Kraft setzen. Es ist also keineswegs so, dass ich ein kompromissloser Korinthenkacker bin und mein Chef alles viel lockerer sieht – es ist lediglich eine Frage der Befugnisse.

Bei den letzten Turnieren habe ich mir ein paar Notizen gemacht, welcher Art die nervigen Kleinigkeiten denn so alles sind. Ich habe die Liste jetzt vor mir und stelle fest, dass sie – mit entsprechend ausführlicher Diskussion – wohl locker ausreichen würde, um drei Artikel zu füllen! Da ich aber nicht zu denjenigen Schreibern gehören, die nur um der Bezahlung willen überflüssige Artikel verfassen, werde ich stattdessen lieber eine Auswahl treffen. Dabei habe ich sowohl einige eher wichtige Dinge als auch einige eher unwichtige Dinge aufgeführt, weil ich es für interessanter hielt, Beispiele aus diesem gesamten Spektrum aufzuführen.


1. Jeder Spieler muss seine Lebenspunkte selbst führen.

Es ist erstaunlich, wie oft ich Spieler dabei ertappe, dass sie das nicht tun! Aber warum ist das so wichtig?

Zunächst einmal: Es steht in den Regeln (in den „Floor Rules“) – auch wenn das nicht alle Spieler, wie zum Beispiel ein gewisser frischgebackener Level-1-Judge (Handelt dieser Artikel hier nicht von „Nervigen Kleinigkeiten“?) wissen. Und wenn die Regeln ein bestimmtes Verhalten vorschreiben, dann sollte es eigentlich gar nicht nötig sein, nach Gründen zu suchen, warum man sie einhalten SOLL, sondern wenn schon, müsste man Argumente finden, warum man sie NICHT einhalten soll!

Außerdem haben kleinere Turniere auch die Aufgabe, Spieler auf wichtigere Events, an denen sie vielleicht später einmal teilnehmen, vorzubreiten, und das Führen der Lebenspunkte gehört dabei zu den absoluten Grundlagen!

Ich halte diese Regel übrigens auch für gut und wichtig, unter anderem aus folgenden Gründen:

  • . Einmal kommt es unweigerlich irgendwann einmal zu Streitigkeiten in einem Turnier. Selbst in der entspanntesten Atmosphäre, und selbst zwischen Freunden und Teamkollegen konnte ich schon beobachten, dass man sich nicht über den Lebenspunktestand einigen konnte. (Und natürlich wird dann der Judge gerufen, um eine Entscheidung zu fällen.) Wer seine Lebenspunkte nicht selbst führt, hat hier ganz schwache Argumente!

  • . Dann passieren weniger Fehler, wenn beide Spieler ihre jeweiligen Lebenspunkte führen (am besten ist es natürlich, wenn beide zum Abgleich auch die gegnerischen mitschreiben), da man kleine Veränderungen bei sich selbst aufmerksamer wahrnimmt als beim Gegner. Inbesondere kann man gut beobachten, wie oft Spieler Schaden, den ihr Gegner von Painlands nimmt, übersehen!

  • . Schließlich ist es letztendlich sogar UNFAIR, die Verantw.ortung für das korrekte Führen der eigenen Lebenspunkte dem Gegner aufzubürden! Dieser buchhalterische Vorgang und die damit verbundene Schreiberei bzw. Würfeldreherei kostet ein bisschen Zeit und ein bisschen Konzentration – nicht viel, aber doch genügend, dass man es merkt. (Genau das ist ja auch der Grund, dass ein Spieler zu faul ist, seine Lebenspunkte selbst zu führen!) Wer diesen Arbeitsaufwand auf den Gegner abwälzt, verschafft sich einen unlauteren Vorteil. Aber wichtiger noch als die abgewälzte Arbeit ist die abgeschobene Verantw.ortung! Ein Spieler, der seine Lebenspunkte nicht korrekt führt, hat mit Konsequenzen zu rechnen. Da ist es natürlich äußerst bequem, wenn nur der Gegner dieses Risiko trägt! Und hey, wenn der Gegner immer vergisst, den Schaden von den Painlands aufzuschreiben, umso besser... hoppla, so schnell ist die Grenze zum Betrug überschritten!

  • Dieser Punkt hier fällt in die Kategorie Selbstverständlichkeiten. Wer nicht bereit und fähig ist, seine Lebenspunkte selbst zu führen, hat in einem Turnier nichts zu suchen!


