Standard Luck beats Skill Wie ich der Landesoberlucker wurde von Hendrik Stumpf |
21.06.2005 |

Nachdem ich der Magic-Gemeinde schon vor langer Zeit Lebewohl gesagt hatte, ergriff mich in diesem Jahr doch erneut das Fieber, welches von diesem Spiel ausgeht, und mit meinen Freunden verbrachte ich so manch lustigen Abend mit interessanten Multiplayer-Matchen.
Ohne ernsthafte Ambitionen, frönte ich der Magie der Karten, und ihren genialen Kombinationsmöglichkeiten.
Doch dann schlug mir Norman, seines Zeichens Level-2-Judge in NRW, vor, mich für die Regionals in Sachsen-Anhalt zu „trainieren“. Dieses Angebot konnte ich natürlich nicht ausschließen, da es mir auch die Möglichkeit gab, Norman mal wieder live und in Farbe zu sehen. 
Also wurde eine große Trainingswoche vor den Regionals beschlossen, und in der Zeit davor wurde sich über die neuesten Deckideen in der Typ-2-Landschaft nach Vernichtung der Ravager-Dominanz informiert. Es zeigte sich, dass MUC die Thronfolge antreten wollte und sollte. Leider ist das Deck aber so sterbenslangweilig, dass man nur dankbar sein konnte, dass es auch immer Neider gibt, und mit dem Aufkommen der ersten Anti-Decks (Troll-Asket sei Dank), wurde MUC eigentlich begraben.
So entschloss ich mich eine U/W-Control Variante zu testen, die mit dem grünen Anti-Blau-Krempel ordentlich aufräumen sollte. Außerdem ist der Pristine Angel einfach mal 'ne hübsche Kreatur, die hoffentlich irgendwann den Respekt erfährt, der ihr gebührt.
Leider erwies sich dieses Deck als zu schwach gegen jedes andere Match-Up, so dass es nach zwei FNMs eingemottet wurde. Kleiner Trost, auch mit dem 23. Platz kann man noch eine Foil-Cabal-Therapy bekommen. 
Anstelle dessen sollte ein B/G-Control treten, als eine Hommage an das Extended „The Rock“. Wie auch damals, sollte es mit ordentlich Tod und Verderben, des gegnerischen Armeen klein halten und die Schlacht mit den eigenen Fatties (Kokusho rules) die Schlacht für sich entscheiden. Allerdings vermisst dieses Deck in Typ-2 seine stärkste Waffe, die böse Tat. Und ein Oblivion Stone ist kein adäquater Ersatz dafür.
So spielte ich auf einigen FNMs mit mehr oder weniger Erfolg, und hatte eigentlich keinen Plan, was man auf den Regionals tatsächlich spielen sollte.
Sämtliche Internet-Foren hatten sich zu diesem Zeitpunkt darauf geeinigt, dass Tooth and Nail (TaN), sowie MUC die Decks to Beat waren.
Zwar hatten die eigenen FNMs gezeigt, dass Tooth and Nail ein großes Potential hat, aber zu stark vom eigenen Zieh-Glück abhängig war. Insgesamt stark, aber nicht konsistent genug.
Dies zeigten auch die internen Match-Up-Analysen. Hier noch mal ein großes Lob an Norman, der sich die Nächte mit solchen um die Ohren geschlagen hat.
Auch MUC zeigte keine wirklich überzeugenden Ergebnisse, insbesondere da sehr viel Anti-Blau Hate schon in den Main-Decks gespielt wurde. Somit waren die Tiere1 schon mal tot.
Als Sieger in den FNMs zeigte sich immer wieder eine Variante eines U/G-Controls, welches die Stärken aus der grünen (Manabeschleunigung und Eternal Witness) und blauen (Counter und Control) Fraktion vereinte. Allerdings werde ich nie verstehen, wie man für den 2cc-Slot Mana Leak und Sakura-Tribe Elder in einem Deck spielen kann. Trotz persönlicher Abneigung musste man dieses Deck doch in die nähere Auswahl ziehen.
Als weitere potentielle Decks musste man noch WW, Ponza, MBC und MGB in Betracht ziehen, allerdings wurden diese regelmäßig auf den FNMs „weggeluckt“ (Wozu die deutsche Sprache doch fähig ist.) Ein Hingucker war auf alle Fälle auch eine Typ-2 Variante des Vintage 2-Land-Belchers, welche hier als 7-Land-Belcher auftrat.
