miraclegames.de
Limited
Alara Limited Review, Teil 3
Draftarchetypen
von Andre "TrashT" Müller
23.10.2008

So, die ganzen Commons wären durchgeackert und das Draftformat damit weitestgehend definiert. Schließlich machen die Commons ziemlich genau 71.42% (minus eines geringen Betrages für die Foil Non-Commons) eines gegebenen Draftformates aus – zumindest seit in Shards of Alara. ein Booster aus genau zehn Commons (potenziell minus einer Foil), drei Uncommons und einer (Mythic) Rare besteht.

Aus diesen Commons kristallisieren sich nun mehr oder weniger viele Draft-Decktypen heraus. Dies ist zunächst ein spiralförmiger Prozess. Draft balanciert sich konstant dahingehend selbst aus, dass die besten Decks über- und die schlechtesten Decks unterdraftet sind. Dabei beziehe ich mich bewusst nicht auf gute oder schlechte Karten! Eine „gute Karte“ ist eben nur dann gut, wenn man sie in den entsprechenden Decks ihrer Farbe auch spielen möchte. Betrachtet man beispielsweise Carven Caryatid, so würde dieser voraussetzen, dass Grün irgendwie defensiv gedraftet werden könnte. Wenn der Rest der Farbe aus effizienten, billigen Kreaturen und einigen Combat-Tricks bestünde, wäre die Chance, jemals in einem Deck zu landen, für Carven Caryatid. gering.
Wo auch immer sich viele Karten einem gemeinsamen Zweck widmen, entsteht ein entsprechender Decktyp.

Andi sagte irgendwann einmal: „Aus guten Karten folgen gute Decks, nicht andersherum.“ Das ist so nicht ganz richtig. Der Merksatz lautet viel eher: „Aus Anhäufungen guter Karten folgen gute Decktypen.“ Denn das Einäugige unter den blinden Hühnern macht noch keinen Sommer oder so. Wo auch immer sich also viele Karten einem gemeinsamen Zweck widmen, entsteht ein entsprechender Decktyp. Ganz gängig sind da Card-Advantage-Control oder Evasion-Beatdown. Solange nur genug Fokus da ist, besteht aber auch die Möglichkeit, dass sich Mill-Decks (Ravnica-Limited für ein Control-Beispiel, Champions of Kamigawa. ließ gar ein Race-Milldeck zu), Land-Destruction-Decks (RGb-Icefall.dec aus Coldsnap) oder gar infinite Combos (Morselhoarder. + Sinking Feeling. + Power of Fire, oder Quillspike. + Devoted Druid. + Flourishing Defenses) draften lassen. Auch ist Aggro nicht gleich Aggro: In Mercadian Masques. hat es noch völlig ausgereicht, die Kurve bei drei beginnen zu lassen; im Ravnica-Guildpact-Dissension. tummelten sich dafür die 1-Drops.

Die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Vor einigen Wochen schrieb ich darum einen Artikel, der uns nun vorgeben soll, durch welche Brille wir die vorhandenen Karten (um deren Qualitäten „im Vakuum“ wir nun wissen) betrachten müssen, um zu den Decktypen zu gelangen.

Kontrolle.

Gierige Sealed-Deck-Konstrukteure haben den formatdefinierenden Decktypen quasi aus Versehen mitbegründet. Die Rede ist von einem klobigen Deck mit viel Manafixing, dem hohen Manaanteil entsprechend eindrucksvollen Kreaturen und dem Besten aus allen fünf Farben, hauptsächlich Removal, Spoiler-Rares und Kreaturen zur Anwendung ab dem späten Mid-Game. Die vielen Panoramen lassen zu, dass man problemlos auch fünffarbig draften kann. Hierbei gilt es aber, die Choreographie, nach welcher man durch den Draft tanzen wird, so gut es geht vorzudefinieren.