    2. Removed-from-Game-Karten dürfen nicht als Tokens verwendet werden.

    Wenn ich einen Roar of the Wurm. zwischen einem Wild Mongrel. und einer Aquamoeba. auf dem Tisch liegen sehe, dann kommt unweigerlich meine Frage: „Wie kommt die Sorcery ins Spiel?“ Ja, natürlich weiß ich, dass der Roar mithilfe von Flashback gespielt worden ist und nun, da er sich removed from Game. befindet, als Token missbraucht wird. Wenn ich beim Playtesten gerade nichts anderes zur Hand habe, mache ich es ja auch genauso (obwohl ich mich bemühe, es mir abzugewöhnen).

    Im Turnier ist das trotzdem keine gute Idee! Spätestens seit dem Odyssey-Block sehen die meisten Spieler zwar ein, dass sie keine Karten aus dem Graveyard als Tokens benutzen können. Dass aber Removed from Game. bei Magic. genauso eine Zone ist wie der Graveyard (mit einer wichtigen Unterscheidung, auf die ich etwas später noch zu sprechen kommen werde), scheint trotz der Wishes. aus Judgment. noch nicht allzu fest im Bewusstsein der Spieler verankert zu sein.

    Also wieder die Frage: Warum ist das wichtig?

    Im Wesentlichen gibt es die Probleme der Unübersichtlichkeit und Fehleranfälligkeit. Roar-Tokens gelangen immer und immer wieder versehentlich auf den Friedhof, auf die Hand oder in die Bibliothek. Das passiert VIEL seltener, wenn man als Token nichts verwendet, was die gleichen Rückseiten hat wie die Karten im eigenen Deck – und selbst wenn es dann passiert, ist der Fehler meist ohne großen Aufwand zu korrigieren.

    Außerdem ist Removed from Game eine Zone, die von jedem Spieler jederzeit eingesehen werden darf, und obwohl es naheliegend und wahrscheinlich sogar sinnvoll ist, Removed-from-Game-Karten, die durch den Effekt einer Karte im Spiel entfernt wurden und durch eine Fähigkeit dieser Karte wiederkehren könnten (wie bei Mesmeric Fiend. oder Astral Slide) unter diesen jeweiligen Karten zu platzieren, sollte man ansonsten doch seinen Removed-from-Game-Stapel beieinander behalten, damit auch der Gegner einen guten Überblick darüber hat.

    Insgesamt ist eine als Token verwendete Karte bei einem Ladenturnier sicherlich kein Beinbruch, und ein Spieler muss sich schon als unwahrscheinlich renitent erweisen, um dafür auch nur ein Warning. von mir zu erhalten, aber trotzdem werde ich darauf achten, diese Situation immer, wenn ich sie bemerke, zu korrigieren – nicht zuletzt auch wegen des „erzieherischen“ Effekts, um das Bewusstsein für die verschiedenen Zonen bei Magic. zu schärfen.


    3. Wenn eine Karte ein Ziel hat, muss dieses auch angesagt werden.

    Hier geht es nicht um die Fälle, in denen es offensichtlich notwendig ist, ein Ziel („Target“ – die offizielle deutsche Formulierung „Deiner Wahl“ ist eine Krankheit!) zu bestimmen,
    wie zum Beispiel bei einem Shock, wenn der Gegner mehrere Kreaturen mit Toughness 2 oder weniger im Spiel hat, sondern eben um diejenigen, wo Spieler das Ansagen zumeist für überflüssig halten. Am häufigsten ist das bei schwarzen Karten der Fall, wie Chainer's Edict, Mind Sludge, Haunting Echoes, Cabal Therapy. oder Duress, aber auch Quiet Speculation. ist ein sehr häufig auftretender Fall, und gelegentlich spielt ein Anfänger auch einmal mit Book Burning.

    Book Burning. birgt übrigens eine hässliche Falle: Wenn man einen Spieler, der die Karte spielt, um Threshold zu bekommen, fragt, wen er denn nun als Ziel benennt, benennt dieser in einem von drei Fällen den Gegner – weil der ja die sechs Schaden nehmen soll... (Wie gesagt, im Constructed wird diese Karte größtenteils von Anfängern gespielt.) Hier fehlt offensichtlich oft völlig das Bewusstsein, dass die Karte einen Zielspieler benennt, der die sechs Karten in seinen Friedhof legen soll. Alleine schon dieses Bewusstsein zu fördern, dass eine Karte ein Ziel hat, ist ein Argument dafür, das Ziel immer ansagen zu lassen.