Aber eigentlich wollte ich mein favorisiertes B/G-Control spielen, für das ich immer noch Verbesserungsvorschläge suchte.
So begann die Woche vor den Regionals, die eine Menge Spaß, wenig Schlaf und lauter neue Erkenntnisse bringen sollte. Zuallererst sollte sich noch am Freitag zeigen, dass mein heimlicher Favorit, das bis dahin total ignorierte 7-Land-Belcher, doch nicht die große Überraschung brachte, obwohl es in den erfahrenden Händen von Norman gespielt wurde.
Auch meine Trainingspartner und guten Freunde Jörg und Ronny waren mit ihren Decks (TaN und WW) nicht wirklich zufrieden. Also hieß es für die nächste Woche hart zu arbeiten.
Am späten Abend trafen wir uns dann noch im Palazzo, dem Eiscafe vor Ort, wo mir Norman dann sehr eindrucksvoll zeigte, dass mein B/G tatsächlich nicht konkurrenzfähig war.
Außerdem machte er mich auf den einen oder anderen kleinen und großen Spielfehler aufmerksam, was dann in einem unmoralischen Angebot gipfelte. So vereinbarten wir, dass ich für jeden offensichtlichen Spielfehler 50 Cent in eine Kasse einzahlen sollte, auf dass wir am Ende der Woche gut Essen gehen wollten. Für jede Hilfe dankbar, nahm ich das Angebot an, und sollte es auch bald „bedauern“, da ich an diesem Abend noch einen Eisbecher und Milchshake „erspielte“.
Am Samstag waren dann die Instore-Prerelease zu Saviours of Kamigawa, und ich lernte, dass ein Kokusho noch nicht allein zu siegen reichen muss [dafür braucht man meist zwei, hab ich gehört - KMB]. Dafür konnte Norman zeigen, dass man auch mit einem Haufen Karten und etwas Zugglück sehr erfolgreich sein kann. 
In der nächsten Woche zeigte sich, dass Ponza eigentlich das Deck der Wahl ist, und unter normalen Bedingungen mit jedem anderen Deck die Arena aufwischen sollte. Allerdings nur mit richtiger Sideboard-Wahl und wenn man es richtig spielt. Ok, soviel kann man bei Ponza nicht falsch machen, aber für mich reichte es, um die Gemeinschaftskasse um einen ordentlichen Betrag anwachsen zu lassen.
Bei vielen weiteren Testspielen konnten wir auch Ronnys WW ein wenig aufbohren, und ihn von den Shining Shoals im Main überzeugen.
Aufgrund der Tatsache, dass wir aber nur ein Ponza zusammenwürfeln konnten, und Proxies immer noch nicht auf den Regionals erlaubt sind, selbst wenn man den Head-Judge kennt, entschied sich Jörg dann TaN zu spielen, was er leider auch schnell bereute.
Der letzte finale Test lief am Freitag vor den Regionals, beim FNM. Allerdings hielt ich mich noch bedeckt, und spielte nochmals das B/G, auch wenn ich wusste, dass es nicht gut genug war, was ich dann auch sehr eindrucksvoll mit 1-4 belegte. Mein großer Tag sollte dann am Samstag kommen.
Doch ohne das zu ahnen, startete ich dann so gut präpariert, wie man es nach einer Woche Training sein kann.
Doch zuerst einmal die letztendlich gespielten Decks:
Ronny: WW
Jörg Priesing: TaN
Und last but not least:
Mein Ponza
Am Samstag früh trafen sich dann 72 Magicverrückte Spieler (soviel wie noch nie) in einer Kantine auf einem Magdeburger Hinterhof, um den Landesmeister auszuknobeln.
Die Kantine weckte leichte Erinnerungen an die Leipziger Moritzbastei, wobei die richtig Flair hat. Die Kantine war einfach nur muffig, mit Schimmel an der Wand und einer wirklich miesen Beleuchtung. Dazu kam, dass es richtig kuschelig warm wurde, da keine Klimatisierung vorhanden war. Das dämmrige Licht löste aber auch ein Problem, welches am Vortag aufgekommen war. In welche Deckshields darf man sein Deck hüllen, ohne dass die Karten sich darin spiegeln können? Nun ja, bei den miesen Lichtverhältnissen hätte man vermutlich sogar in Silberhüllen nicht cheaten können. 