In meinem Controldeck will ich so viel Removal wie möglich. Seit Äonen sind die Hauptfarben dafür Rot und Schwarz, mittlerweile finden sich auch in Weiß einige Removal-Sprüche. Letztere zur Hauptfarbe zu ernennen, wäre zwar günstig, um auch noch Yoked Plowbeast. (mehr dazu später) vernünftig einsetzen zu können, führte aber zu Problemen beim Splashen der kompletten Removalbarrage: Entweder Branching Bolt. oder Agony Warp. wäre auf einmal ein Doppel-Splash. Mit der schwarzroten Basis kann man alle Removal mindestens splashen und Executioner's Capsule. gleich viel effektiver für einsetzen sowie stets das frühe rote Mana für ein beatdownverlangsamendes Magma Spray. zur Verfügung haben.

Gedraftet wird also BR, mit Splash für Branching Bolt, Agony Warp, Resounding Silence. und Oblivion Ring. Natürlich wird man die nicht alle bekommen. Zusammen mit Magma Spray, Resounding Thunder, Executioner's Capsule, Bloodpyre Elemental. und vielleicht sogar Blister Beetle. oder Soul's Fire. sollte man aber auf genug Removal kommen, um sich der gefährlichsten Bedrohungen der Gegner zu entledigen. Ziel der Übung ist dabei einfach nur, das Lategame zu erreichen. Denn um seine Manadiversität voll zu entfalten, braucht es einige Zeit, in welcher man seine diversen Panoramen opfert oder Uncommon-Länder getappt ausspielt.

An der Stelle sei noch einmal etwas über die Obelisken gesagt. Zuerst hatte ich das Gefühl, dass sie in dieses Deck wunderbar hineinpassen müssten, beschleunigen sie doch die fetten Kreaturen und sorgen gleichzeitig für dringend benötigtes Manafixing.

Mittlerweile verzichte ich weitestgehend auf die Obelisken – nach Möglichkeit spiele ich gar keinen – und spiele stattdessen lieber mehr Länder! Wer 17 Länder und drei Obelisken spielen würde, kann genau so gut 19-20 Länder und null bis einen Obelisk spielen. Immerhin ist der Obelisk:

  • . auf der Starthand (besonders krass bei mehr als einem) schlecht für die Mulliganentscheidung, da man ihn bei unter drei Ländern nicht 100% als weitere Manaquelle anrechnen kann,

  • . virtueller Anti-Time Walk, wenn man dringend auf das benötigte x-te Land wartet, um endlich mehr ausspielen zu können,

  • . nicht einmal Beschleunigung, wenn man in Runde vier nicht den dazugehörigen Land-Drop hat

  • . und sogar bremsend im frühen Spiel, wo man für drei Mana vielleicht schon viel lieber ein Removal ausgespielt hätte.

  • Das Einzige, was überhaupt für ihn spricht, ist das Color-Fixing. Und das brauchen wir in so einem Deck unbedingt, oder etwa nicht?

    Ehrlich gesagt, nein. Natürlich brauchen wir irgendwelches Color-Fixing. Aus diesem Grund picken wir auch Panoramen wie die Deppen! Vier bis sechs Manafixer der richtigen Sorte reichen erfahrungsgemäß für ein ordentliches 5-Color-Deck. Man spielt erst einmal aus, was geht, um nicht zu schnell ins Hintertreffen zu geraten, und aktiviert in einem ruhigen Moment und sobald man weiß, welches Mana das Panorama überhaupt fetchen soll. (Hierbei ist es wichtig, im Hinterkopf zu behalten, welche Länder das Deck alle im Spiel haben muss, um potenziell jeden Spruch ausspielen bzw. supercyclen zu können.) Sobald man einigermaßen viele Züge überlebt hat, steht der Gegner plötzlich vor einem Problem: Das Spiel ist in eine Ruhephase übergegangen, welche durch den Spieler mit den besseren Topdecks gewonnen wird.