    Dieses Argument zieht zum Beispiel auch bei Duress. Lasst mich einmal raten, wie viele von Euch vor einer halben Minute gedacht haben „Der geht doch sowieso nur auf den Gegner!“ Natürlich, und deshalb stellt sich hier in einem Duell logischerweise auch nicht die Frage, welcher Spieler davon betroffen wird! Trotzdem besitzt Duress. aber ein Ziel, das man ansagen muss. Ist das überflüssig? Vielleicht... aber andererseits habe ich schon so oft gesehen, wie ein Duress. auf einen Spieler mit Solitary Confinement. oder True Believer. im Spiel gesprochen wurde, dass ich die Frage lieber andersherum stellen möchte: Schadet es??

    Probiert es einmal aus: „Duress. Duress. auf Dich. Duress. Duress. auf Dich. Duress. Duress. auf Dich.“ Wenn Ihr diese Ansagen so betont, wie 99% aller Magic-Spieler, dann sind sie absolut genauso lang – kein Zeitverlust, nicht einmal von einem Sekundenbruchteil!

    Also, Pro und Kontra zum Ansagen des Ziels bei Duress... Pro: Laut Regeln muss das Ziel benannt werden, und es schärft das Bewusstsein dafür, dass derjenige tatsächlich angezielt wird. Kontra: 1% der Bevölkerung (nämlich diejenigen mit dem „Halloo erßmaa“-Duktus) verzögern dadurch das Spiel um eine halbe Sekunde.

    Vielleicht geht das ja nur mir so, aber ich halte das Kontra-Argument nicht für besonders überzeugend...

    Bei den anderen genannten Karten kommt hinzu, dass es nicht nur möglich, sondern gelegentlich auch sinnvoll ist, sie auf sich selbst zu spielen (bzw. bei Quiet Speculation. auf den Gegner)! Das habe ich alles bereits gesehen:

  • . Chainer's Edict. auf sich selbst, um einen lästig gewordenen Grinning Demon. loszuwerden.

  • . Chainer's Edict. auf sich selbst, ohne eine Kreatur im Spiel gegen ein kreaturenloses Deck – und im selben Zug Haunting Echoes. mithilfe von Mirari. auch auf sich selbst kopiert, um die unerwünschten Edicts aus dem eigenen Deck zu holen!

  • . Cabal Therapy. auf sich selbst, um Phantom Nishoba. in den Friedhof zu bekommen, von wo aus er reanimiert werden kann.

  • . Mind Sludge. (!) auf sich selbst, um mit einer Ensnaring Bridge. im Spiel rechtzeitig auf null Handkarten zu kommen.

  • . Quiet Speculation. auf den Gegner, nachdem man selbst keine Flashback-Sprüche mehr im Deck hat, nur um sein Deck ansehen zu dürfen.

  • . Quiet Speculation. mit Compost. im Spiel auf dem Gegner – drei Chainer's Edict. in den Friedhof gebracht, von wo aus sie das gegnerische Zombie-Deck in absehbarer Zeit nicht spielen konnte, und drei Karten gezogen!

  • Die Moral von der Geschichte: Es ist keineswegs immer selbstverständlich, welcher Spieler bei welcher Karte als Ziel benannt wird. Und es ist weder die Aufgabe des Schiedsrichters noch die Eures Gegners zu entscheiden, wann es für Euch taktisch klug sein könnte, das „übliche“ Ziel eines Spruchs abzuändern. Sagt es einfach immer an!

    Auch das hier ist eine Kleinigkeit, auf die ich zwar aus erzieherischen Gründen nicht müde werde hinzuweisen, die aber normalerweise niemals ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen würde.


    4. Die Reihenfolge der Karten im Friedhof muss korrekt sein und darf nicht verändert werden.

    Warum ist das wichtig, wo sich doch in keinem relevantem Turnierformat mehr Karten befinden, für die das einen Unterschied macht?

    Es ist NICHT wichtig. Es ist UNWICHTIG!

    Aber es ist trotzdem nicht überflüssig.

    Wenn ich beim Beobachten einer Partie bemerke, dass ein Spieler Karten in der falschen Reihenfolge in den Friedhof legt, dann korrigiere ich das normalerweise ohne großen Gesten. Wenn ich feststelle, dass ein Spieler die Reihenfolge seines Graveyards durcheinanderbringt, dann fordere ich ihn dazu auf, das nicht zu tun, und versuche die korrekte Reihenfolge wiederherzustellen.

    Warum?

    Einmal besagen die Magic-Regeln immer noch, dass der Friedhof eine festgelegte Ordnung besitzt.

    Dann GIBT es immer noch Turnierformate, in denen Karten wie Nether Shadow. oder Death Spark. legal sind (Vintage und Legacy), so dass man wiederum ein erzieherisches Argument anbringen könnte.