Auf alle Fälle bedeuteten 72 Spieler nach neuesten Regeländerungen acht Runden Schweizer System, die in diesem Loch erstmal vollbracht werden wollten. Los ging es auch erstmal mit einer Überraschung:
Runde 1: Jörg Priesing (TaN)
Ich durfte gleich gegen Jörg spielen, mit dem ich ausführlich getestet hatte, mit dem Ergebnis, dass Ponza TaN eigentlich souverän schlägt. Na und so kam es dann auch, im ersten Spiel ist er tot, noch bevor das Tron voll ist, und im zweiten Spiel nehm ich ihn mit einem reingeboardeten Sowing Salt das Tron auseinander, wovon sich TaN nicht wirklich erholt.
2:0
1:0:0
Runde 2: Daniel Bleis (U/G-Control)
Ist nicht das beste Match-Up für Ponza, aber zu machen, insbesondere wenn man gut zieht.
Im ersten Spiel verhauen ihn zwei Slith.
Im zweiten Spiel stehen relativ früh die Shackles, gegen die ich nichts habe. Beeindruckend auch der Spielfehler von mir, in dem ich unter Aufopferung meiner Hand einen Arc-Slogger auf den Tisch bringe, der dann auch von den Shackles übernommen wurde. Ein eigener Spectral Shift auf eine Insel, die sie zu einem Gebirge machte, brachte den Slogger auch sloggertechnisch gegen mich auf. Da helfen auch keine zwei Genjus auf den Gebirgen.
Im dritten Spiel kam nur eine Shackles, wobei Slith und Co. schon gut zu Gange gewesen sind. Auf einem Lebenspunkt habe ich dann zwei Slith auf der Hand und einen Nexus im Spiel, er einen Counter und die Shackles. Ich caste einen Slith, der zweite wird gecountert. Einen Zug später ziehe ich einen weiteren Slith von oben nach, und kann ihn dann mit drei Kreaturen angreifen, von denen einer ungeblockt durchkommt. Puh nicht schlecht.
2:1
2:0:0

Runde 3: Markus Böhm (5-Color-Gifts)
In den Vorbereitungen war 5-Color-Gifts kein großes Thema, da der allgemeine Konsens war, dass Gifts zu langsam gegen Ponza ist. Insbesondere da nur 3 Counter im Main.
Dies zeigte sich dann auch im Spiel. Slith und Co. erledigten solide ihre Aufgabe.
2:0
3:0:0
Runde 4: Tim Dietrich (MBC)
Der Nachteil bei MBC ist, dass man den Kartenvorteil nur unter Gabe von Lebenspunkten aufrecht erhalten kann (Nights Whisper oder Arena). Beides ist gegen ein rotes Burndeck eher ungünstig. In dieser Variante kam ich gegen eine mit Nights Whisper, in der ich in der ersten Runde einfach schneller meine Fatties auf dem Tisch hatte. Im zweiten Spiel stirbt mein Arc-Slogger leider zu früh am Terror, und Kokusho steht eher auf dem Tisch, als ich was dagegen hätte. Im dritten Spiel tun First-Turn Slith und Co. wieder ihr Schlimmstes, was auch ziemlich schnell zum Sieg führt, insbesondere da die Nights Whisper nur mir helfen.
2:1
4:0:0
Runde 5: Carlo Reifgerste (TaN)
Wie schon in der ersten Runde eigentlich ein einfaches Match-Up, aber hier sollte noch viel Unvermögen und Glück ins Spiel kommen. Im ersten Spiel tut ihm ein First-Turn Slith ordentlich weh, wobei genügend LD meinerseits jeglichen Aufbau seinerseits verhindern.
Im zweiten Spiel zeigte sich, warum die Feuerbälle ins Sideboard gehören.
Mal wieder geht ein Slith auf ihn los, wobei Sowing Salt das Tron zerstört. Allerdings kommt dann ein Heartbeat of Springs, welches als die Antwort von TaN auf Ponza gelten soll. Nun ja, manchmal schon, allerdings nicht so wie erwartet. Denn ich kassierte erstmal vier Manaburn im nächsten Zug, nachdem ich meine vier Gebirge getappt habe, ein Demolish auf einen Wald spiele und lässig meine Runde abgebe. Ja, manchmal sollte man die Karten richtig lesen, und die Effekte auch im Kopf behalten. 
Allerdings kann ich ihm dann in der nächsten Runde einen Feuerball für sieben an den Kopf hauen, und im nächsten Zug gleich noch einen, allerdings gepumpt durch einen Seething Song, da eins meiner Gebirge durch ein Reap and Sow gehen musste. Da schaut man Gegner schon nicht schlecht. Nun, sagen wir mal weggeluckt. Mit drei von sechs Sideboardkarten.