    Ihr könnt euch ja vorstellen, dass ein 5-Color-Deck in so einer Situation die Oberhand hat! Wer gnadenlos die beste Karte aus jedem Booster picken kann, ohne sich groß um die Farbanforderungen zu scheren, hat sicher bessere Spells als der Gegner. Der hat dafür vielleicht ein paar mehr, da ihr mehr Manaquellen spielt und so insgesamt weniger Sprüche nachzieht. Der Ausdünnungseffekt der Panoramen wirkt dem übrigens mehr schlecht als recht entgegen: Ihr zieht ETWAS weniger Länder nach, aber nicht so viel weniger, als ob ihr ein Land weniger im Deck spielen würdet. Dafür ist so ein Ausdünnungseffekt einfach mathematisch betrachtet zu gering.

    Was ihr aber noch habt, sind Fatties mit Cycling. Ridge Rannet. passt am besten ins Deck, aber je nach Manastabilität kann man auch Yoked Plowbeast. und / oder Jungle Weaver. einbauen. Ersterer ist etwas einfacher zu splashen, da seine Farbe von den beiden Lieblingspanoramen dieses Decks produziert wird. Denn wie ich letzte Woche schon anmerkte, bevorzugt man Panoramen, welche eine Main- und zwei Splashcolors produzieren können. Im 5c-BR sind dies die Länder aus Naya und Esper. Obelisken – so man sie spielen muss – sollten am besten aus Bant sein, damit sie direkt alle Splashes gleichzeitig ermöglichen und da man bei der Standardlandverteilung lieber keine Länder der Hauptfarbe für Obelisken cutten möchte. Die Tapländer sind ungefähr alle gleich beliebt, da man sich nicht wie bei den Panoramen entscheiden muss.

    Fatties für sieben Mana werden also im Deck sein. Der rote geht immer (wie man am GP gesehen hat, wo ich gleich mal fünf Stück im Deck hatte. ), die anderen beiden müsste man mit ungefähr fünf Quellen ihrer Farbe (Panoramen eingerechnet) unterstützen. Problematisch ist hierbei nur, dass man normalerweise nur je ein Basic-Land der drei Splashfarben spielen, für Weaver und Plowbeast aber noch einen zweites Exemplar von Forest/ Plains. ins Deck packen müsste. Das müssen die Hauptfarben mitmachen, die sich die restlichen (unter Abzug der Basic-Lands der Splash-Colors so wie aller Fix-Länder) Standardländer teilen und nicht unbedingt erst ein Panorama aktivieren wollen, bevor ihre Sprüche ausgespielt werden können.

    Darauf basiert dann auch schon fast das ganze Deck: viiiele Länder, Fettsäcke mit Cycling und ordentlich Removal. Je nach Lust und Laune kann man noch ein paar Karten wie Carrion Thrash, Kederekt Creeper. oder Tidehollow Strix. einsplashen, und vor allem die vielen Charms können von straighteren Draftern nicht immer ausgespielt werden. Viscera Dragger. ist gern gesehen, obgleich von anderen Spielern meist höher priorisiert, und Dreg Reaver. ist ein solider Mann, der den Gegner kurz und schmerzlos erledigen kann, nachdem ihr sein Board abgeräumt habt.

    Im Draft stürzt man sich vorrangig auf die Removal. Dadurch steht dann auch mehr oder weniger fest, was ihr wie gut splashen müsst, und bedingt eure Priorisierung der Panoramen. Diese wiederum lassen zu, dass man sich in den Splashfarben mit weiteren handverlesenen Karten breitmacht. Am Ende des Drafts hat man etwas, das kaum nach Deck aussieht, dem Gegner aber mächtig zusetzt, falls er nicht so gut aus den Startlöchern kam oder sein Deck nicht unbedingt auf Beatdown ausgelegt hat.

    Und drafteten das alle so, sagten wir Sealed Deck v2.0 dazu.

    Aggro.