    Ich muss allerdings zugeben, dass diese beiden Argumente alleine mich nicht dazu brächten, einen Finger zu rühren, denn es gibt diesmal gute Argumente dagegen, diese Regel zu befolgen: Wenn ich die von den Spielern abgelegten Karten umordne, lenke ich sie von ihrer Partie ab und verwirre sie vielleicht sogar! Es gibt allerdings noch weitere Gründe dafür:

    Korrekt abgelegte Karten unterstützen das Regelverständnis. Warum liegt der Basking Rootwalla. unter dem Elephant Guide? Warum liegt der Exalted Angel. unter dem Wrath of God, den man gezwungen war zu spielen, aber der Goblin Taskmaster. in einer vergleichbaren Situation über dem Earthquake? Wer seine Karten in der korrekten Reihenfolge ablegt, zeigt dass er die dazugehörigen Regeln beherrscht. Wer das nicht tut, lässt das Gegenteil vermuten. Aber auch dieses Argument würde mir vermutlich nicht ausreichen. Der entscheidende Grund ist folgender:
    Ein korrekt geordneter Friedhof macht den Spielverlauf leichter nachvollziehbar!

    Ein korrekt geordneter Friedhof macht den Spielverlauf leichter nachvollziehbar!

    Wie oft sehe ich mich als Schiedsrichter mit der Frage konfrontiert: „Was ist eigentlich bisher in diesem Spiel passiert?“ Eine Rekonstruktion. der Ereignisse ist bei korrekt angeordneten Friedhöfen viel eher möglich!

    Trotz alledem bleibt es dabei, dass die Graveyard-Order in einem Standard-Turnier nicht WICHTIG ist. Trotzdem bemühe ich mich aus den genannten Gründen, den Spielern zu vermitteln, sie einzuhalten.


    5. Die vom Judge vorgegebene Sitzordnung soll eingehalten werden.

    Hier muss ich dazu sagen, dass ich bei der Durchführung des Turniers normalerweise keinen Computer zur Verfügung habe und daher auch keine ausgedruckten Paarungen mit festgelegten Tischnummern habe. Stattdessen sage ich einfach nach der Auslosung laut die Paarungen an und lege die Rundenzettel am entsprechenden Tisch ab.

    Manchmal kommen Spieler auf die Idee, selbsttätig ihre Paarung zu verlegen. Das sehe ich gar nicht gerne und versuche es im Normalfall zu unterbinden.

    Warum?

    Einmal, um eine Fehlerquelle auszuschließen. Wenn die Rundenzettel der Spieler durch die Gegend geschoben werden, kann es schnell passieren, dass sie durcheinandergeraten und die falschen Gegner einander gegenübersitzen!

    Dann kann es aber auch sein, dass ich mir etwas dabei gedacht habe, ein bestimmtes Spielerpaar an einen bestimmten Ort zu setzen! Vielleicht möchte ich ja einen Spieler, dessen Spielverhalten mir aufgefallen ist, unauffällig weiter im Auge behalten, um feststellen zu können, ob er tatasächlich betrügt? Oder vielleicht möchte ich einfach nur problemlos bei einem Deckcheck zugreifen können, ohne mich „unauffällig“ eingezwängt zwischen den Tischreihen zu postieren oder hektisch durch den Raum stürzen zu müssen?

    Zugegeben, in über 90% aller Fälle habe ich diese Hintergedanken nicht. Aber WENN ich sie habe, dann werde ich kaum in diesen speziellen Fällen sagen können: „Nein, DIESMAL müsst Ihr wirklich hier sitzen bleiben. Denkt Euch nichts dabei!“ Das funktioniert nicht!



    So, nach diesen fünf Beispielen ist jetzt wohl wieder einmal der Punkt erreicht, an dem ich das Ende meines Artikels mit dem Standard-Satz ankündigen sollte: Jetzt ist er wohl lang genug!

    Ich hoffe, ich habe ein wenig Verständnis für alle Magic-Schiedsrichter geweckt, deren Handlungen gelegentlich auf das Unverständnis der Spielerschaft stoßen!

    Ein Nachgedanke noch: Es scheint bereits so weit zu sein, die Gewöhnung setzt ein: Das neue Design der Achten Edition. beginnt mir langsam zu gefallen! Was ich gefühlsmäßig vor einem halben Jahr nicht für möglich gehalten hätte, ist so, wie ich es aus rationalen Überlegungen vermutet hatte, eingetreten.

    ...aber dass sie Counterspell. herausgenommen haben, halte ich trotzdem für eine Riesendummheit!.




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