2:0
5:0:0
Runde 6: Hannes Weise (Kiki-Control)
Ein schweres Match-Up, insbesondere da Hannes eigentlich der beste Spieler in Sachsen-Anhalt ist. Allerdings konnte er in Magdeburg noch nie Landesmeister werden. Desweiteren hatte ich seit der dritten Runde tierische Kopfschmerzen, welche auch durch frische Luft und viel Wasser nicht besser wurden. Naja, das mit den Spielbedingungen hatten wir schon.
Im ersten Spiel ziehe ich besser als er, wodurch es auch ziemlich schnell beendet ist.
Im zweiten Spiel sehe ich ziemlich schnell einen CoP:Red gegen mich, sowie einen Troll auf dem Tisch, trotzdem schaff ich es noch ihn von 18 auf 8! mit einem Nexus zu prügeln, da er echt schlecht gezogen hat.
Im dritten Spiel erlaube ich es mir mal wieder ein geboardetes Pyroclasm in den Mox zu imprinten, und mit Slith auf ihn einzustürmen. Dann beging Hannes einen folgenschweren Fehler als er statt des Trolls die Witness legte und dies erst zu spät bemerkte. So chumpte die Witness für lau und der Troll tauschte sich mit dem Slith ab. Slogger und Kumano auf meiner Seite gaben ihm dann den Rest. Allerdings ohne den Fehler unter den Lichtverhältnissen („Die sehen doch beide gleich aus!“) wäre es schwer geworden. Bemerkenswert auch wieder mein Zugglück, da ich wieder einen Fattie nach dem anderen gezogen habe.
2:1
6:0:0
Runde 7: David Drewes (U/G-Control)
Nachdem ich bisher gezogen hatte, wie ein junger Gott, und Ponza auch meine schlimmsten Spielfehler scheinbar zu tolerieren schien, war in der siebten Runde Schluss mit dem Kartenglück. Zwar gewann ich den Würfelwurf (20, was sonst), aber auch mein Beginn sollte nicht reichen. Traurig, dass in beiden Spielen sein Meluko auf dem Tisch stand, noch bevor eine meiner Kreaturen solide auf dem Tisch stand.
0:2
6:1:0
Finale - Runde 8: Michael Kerner (Ratten)
Nun ja, da konnte ich ja eigentlich beruhigt in die finale Runde gehen. Beim Draw wäre ich solide unter den ersten fünf gewesen, was zur Qualifikation gereicht hätte. Dummerweise hatte ich gegen all die andern mit 18 Punkten schon gespielt, wodurch ich runtergelost wurde.
Somit kam ein Draw nicht in Frage, und wurden noch mal die Säbel gewetzt. Da ich bisher noch nicht gegen ein Rattendeck gespielt hatte, und auch körperlich nicht mehr wirklich fit war, machte ich mich noch mal auf das schlimmste gefasst. Allerdings hatte mein Deck wieder zu alter Glücksstärke gefunden, wodurch ich beide Spiele solide und einfach gewinnen konnte.
2:0
7:1:0
Ja, so war es dann vollbracht, und obwohl ich nie wirklich dran geglaubt habe, ist es schon ein tolles Gefühl, nach knapp 10 Stunden als Landesmeister gekürt zu werden. Allerdings sei erwähnt, dass ein großer Anteil des Sieges mehr auf mein wahres Zugglück und die guten Match-Ups, als auf meine spielerischen Fähigkeiten zurückzuführen ist. Ein baugleiches Ponza ist nämlich nur 2-4-Drop gegangen. Was mal wieder die These bestätigt, dass Luck doch Skill schlägt. Ronny konnte mit seinem WW 4:4 spielen, was für ihn den 30ten Platz bedeutete. Jörg hatte nach zwei weiteren Niederlagen gegen Ponza mit 0:3 gedroppt, und hatte sich danach zur Aufgabe gemacht, meine Spielfehler zu notieren und darüber Strichliste zu führen. Nachdem wir diese etwas längere Liste noch kurz andiskutiert hatten, habe ich das dann auch gleich eingesehen, und aus meiner Zweierwette mit Norman wurde ein großes Geschlemme für sechs im Palazzo, wo wir den Tag haben ruhig ausklingen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Der Landesoberlucker LoL
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