    Daher braucht es eine Konter-Strategie. Am besten bestraft man den Gegner dafür, dass er in den frühen Runden nicht so aktiv ist wie das Durchschnittsdeck, indem wir ihm eine ordentliche Beatdownkurve hinlegen. Ideal dafür sind die grünweißen Karten.

    Hier finden wir die meisten guten 2-Drops und sogar einige sehr starke 1-Drops, die das Board längst vor dem 5c-Gegner bevölkern und ihm massig Schadenspunkte zufügen. Wild Nacatl, Akrasan Squire, Knight of the Skyward Eye, Steward of Valeron. und Cylian Elf. sind alle sehr gut geeignet, um früh Schaden zu machen.

    Irgendwann wird der Gegner aber größere Kreaturen ausspielen. Diese entfernt man am praktischsten mit Oblivion Ring, den aber so ziemlich jeder gern draftet. Resounding Roar. oder Sigil Blessing. sind einem Beatdown-Approach angemessenere Lösungen. Besonders das Blessing. macht den Schaden, der (ungleich zum Removal-Szenario) durch den Block verhindert wird, teilweise sogar mehr als wett. Wenn alles nicht hilft, muss man zu Excommunicate. greifen, um den Blocker kurzzeitig wegzuräumen. Die Karte ist von der Wertigkeit aber nicht besser als ein schlechter Combat-Trick.

    Einige Schadenspunkte lassen sich noch mit Fliegern durchdrücken. Sanctum Gargoyle. muss nichts zurückholen, um ein solider Flieger zu sein, und Welkin Guide. entscheidet oft schon im Moment seiner Ankunft das Spiel zu euren Gunsten.

    Man kann kaum genug 2-Drops haben. Das spiegelt sich auch im Draft wieder. Gargoyle, Knight und Nacatl sind auch bei anderen Draftern sehr beliebt und auch auf den Steward und den Squire. habt ihr kaum das Monopol. Der Elf und der Guide finden wenig Anwendung in anderen Decks; hier könnt ihr es etwas ruhiger angehen lassen. Combat-Tricks sind weniger Wert als Removal, darum habt ihr hier Glück. Besonders Excommunicate. will eigentlich nie einer haben (ihr aber auch nicht unbedingt).

    Das Deckkonzept noch einmal zusammengefasst: Die effizienten Beatdownkreaturen machen frühen Schaden, tauschen im Midgame oft noch ab und werden durch Combat-Tricks (und – wenn man lucky ist – Removal) unterstützt, um dicke Blocker wegzumachen. Ist das nicht genug, muss man für den restlichen Schaden drüberfliegen.

    Eine andere Möglichkeit zeigt das UB-Evasion-Deck. auf. Mit Fliegern, die ab Runde 3 schon für die berüchtigten zwei Schadenspunkte angreifen können, helfen dem Gegner oft auch seine Blocker nicht mehr weiter. Um Finisher muss man sich keine Gedanken machen. Viel wichtiger ist es, früh genug in das Damage Race einzusteigen, um noch den ersten Platz belegen zu können. Tidehollow Strix. wäre natürlich ideal. Glaze Fiend. braucht einiges an Unterstützung (11+ Artefakte sollte man zocken), macht dann aber ebenfalls ordentlichen Schaden und ist im Draft oft noch extrem spät unterwegs. Jhessian Lookout. ist für die meisten anderen Drafter ebenfalls nur ein Dork, der in eurem Deck aber glänzt: Zwei Mana für zwei Power ist die berühmte Bärenmarke, die von blauen Kreaturen nur selten erfüllt wird. Die Existenz des unscheinbaren Lookout begünstigt einen derartigen Decktypen also überraschend extrem! Sein schwarzer Kollege Dregscape Zombie. geht ihm zur Hand; mit Unearth. ist er oft für zwei kostenlose Schadenspunkte gut, wird aber auch von anderen Spielern weggedrafet. (Das gilt übrigens für die meisten schwarzen Karten; mehr dazu später.)

