
Donnerstag abend. Eigentlich sollte ich jetzt in der Disse im Loop sein. Bin ich aber nicht. Stattdessen drafte ich. Da man vom Magic Online Shuffler sowieso nichts anderes gewohnt ist, regt man sich auch nicht weiter auf, dass man in Runde 7 noch auf 3 Ländern rumsitzt. Verlieren ist Charaktersache. Irgendwann – so nach 2mal Screw und 2mal Megaflood – kommt es zum üblichen Rare-Gepicke. Oleg ist vor mir dran und pickt Engineered Explosives. Er schaut kurz zu mir. Er erwartet wohl einen zustimmenden Kommentar wie „Ja Oleg, das
hast du gut gemacht“. Ich schweige.„Also Benni, das ist doch die Bombe in Type1...oder nicht?!“ - „Schlecht ist die Karte nicht, aber warum soll die denn bitte die Bombe sein. In welchem Bezug denn?“ – „Na, die macht doch alle Moxe für 2 Mana weg.“ Ich schweige. Man hat sich mittlerweile damit abgefunden, dass die meisten Magicspieler immer noch denken, dass Type1 nur aus Moxen besteht. Type1 als Geburtstagstorten-Format: „Wer alle Moxe ausbläst, der darf sich was wünschen“.
Eine Woche später: gleicher Ort, gleiche Betätigung. Man draftet. Ich freue mich über mein viertes Land in Runde 6. Zwischendurch unterhalte ich mich mit Sven, ob er denn mal wieder Lust auf Type1-Zocken hat. Ich sehe Svens Glänzen in denAugen. Mein Blick schweift durch den Raum. „Irgendjemand werde ich doch noch zu Type1 animieren können“ geht es mir durch den Kopf. „Stone, hättest du nicht mal Bock auf Type1?“ Seine Antwort: „So ein albernes Format spiele ich nicht. Jeder der die P9 hat, spielt Combo und das Spiel wird beim Würfelwurf entschieden.“ Ich bin etwas geknickt. Irgendwie dämmert mir, dass nur wenige wissen, was Type1 für ein Format ist.
Deckvielfalt
Type1 ist eigentlich das interessanteste Constructed Format. Auf den Deutschen wurden gerade mal 3 (4) Archetypes gezockt: Ravager, Elf and Nail und Gobbos (Bidding). In der letzten Extended Saison gab es vor den Bannings etwa genauso viele Decks (eher noch weniger). Beide Formate funktionierten nach dem Prinzip: Es gibt ein gutes Deck A und die anderen Decks können nur dann was, wenn sie mindestens 10 Hatekarten für Deck A parat haben. Klingt komisch, ist aber so.
Type1 hingegen ist ein sehr ausbalanciertes Format. Ganz gleich ob man die kleineren Turnierorte (Karlsruhe, Nürnberg, Moers) oder die Großevents (GenCon, Dülmen, etc.) betrachtet: Es gibt kein Deck, von dem man sagen könnte, es sei DAS Type1 Deck schlechthin.
Jetzt werden bestimmt einige nörgeln, dass das bestimmt daran liegt, dass jede random Fritte mit seinem T1 Fun-Highlander-Pile anrückt und man diese Haufen sowieso nicht kategorisieren könnte und es daher keine eindeutigen Archetypes gäbe. Dem ist aber nicht so. Siehe Link: (http://www.starcitygames.com/php/news/expandnews.php?Article=6182#710split); Kaum ein Standard Spieler kann sich vorstellen, in einem Format zu spielen, in dem es fast zwei Dutzend verschiedene Decktypen gibt.
Ein paar Decklisten....:
Tier1 (fullpowered) „Keeper“
Keeper ist sozusagen das definierende Deck des Type I. Kaum ein anderes Deck wird in diesem Format so oft mit dem Begriff „Control“ in Verbindung gebracht. Die Vorzüge des Decks liegen darin, dass es auf der einen Seite relativ schwer zu „haten“ ist und – auf der anderen Seite – außerordendlich vielseitig ist. Durch die Verwendung von Cunning Wish steht „Keeper“ eine Vielzahl an SB-Optionen offen. Wenn man sich eine typische Keeper-Deckliste ansieht, so erscheint es dem Laien häufig als eine randome Ansammlung von restricted cards mit ein paar Countern. Die Anzahl der jeweiligen Spells ist aber sehr genau gewählt.
Der Masterplan bei der Bedienung dieses Decks liegt darin, die Kontrolle über das Spielgeschehen zu erzielen (wer hätte es gedacht ). Gegen Kreaturenlastige]Decks helfen die Engel und die MD Removal Schiene in Form von Swords to Plowshares,
Fire/Ice und Balance. Hilfreich gegen andere Control Decks ist die Mana Denial Strategie (4 Wastelands + Strip Mine), wobei diese auch gegen Workshop- und Bazaardecks nützlich ist.
Ein gravierenden Nachteil hat aber leider Keeper: Die Kill-Option ist traditionell schlecht. Während früher der Morphling das Game machen musste, wechselte man vor etwa 1 ½ Jahren zu Goblin Trenches. Als dann vor knapp einem Jahr das Decree erschien hoffte man, dass doch nun die perfekte Kill-Karte für Keeper gefunden wäre. Mittlerweile fliegen die meisten Keeper Decks mit dem Exalted Angel zum Sieg (gute Interaktion zu MD Scrying und SB Moat) – eine (momentan) befriedigende Lösung.
Tier2 (unpowered) „Suicide Blonde“
Suicide Blonde ist eine Eigenkreation von mir, wobei die Splashvariante nicht wirklich innovativ ist. Man nimmt einfach ein altes Extended Deck und fügt diesem Type1-taugliche Karten hinzu. Zum Ende des Deckbaus überprüft man die Qualität der Spells und ersetzt suboptimale durch qualitativ höherwertige Spells einer anderen Farbe. Im Sommer 2003 fiel meine Wahl auf Weiß.
Vindicate und Swords to Plowshares sind die Karten, die dem Deck einen Vorteil gegenüber anderen Suidecks gibt. Vindicate ist der MVP dieses Decks. Kann alles handeln und ist doch ein bisschen schwierig zu casten, weil MisDbar + Sorcery + B/W. Egal, manchmal muss man auch mit einem schlechten Blatt
spielen. Suicide Blonde zählt vom finanziellen Aufwand zu den Budget-Decks in Type1. Es ist nicht teurer als jedes andere 08/15 Standard deck (Nichteinberechnung von Lotus+Mox vorausgesetzt). „Blonde“ ist leider etwas veraltet; es zeigt aber wie man mit einfachen Mitteln ein brauchbares Turnierdeck zusammenstellen kann.
Type1 – das Würfelformat?
Jetzt habt ihr zwar zwei Deklisten sehen können. Der Vorwurf „Type1“ sei ein reines Combo+Würfel-Format wurde von mir aber noch nicht entkräftet. Mit Ausnahme des Combo-Combo Matchups verlaufen die Spiele - was die Anzahl der Turns betrifft - ebenso lange wie die der Standard Decks. Wäre Type1 ein reines Würfelformat, dann würde es wohl nicht diesen Zuspruch finden. Die Rating Liste in Bayern ist ein recht guter Index hierfür. Dort waren vor einem Jahr etwa 100 Spieler aufgeführt. Mittlerweile umfasst die Liste mehr als 250 Spieler.
Schlusswort
Hoffe, dass ihr in Bezug zu Type1 ein bißchen schlauer geworden seid . Ich gehe jetzt draften. Mal sehen, wie der Modo-Shuffler mir heute gesinnt ist. „Würfelformat....“
Benjamin B Kook
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