    Für drei Mana gibt es den herausragenden Kathari Screecher, der soliden Beatdown macht, ebenfalls inklusive zweier Extra-Schadenspunkte. Viscera Dragger. ist ein hoher Pick, da nach ihm im 4-Mana-Slot lange nichts kommt und auch hier das Unearth. den Beatdown verstärkt. Cloudheath Drake. und Skeletal Kathari. schließen dann die Kurve ab; die Toughness von zwei des Kathari ist gegen Magma Spray. schade, ansonsten aber zu vernachlässigen – die meisten Spells machen ohnehin drei Schadenspunkte bzw. minus drei Toughness.

    An Removal nimmt man, was man kriegen kann, wobei Bone Splinters. besonders mit den Unearth-Kreaturen super harmoniert und in den 5c-Decks nahezu unspielbar ist, was dazu führt, dass man auch später noch das eine oder andere kompromisslose Removal für Problemkreaturen aller Farben und Größen ergattern kann.

    Wie großartig Unearth tatsächlich ist, macht sich noch etwas besser im schwarzroten Aggrodeck. bemerkbar. Hier braucht man keine Flieger, da man für Blocker einiges an Removal hat und den Gegner in Ermangelung eines Finishers auch ausbrennen kann.

    Besonders Unearth. ist super dafür geeignet, dem Gegner noch ein paar Lebenspunkte zu klauen und das Spiel nach einer schnellen Offensive sogar noch etwas hinauszuzögern (der Gegner hat evtl. Angst vor eurem Friedhof und stellt ein paar Kreaturen ab, ihn zu bewachen), um den Gegner in Burn-Reichweite zu bringen und diese auch zu ziehen. Mit Goblin Deathraiders. und Dragon Fodder. geht es zusätzlich zum Dregscape Zombie. schnell los. Die Deathraiders (und teilweise auch das Fodder) sind zudem ziemlich unterdraftet.

    Für drei Mana geht es mit Vithian Stinger. (der auch von 5c-Draften begehrt ist) und Hissing Iguanar. weiter, die beide für Extraschaden sorgen; der Iguanar explosiv, der Stinger eher beständig.

    Bloodpyre Elemental. macht hauptsächlich Removal, manchmal aber auch ordentlich Schaden. Viscera Dragger. ist sowieso wieder mit von der Partie. Da man den Gegner gern rausbrennt, ist Soul's Fire. in diesem Decktyp mit am beliebtesten.

    Interessant sind hier auch die Sprüche, die den Schaden ausschließlich auf den Gegner machen können. Blightning. stellt besonders die manaintensiven 5c-Spieler vor eine harte Entscheidung, die nicht einfacher dadurch gemacht wird, dass sie auch noch drei Lebenspunkte verlieren werden. Und wer gern mal mit Last Picks spielt, der probiere in diesem Deck einmal Onyx Goblet. aus! Selbst nachdem der 5c-Gegner alles abgerüstet und stabilisiert hat, muss er trotzdem schnell ins Gegenrace übergehen, bevor ihn das Goblet unaufhaltsam totgepingt hat. Gegen andere Beatdown-Decks wird man diese Karte aber aussideboarden wollen; sie hat keinen Einfluss auf den Kampf, tauscht nicht mit Karten des Gegners ab und ist nicht schnell genug für ein Damage-Race. Dafür aber von Removal so gut wie gar nicht zu erreichen. (Ausnahmen sind Oblivion Ring, Bant Charm. und die von mir sehr gern gemaindeckte Volcanic Submersion.)



    Welche dieser beiden Strategien, Kontrolle oder Aggro, direkt besser ist, lässt sich schwer sagen. Klar, wenn sieben Leute 5-Color draften, wird sie der einsame Beatdownmagier wohl zerpflücken, egal mit welcher Strategie. Doch sobald das auffällt, werden die 5c-Drafter weniger und die Beatdown-Drafter mehr. Wenn das passiert, will man nicht selbst Beatdown draften (da man seine Karten mit vielen Draftern teilen muss und kaum noch das gute 5c-Matchup bekommen kann), genauso wenig aber 5c-Control, wo die Welt quasi ausschließlich von Erzfeinden bevölkert wird!

    Wie jedes gute Metagame hat auch dieses eine dritte Komponente, die – wer fließend Stein-Schere-Papier spielt, hat es sicher schon erraten – gegen Beatdown gewinnt und gegen 5-Color verliert. Ja richtig, die Bedingung ist, dass es dagegen verlieren muss – wenn es dagegen auch gewänne, würde ja DAS jeder draften, und dann bräuchte man zwei neue Richtungen für Stein-Schere-Papier!

    Midrange.
    Kreaturen verlieren gegen die Kreaturen des höheren Mana-Slots, besiegen aber die NOCH teureren Kreaturen durch Damage-Race.

    Gegen Beatdown gewinnt man für gewöhnlich, indem man etwas teurere Kreaturen ausspielt. Andi hat es in der Magic. University. vorgerechnet: Kreaturen verlieren gegen die Kreaturen des höheren Mana-Slots, besiegen aber die NOCH teureren Kreaturen durch Damage-Race. Um die Beatdownkreaturen (Manakurve grob von zwei bis fünf) zu schlagen, will man sein Deck also einen Zug später losspielen lassen und dafür bis hinauf zum 6-Drop ziehen. Diese Decks kann man sich als Evolution der Beatdowndecks vorstellen; viele Karten werden übereinstimmen, aber der Fokus verändert sich deutlich: Man draftet nicht mehr Karten, die den 5c-Spieler so schnell wie möglich einstampfen, sondern stattdessen die, die den Beatdown-Spieler möglichst effektiv aushalten. Besonders, da der 2-Drop nicht mehr so unglaublich wichtig ist, können diese Decks auch Panoramen benutzen und dadurch besser splashen.

    Geht man beispielsweise von GW-Beatdown aus, wäre die defensive Evolution davon Bant-Exalted. Diese Strategie eignet sich wunderbar, um es dem Beatdown-Mann so richtig zu zeigen: Fast alle Kreaturen können in der Defensive zurückgehalten werden. Guardians of Akrasa. und Court Archers. sind besonders gute Blocker für dieses Deck. Akrasan Squire. und Wild Nacatl. werden übernommen, ebenso Knight of the Skyward Eye. Steward of Valeron. ist dank seiner Vigilance. recht nett, außerdem beschleunigt er Cloudheath Drake. und Waveskimmer Aven, für welche wir gern Blau splashen. Für Welkin Guide. ist da in der Manakurve meist kein Platz mehr. Cylian Elf. wird durch Elvish Visionary. ersetzt. Dieser kann dank Exalted fett angreifen und hat euch nichts gekostet, falls er doch niedergerungen werden kann. Außerdem bringt er euch auf der Suche nach weiteren Exaltern tiefer ins Deck.

    Ebenso ist auch Gift of the Gargantuan. nützlich, um sich das Mana für den Splash zusammenzusuchen und einen weiteren Exalter ergattern zu können. Da man hier oft zurück angegriffen wird, ist Resounding Silence. (was mit Bant sogar supergecyclet werden kann) ein gutes Removal. Bant Charm. bekommt man öfter, als man meinen möchte, da doch etwas schwer in ein 5c-BR zu splashen ist.

    So hat man etwas mehr Möglichkeiten als das Beatdown-Deck und kann auf Combat-Tricks und Excommunicate. verzichten, obwohl Sigil Blessing. gelegentlich mitmachen darf: Im Angriff ist es die Anti-Combo mit Exalted, aber in der Verteidigung kommt ein Massen-Pump ohnehin viel besser!

    Auch mit Naya. wird ein Schuh draus. Verzicht auf die Notwendigkeit, einen 2-Drop zu legen, bringt die Chance auf einen Rotsplash mit sich. Druid of the Anima. beschleunigt nicht nur im Tandem mit Steward of Valeron. die fetten Schweine, sondern macht dazu noch das benötigte rote Mana. Nun steht euch die Welt der Removal zur Verfügung. Von Combat-Tricks könnt ihr dadurch endgültig Abstand nehmen. Eure Fatties werden ohnehin dick genug sein.

    Rakeclaw Gargantuan. ist sowieso der beste Mann in der Abwehr dank First Strike. Im Fett-Department gibt es wirklich genug, so dass ihr mit diesem Decktyp vor allem die Removal greifen solltet, gefolgt von den Manabeschleunigern. Diese Jungle Weaver. und Cavern Thoctar. will sowieso nie einer. Naya Panorama. wäre natürlich ideal, aber Jund Panorama. tut es zur Not auch.

    Apropos Jund: Dieses Deck ist eigentlich ziemlich undraftbar. Fast alle gute Devourer sind Rare, und wer einfach nur Removal und Fatties spielen will, der sollte lieber zum 5c-Control greifen. Dragon Fodder. und die ganzen Unearther sind aber sowieso schon im RB-Aggro, von daher kann man einfach mal einen kleinen Schritt zurück von der Beatdownschiene treten, sobald der erste gute Devourer vorbeischaut.

    Für diese Mechanic sind vor allem Elvish Visionary. und Blister Beetle. nützlich und Gift of the Gargantuan. bringt euch zusätzlich näher an den Spoiler. Mit so vielen Tokens, die gut und gern auch mal von Necrogenesis. oder Sprouting Thrinax. ausgespuckt werden, ist zumindest der bodenbasierte Beatdown effektiv gestoppt. Bone Splinters. kann dann verstärkt genutzt werden, um die Flieger abzurüsten – falls man nicht sowieso einen Branching Bolt. bekommen hat, den man oft schon in Turn 3 quer über die „Armee“ des UB-Evasion legt, um ihm völlig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

    Und ab und an wird man auch Esper. etwas defensiver ausrichten müssen. Wenn die Sanctum Gargoyles. nur nicht SO gut wären, dass sie auch jeder andere bereitwillig spielt! Trotdem kann man den Kartenvorteil mit ihnen und den diversen Kapseln ganz gut für einen Control-Approach nutzen.

    Die Comes-into-Play-Trigger können mit Resounding Wave. (die außerdem zum Super-Terminator mutiert, wenn man sie mit Oblivion Ring. kombiniert – einfach Ring mit Trigger auf dem Stack bouncen, die removete. Karte wird dann returnt, bevor sie überhaupt removet. ist) weiter missbraucht werden. Besonders falls man sich mit Geschichten wie Tower Gargoyle. oder diversen Esper-Rares konfrontiert sieht, muss man die Glaze Fiends. und ihre 2-Drop-Freunde größtenteils rausschmeißen, damit noch ein paar Esper (oder Bant) Panorama mitmachen dürfen. Hier KÖNNTE man sogar Windwright Mage. spielen! Dafür braucht es aber schon eine wirklich luxuriöse Manabasis. Als echter Splash lohnt er sich nicht, man müsste schon mehr oder weniger voll dreifarbig sein und es sich auch erlauben können.

    Fazit.

    Grob könnte man von acht Decks sprechen, die in diesem Format draftbar sind. 5-Color schlägt Midrange schlägt Aggro schlägt 5-Color:


    Mit dieser Übersicht kann man dann auch surfen: Schließlich sehen manche Karten trügerisch flexibel aus, können dann aber doch nur in einem konkreten Decktyp gespielt werden.

    (Bestes Beispiel dafür war Æthertow: Auf den ersten Blick dachte man, er könnte in fast jedes Deck gestopft werden, aber richtig gut war er am Ende doch nur im UW-Mill+Motte.)

    Mit First Picks wie Resounding Thunder, Executioner's Capsule. oder Oblivion Ring. hat man von Anfang an alle Möglichkeiten offen. Doch schon bald muss man sich entscheiden, ob man nun 5-Color draften möchte. Meist kommt es dazu, wenn auf einmal weitere Removal geschoben werden (ein Zeichen dafür, dass vor euch GW-Drafter sitzen) oder die Panoramen durchkommen. Wenn man sich aber erst einmal für eine Freundfarbkombination entschieden hat, gilt irgendwann nur noch: Aggro-Fokus, oder doch lieber splashen und das Deck auf Anti-Aggro umrüsten? Hier könnt ihr mitunter seeehr lange zweigleisig fahren und abwarten, welche Karten einmal ganz um den Tisch gingen. Sobald ihr euch entscheidet, sollte es aber kein Zurück mehr geben, um das Deck nicht unnötig zu defokussieren.

    Dabei ist aber auch wichtig, das Turnierformat im Auge zu behalten! Auf Magic Online. ist das Ganze einfach nur ein Statistikspiel. Ihr forcet ab irgendwann stur, manchmal klappt es dann nicht, aber meistens schon und am Ende hat man trotzdem Gewinn gemacht. In einer PTQ-Top-8, wo man aber genau nur einen Versuch hat (von weiteren PTQs natürlich abgesehen), sich jetzt für die PT zu qualifizieren, ist ein desaströser Draftablauf zu vermeiden.



    So Leute, das war jetzt jede Menge Theorie und auch nicht besonders spaßig. Dafür aber sehr lehrreich: Nun wisst ihr, was ihr wissen müsst, um reaktiv zu draften. Ich favorisiere diesen Stil, da ich so in fast jedem Draft die Möglichkeit habe, doch noch ein gutes Deck zusammenzubekommen, wenn auch nicht immer das absolut bestmögliche. Aber wer kann so etwas im Nachhinein schon wissen? Trotzdem solltet ihr auch bald wieder reinschauen, wenn es um die Uncommons und Rares geht. Da seht ihr dann, was euch zum Forcen veranlassen könnte: jede Menge Spoiler.

    Vorher aber kommen von mir vielleicht noch irgendwelche Turnierberichte! Wie schon so schön angekündigt habe ich den 14. Platz auf dem größten Magic-Turnier der Welt erreicht. Das ist eine nette Line, um damit anzugeben, aber viel relevanter sind die Auswirkungen, die das auf meine Pro-Karriere hat! Mit nur acht Punkten stand ich bisher ziemlich im Regen.

    Durch die Top 16 kommen drei hinzu. Zusammen mit den je zwei garantierten Punkten für Berlin und Memphis bin ich im Lock für Level 3 in der nächsten Saison. Das befähigt mich, eine Pro Tour meiner Wahl zu spielen. Für Kyoto bin ich netterweise ebenfalls dank der Top 16 in Paris qualifiziert, also kann ich meine Level-3-PT-Quali nutzen, um damit nach Honolulu zu fliegen (da wollte ich sowieso schon immer mal wieder hin). Natürlich nur, falls ich sie mir nicht sogar bis Austin aufsparen kann, dank einer Top 50 in Kyoto oder so was. Die Möglichkeiten, mich für weitere Pro Touren zu qualifizieren, sind jedenfalls mannigfaltig. Immerhin stehen noch zwei Events (Berlin und Memphis) an – wer weiß, was mir da noch alles widerfährt!

    Ich halte euch mit Reports auf dem Laufenden.. . Bis bald!




    Kommentiert
    .in unserem Forum


    Weitere Artikel/Berichte von Andre Müller

    [21.06.2012]PT-Dweller
    [06.03.2012]Melira beim PTQ Hamburg
    [16.11.2011]PT? GP? PPC? PWP? PTQ!
    [01.08.2011]M12-Limitedreview: Farblos
    [27.07.2011]M12-Limitedreview: Grün


    miraclegames.de
     
     
    zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite zur Startseite